Kultur

Zwei Premieren zum Abschluss

09.08.2024 • 09:55 Uhr
Pressetag II der Bregenzer Festspiele, Produktionen Hold Your Breath, Der Ehevertrag und Gianni Schicchi
Der bildende Künstler Hugo Canoilas hat für „Hold your breath“ das Bühnenbild entworfen. Beate Rhomberg (6)

Mit der Uraufführung von „Hold Your Breath“ in der Inszenierung von David Pountney und der Premiere der Opernstudio-Produktion „Der Ehevertrag/Gianni Schicchi“ starten die Bregenzer Festspiele in die letzten zehn Tage der Saison 2024.

In der letzten Woche der 77. Bregenzer Festspiele wird es noch zwei große Premieren geben. Eine davon ist die Uraufführung des Opernateliers „Hold Your Breath“ am Donnerstag, nachdem am Montag mit „Der Ehevertrag/Gianni Schicchi“ die letzte Opernstudio-Produktion unter der Intendanz von Elisa­beth Sobotka zu erleben sein wird.

Glückliche Intendantin

An dem Doppelabend am 12. August, mit 14 jungen Sängerinnen und Sängern unter der Regie der „unvergleichlichen“ Brigitte Fassbaender – wie Pressesprecherin Babette Karner anmoderiert – werden zwei Werke aufgeführt, deren Entstehungszeiten mehr als 100 Jahre auseinanderliegen. Mit dieser mittlerweile neunten Produktion des Bregenzer Opernstudios sei für die Intendantin „ein Traum aufgegangen“, denn es habe einmalig funktioniert, „große wichtige Stücke für junge Sänger in hochprofessionellem Umfeld zu ermöglichen“, die in einer „sehr geschützten, nahezu behüteten Probenzeit“, stattfinden können und dennoch „ein hochprofessionelles Ergebnis“ bringen, sagt Elisabeth Sobotka. „Diese Mischung gibt es ganz selten.“ Ihr gehe es nicht nur um den richtigen Gesang, sondern um „ein Gesamtpaket, das einen Menschen auf der Bühnen glaubwürdig macht.“
Die besondere Schwierigkeit bei Giacomo Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ sei, dass es ganz junge Menschen sind, die auf der Bühne ganz alte Charaktere spielen. „Das zu schaffen, ohne die wirklich alt und gebrechlich zu machen, das war die Herausforderung. Man vermisst das Alter nicht“, sagt Fassbaender und spricht von einer „gewissen Zeitlosigkeit“.

Pressetag II der Bregenzer Festspiele, Produktionen Hold Your Breath, Der Ehevertrag und Gianni Schicchi
Pressetag II der Bregenzer Festspiele


Aber eigentlich sei nicht Puccinis, sondern Rossinis Oper „Der Ehevertrag (La cambiale di matrimonio)“ das „schwere“ Stück, „weil das kennt niemand und es ist auch gar nicht so komisch, wie man denkt“, erklärt Fassbaender. Sie wollte bewusst „keine Parodie oder Karikatur von Menschen“, sondern das Stück „ganz normal“ inszenieren, damit eine gewisse Glaubwürdigkeit entdeckt werden könne. „Komödie muss man wirklich ganz ernst nehmen, damit es dann einigermaßen komisch wird.“ Mit „Der Ehevertrag“ hat Rossini im Jahr 1810 als 18-Jähriger erstmals eine Oper präsentiert, trotz seines jungen Alters könne man darin schon seinen „unverwechselbaren Stil“ herauslesen, beschreibt die Regisseurin. Musikalisch sei die Aufgabe gewesen, „zwei komplett andere Stile“ zu vereinen, sagt die Dirigentin Claire Levacher, was mit dem „sehr aufgeschlossenen Orchester“ gelungen sei.
Auch inhaltlich gäbe es Verbindungen in den Stücken, wie etwa das Vater-Tochter-Verhältnis, das es in beiden Stücken gibt, zudem werde auch sowohl bei Rossinis „Der Ehevertrag“ als auch bei Puccinis „Gianni Schichi“ viel mit Papier und Briefen hantiert. „Diese Links kann man szenisch benutzen“, um Wiedererkennungen von Stück zu Stück zu generieren, beschreibt Fassbaender. In beiden Opern gehe es um Liebe und Gier, Witz und Schlauigkeit.

