Vom Schicksal hinter dem Humor

Seit Freitag ist Erich Kästners Gesellschaftssatire „Fabian“ in der Inszenierung von Max Merker in Bregenz zu sehen.
Unbegeistert schafft es Jakob Fabian auf die Bühne: „Was hat sich Herr Kästner dabei gedacht?“, fragt sich die Hauptfigur, die sich selbst dazu verdammt fühlt, in der herabwürdigenden Welt mitzuspielen. Es ist ein kontinuierliches Weiterstolpern von einem ins andere Zimmer, die alle nach und nach auf der Drehscheibe wieder aus dem Bild befördert werden.
Zwischen Humor und Tragik
Mit fünf Darstellern inklusive Musiker hat der Regisseur Max Merker Kästners Gesellschaftssatire (1931) auf die Bühne des Vorarlberger Landestheaters gebracht. Ein Roman, der vor dem Abgrund warnen soll, wie Erich Kästner in der Neuauflage von „Fabian“ 1950 erläutert, ohne große Hoffnung, dass „man’s heute besser versteht“. Ein Moralist ist Zuschauer der politischen Verhältnisse seiner Zeit – einer „kaputten Zeit“. Trotz dieser Ernsthaftigkeit, die auf dem Stück lastet, beginnt „Fabian“ im Landestheater erstmal mit viel Witz, Glitzerkostümen, der fordernden Puff-Mutti Irene Moll (Milva Stark) im osteuropäischen Akzent und einem lachhaften Fabian (Aaron Hitz), der ganz unentspannt in seiner Lage den roten Vorhang zuzieht und aus der Szene flüchtet.

„Das Schicksal erspart ihm nichts“, trotz der besten Vorsätze schaut der bald arbeitslose Reklameschreiber orientierungslos und ernüchtert auf sein Leben. Er lenkt sich ab, schmeißt das letzte Geld raus, liegt herzkrank am Boden und drückt sich an die Wand, als wär er im falschen Theater. „Was mach ich hier? Ich treib mich herum und warte.“ Tatsächlich kommt Fabian gar nicht dazu, eine Entscheidung zu treffen, weil es ihn ständig selbst trifft: Er verliert den Job, die Frau und nicht am Ende erst sich selbst.
Reduzierte Mittel
So schnell, wie die anderen vier Darsteller ihre Figuren wechseln, ändern sich auch die Orte, in denen Fabian sein „provisorisches Leben“ verbringt. Die Räume drehen sich in der vorbeiziehenden Stadt. Für die verhängnisvolle Atmosphäre, die nach und nach immer stärker spürbar wird, braucht Merker weder viel Text noch großartiges Mobiliar, sondern lediglich geometrisch intensiv gemusterte Tapeten (Damian Hitz). Meistens steht da nur ein Bett – oder eine Couch, von der sich der tote Stefan Labude (Maximilian Kraus) nochmal aufrappelt, um seinen Abschiedsbrief lebendiger zu machen. Wenn Fabian zuvor unerwartet klatscht, als seine Freundin Cornelia Battenberg (Johanna Köster) sich in der Hoffnung auf Ruhm und Karriere auf den widerlichen Filmproduzenten einlässt, sind alle Beschimpfungen danach nur mehr nebensächlich.
Von einem Witz in den anderen und mit großen pathetischen Kontrasten wird dem Publikum eine dunkle Satire geliefert, die gleichzeitig schwer berührt. Merkers Inszenierung bewegt sich genau am Rand zwischen Komik und Tragödie. Durch die Gags wird die große Trostlosigkeit erst greifbar. Es ist eben gerade der Humor, der dem Stück die melancholische Tiefe gibt und dem Publikum Zutritt zur intimen Gefühlslage der Protagonisten verschafft. Der Gewinner des Stücks ist klar Gilbert Handler, der als Musiker, Arzt oder Leierkastenspieler immer für die richtige Portion Comedy
Nächste Termine: Morgen, 10 und 19.30 Uhr, Vorarlberger Landestheater, Bregenz. sorgt.