Kultur

Literaturtage beleuchten Solidarität in Krisenzeiten

22.05.2024 • 19:45 Uhr
Marina Höfler
Marina Höfler hat gemeinsam mit Marie-Rose Rodewald-Cerha die Literaturtage kuratiert. Frauke Kühn

In Theater am Saumarkt beginnen am Donnerstag die diesjährigen Feldkircher Literaturtage. Thematisch geht es um ein solidarisches Miteinander.

Sie heißt Irina und arbeitet als Juristin in Wien. Unter dem Namen Toxische Pommes erreicht sie auf TikTok und Instagram Hunderttausende Menschen. Vor zwei Jahren hat das erste Kabarettprogramm mit dem Titel „Ketchup, Mayo & Ajvar“ der 1990 im ehemaligen Jugoslawien geborenen Österreicherin seine Premiere gefeiert. Heuer ist ihr vielgelobter Debütroman „Ein schönes Ausländerkind“ erschienen. Darin geht es um eine Familie aus Ex-Jugoslawien, die nach Österreich kommt.

Toxische Pommes, Literaturtage
Toxische Pommes liest am Eröffnungsabend. Muhassad Al-Ani

Toxische Pommes – der Name entstand angeblich nach dem Ende einer toxischen Beziehung in Kombination mit ihrer Vorliebe für Pommes Frites – ist eine von sieben Schreibenden, die ab Donnerstag im Rahmen der diesjährigen Feldkircher Literaturtage im Theater am Saumarkt zu erleben sind. Moderiert werden die Lesungen mit Gespräch vom Soziologen Simon Burtscher-Mathis (Vorarlberger Kinderdorf), der Klimaaktivistin Marina Hagen-Canaval (Letzte Generation, Extinction Rebellion) und der Kuratorin Anika Reichwald (Jüdisches Museum Hohenems).

Literaturtage-Programm

Donnerstag, 23. Mai: Die solidarische Gesellschaft – eine Illusion? Lesungen und moderiertes Gespräch mit Natascha Strobl „Solidarität“, Toxische Pommes „Ein schönes Ausländerkind“ und Luca Mael Milsch „Sieben Sekunden Luft“. Moderation: Simon Burtscher-Mathis.
Freitag, 24. Mai: Eins vor zwölf: Sind wir noch zu retten?
Lesungen und moderiertes Gespräch mit Katharina Rogenhofer „Ändert sich nichts, ändert sich alles“ und Laura Freudenthaler „Arson“. Moderation: Marina Hagen-Canaval.
Samstag, 25. Mai: Zwischen Hoffnung und Verzweiflung – wie können wir Solidarität sichern? Lesungen und moderiertes Gespräch mit Tanja Maljartschuk „Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus“ und Amir Gudarzi „Das Ende ist nah“. Moderation: Anika Reichwald.
Theater am Saumarkt Feldkirch. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr.
https://www.saumarkt.at

Viele Krisen

Kuratiert haben das diesjährige Programm Marina Höfler und Marie-Rose Rodewald-Cerha. Sie haben es unter das Thema „Was uns zusammenhält. Über ein solidarisches Miteinander“ gestellt. „Für uns war es wichtig, ein möglichst aktuelles Thema auszuwählen“, erzählt Höfler. In Zeiten multipler Krisen „merken wir, dass Menschen ganz oft versuchen, in schwierigen Situationen selber klarzukommen“, sagt sie. Dazu haben die beiden Kuratorinnen auch das Buch „Solidarität“ der Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl gelesen, das letztlich ausschlaggebend für das Thema gewesen sei. Fazit: „Es funktioniert nicht, wenn man probiert, Krisen und Probleme auf individueller Ebene zu lösen.“

Natascha-Strobl, Literaturtage
Die Politikwissenschaftlerin und Autorin Natascha Strobl. CHRISTOPHER GLANZL

Strobl und ihr Buch sind auch Teil des ersten Abends, in dem laut Höfler anhand von Lesungen und Gespräch untersucht werden soll, wie eine solidarische Gesellschaft in der Praxis aussehen könnte. Daneben lesen noch Toxische Pommes und Luca Mael Milsch aus „Sieben Sekunden Luft“. In Letzterem geht es um eine Mutter-Kind-Beziehung, darum, wie schwierig es für Menschen ist, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, und letztlich um Solidarität mit jenen, die vielleicht anders sind, andere Werte haben.

Klima

„Wenn wir es nicht schaffen, beim Klima eine Wende herbeizuführen, ist es sonst auch für alles zu spät.“

Marina Höfler,Co-Kuratorin Feldkircher Literaturtage

Der zweite Abend steht im Zeichen der Klimakrise. „Das ist die Krise, die über allem steht“, sagt Höfler. „Wenn wir es da nicht schaffen, eine Wende herbeizuführen, ist es sonst auch für alles zu spät.“ Eine theoretische Grundlage dazu mit Lösungsansätzen liefert Katharina Rogenhofer mit ihrem Sachbuch „Ändert sich nichts, ändert sich alles“. Laura Freudenthaler zeichnet in ihrem Roman „Arson“ eine apokalyptische Welt mit Hitze, Dürre und Feuern.

Katharina Rogenhofer, Literaturtage
Die Klimaaktivistin und Autorin Katharina Rogenhofer. Heribert Corn

Am dritten und letzten Abend geht es um Kriege bzw. um Menschen, die aus Kriegsgebieten flüchten. „Wie kann man es in Österreich schaffen, Solidarität herzustellen mit Menschen, die flüchten mussten“, umreißt Höfler die Frage. Die in Wien lebende gebürtige Ukrainerin Tanja Maljartschuk liest aus „Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus“, der im Iran geborene und aufgewachsen Amir Gudarzi aus „Das Ende ist nah“. Beide thematisieren in ihren Texten die Schrecken des Krieges.

Guderzi
Amir Gudarzi. Jürgen Pletterbauer

In Gudarzis Buch geht es um einen Iraner, der nach Österreich flüchtet. An einer Stelle werde erzählt, wie er im Iran kunstvoll mit Sprache umgegangen sei, beschreibt Höfler eine für sie besonders eindrückliche Szene aus dem Buch. In Österreich habe er dann keine Sprache mehr – ebenso wie der Vater in „Ein schönes Ausländerkind“, womit sich ein Kreis zum ersten Abend schließen lässt.