Pressetag II der Bregenzer Festspiele, Produktionen Hold Your Breath, Der Ehevertrag und Gianni Schicchi
Die Produktion des Opernateliers “Hold Your Breath” auf der Werkstattbühne

Entdeckungsreise

Ein gigantischer Oktopus in der Luft mitsamt seinen rot gemalten Tentakeln, die sich in einer Malerei über den Boden der Werkstattbühne ziehen, ist das Zentrum des Opernateliers „Hold Your Breath“, einem Format, das die Bregenzer Festspiele in Kooperation mit dem Kunsthaus Bregenz entwickelt haben. Dabei werden bildende Künstler mit Komponisten und Regisseuren für ein gemeinsames Projekt zusammengebracht. Auch vor drei Jahren haben sich Komponistin Éna Brennan, Regisseur und Librettist David Pountney und der bildende Künstler Hugo Canoilas zum ersten Mal getroffen. Was mit einer Art erzwungenen künstlerischen Intimität begann, habe sich schnell zu einer verständnisvollen und lehrreichen Zusammenarbeit entwickelt, beschreibt David Pountney. „Natürlich ist es eine Sache, Éna kennenzulernen, und eine andere, viel später ihrer Musik zu begegnen.“ Ähnlich sei es mit Hugo gewesen, „der mit diesem riesigen Gemälde zum Leben erwacht sei“. Pountney beschreibt das Projekt als „eine sehr fruchtbare Entdeckungsreise“. Sein Plan war, die ganze Werkstattbühne zu bespielen und auch das Publikum miteinzubeziehen, sagt Pountney und schwärmt von dieser speziellen Raumsituation einer riesigen Blackbox.

Pressetag II der Bregenzer Festspiele, Produktionen Hold Your Breath, Der Ehevertrag und Gianni Schicchi
Pressesprecherin Babette Karner, Regisseur und Librettist David Pountney, Komponistin Éna Brennan und Künstler Hugo Canoilas (v.l.).


Canoilas beschreibt die Unterschiede zwischen den Strukturen der Festspielinstitution und Museen wie „Tag und Nacht“, er selbst mache sehr viele Kollaborationen, ohne davor große Erwartungen zu haben. Diesmal habe es jedoch sehr gut funktioniert, die jeweiligen Arbeitsweisen zu verstehen. „Ich denke, Elastizität und Flexibilität sind der Schlüssel zu diesem Projekt, denn wie bereits erwähnt, gibt es so viele verschiedene Elemente und wir haben alle sehr unterschiedliche Ansätze“, ergänzt Brennan. „Ich wusste von Anfang an, dass meine Entscheidungen als Komponistin alle dem Stück dienen würden, dem Text, der Inszenierung, der Botschaft, die wir erzählen, und der interaktiven, immersiven Qualität, die wir bieten. Entsprechend habe Brennan Takte geschrieben, die flexibel veränderbar seien. Die musikalische Leitung liegt in den Händen der Irin Karen Ni Bhroin, die Choreografie stammt von der Britin Caroline Finn.

Pressetag II der Bregenzer Festspiele, Produktionen Hold Your Breath, Der Ehevertrag und Gianni Schicchi
Einblick in die Proben der Orchesterakademie

Beim zweiten Pressetag gab es außerdem erste Einblicke in das Spiel der 80 jungen Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 17 und 27 Jahren, die in der Orchesterakademie „um große Werke kämpfen“, sagt Sobotka. Eine Woche arbeiten sie mit dem Dirigenten Daniel Cohen an ihrem gemeinsamen Konzert, das am Sonntagvormittag im Festspielhaus ­gespielt wird. Ebenfalls am Sonntag wird Nikolaus Habjan unter dem Titel „Ich pfeif’ auf die Sobotka“ die Intendanz von Sobotka humorvoll Revue passieren lassen.