Kultur

Ein Blick vom Bild zum Betrachter

30.01.2024 • 23:00 Uhr
Werke von Sarah Bechter <span class="copyright">florian raidt</span>
Werke von Sarah Bechter florian raidt

Sarah Bechter und der Residency-Artist Mahmut Celayir präsentieren im Künstlerhaus Bregenz ihre neuesten Arbeiten.

Neben den neuen Mitgliedern und dem Format „… im Erdgeschoss“ können im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis in Bregenz gleichzeitig auch zwei Einzelausstellungen besucht werden. Sowohl Sarah Bechter als auch Mahmut Celayir verhandeln in ihren Bildern die eigene Umwelt und Wahrnehmungen – jedoch mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen.

Sichtbarkeit

In der Reihe von Künstleraugen betrachtet, blickt auch Sarah Bechter zwischen Angelika Kauffmann und Elisabetta Sirani von der Wand dem Publikum entgegen. Neben Bechter sind es hauptsächlich Künstlerinnen, die im 18. und 19. Jahrhundert gelebt und sich selbst portraitiert haben.

Diese Portraits hat Bechter völlig reduziert nachgemalt, sodass am Ende lediglich die Augen im jeweiligen Stil der Künstlerin eingerahmt auf der Leinwand den Künstlerinnen wieder ein Gesicht verschaffen. Denn viele der Künstlerinnen, deren Augenpaare nun im ersten Stock des Künstlerhauses in den geisterhaften Bildern präsentiert sind, sind heute vielen Menschen nicht mehr bekannt und haben teils auch zeitlebens ihre großartigen Werke im Schatten der Männer geschaffen. Beispielsweise konnte die deutsche Malerin Paula Modersohn-Becker (links neben Angelika Kauffmann) ihren Durchbruch und die internationale Bekanntheit nach ihrem Tod nicht mehr erleben. Bechter geht es in feministischer Weise in der Serie „Hi from…“ explizit um die erneute Sichtbarkeit dieser Malerinnen. Außerdem spielt sie hier, aber auch in der weitern Werkserie „Somebody and Somebody Else“ mit der Interaktion zwischen Bild und Betrachter: „Wer schaut hier wen an?“ – die Betrachter schauen die Künstlerin an, aber natürlich schauen ja auch die Augen zurück.

Werke von Sarah Bechter <span class="copyright">Florian Raidt</span>
Werke von Sarah Bechter Florian Raidt

Wahrnehmung

Bechter betrachtet ihre Bilder als aktive Subjekte, die umrahmt von der Leinwand den Raum für sich einnehmen. So kann es sich bei „somebody“ ebenso um die phantastischen menschenähnlichen Figuren ihrer großformatigen Malereien handeln, wie auch um die Betrachter selbst, die als „jemand“ beziehungsweise „jemand anders“ im Raum stehen. In den letzten drei, vier Jahren hat Bechter ihr Schaffen von eher geraden Linien und Strukturen zu sehr organischen Formen entwickelt, wodurch sich sehr dynamische und menschliche Formen abzeichnen.

Berge und Erde

In einem ganz anderen fast pointilistischem Stil präsentiert Mahmut Celayir seine Bilder im Dachgeschoss, wo er unter dem Titel „auf den Spuren der Erde“ seine Heimat mit der Region in Vorarlberg zusammenbringt. An der rechten Wand hängen Landschaftsbilder, die der Künstler von zu Hause mitgebracht hat – als Gegenüberstellung für die Bilder, in denen Celayir die eindrücklichen Naturlandschaften abgebildet hat, denen er in Vorarlberg begegnet ist. Diese Arbeiten sind alle in den vergangenen drei Monaten während seines Residency-Aufenthalts in Bregenz entstanden. Die Ausstellung ist gleichzeitig der Abschluss des Arbeitsaufenthalts und zeigt Geschaffenes und Entstandenes.

Werk von Mahmut Celayir <span class="copyright">Florian Raidt</span>
Werk von Mahmut Celayir Florian Raidt

Aus der Ferne wirken die Bilder wie Fotografien, doch bei näherer Betrachtung sieht man die vielen feinen Pinselstriche, mit welchen der Künstler Landschaftsfotografien kontrastreich aber in subtilen Farbtönen ­übermalt und nachgemalt hat. Für die Arbeit an der hinteren Wand hat der Künstler auf einer etwa sieben Meter breiten Leinwand – exakt die Größe der Wand im Atelier – verschiedene regionale Papier- und Zeitungsschnipsel collagiert und mit Farbe zu einer Lichtstimmung übermalt.

Bis 3. März, Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis Bregenz.