Utopie im Pulverturm von Omani Frei

Aktuell arbeitet die Künstlerin Omani Frei im Pulverturm in Feldkirch an ihrem Werk „Pfau“. Heute Nachmittag lässt sie Interessierte beim „Offenen Atelier“ am Malprozess teilhaben.
Seit Anfang August sitzt die Künstlerin Omani Frei unter dem Dach des Pulverturms und malt mit Gouache-Farben auf dem Papier entlang der Wand. „Ich wollte eine Arbeit speziell für den Raum erstellen. Und das ist der Pfau.“
Zurück in Vorarlberg
Fast ihr ganzes Erwachsenenleben hat die 33-jährige Künstlerin im Ausland studiert, gelebt und gearbeitet. Im Jänner ist sie schließlich nach mehreren Reisen und einem Artist-in-Residency-Aufenthalt in Japan – wo ihr Animationsfilm „Lonely Mouth“ entstanden ist – wieder in ihren Heimatort Nüziders zurückgekommen. Der Turm in Feldkirch wurde im Auftrag der Stadt für einen Monat zu ihrem Atelier, Ende August wird sie dort den fertigen „Pfau“ präsentieren und in der Zwischenzeit an zwei Tagen des „Offenen Ateliers“ auch Besucherinnen und Besucher an ihrem Arbeitsprozess teilhaben lassen.
Omani Frei malt zuerst die Konturen mit Bleistift, dann fängt sie an, die Farben zu mischen – fast 100 verschiedene Töne hat sie für ihr Pfauen-Gemälde angerührt und getestet, nach gewissen Kombinationen geordnet liegen sie nun vor ihr am Boden aneinandergereiht. Nicht alle Farbmischungen hat sie verwendet, aber „das Bild ist auch noch nicht fertig“, sagt Frei. Zum Zeitpunkt des Interviews war sie bei etwa mehr als der Hälfte. Was nun noch fehlt, sind die schwarzen Tintenlinien und eine Menge Details.

Farben und Flächen
Doch auch schon jetzt ist es ein Bild, dass Ruhe ausstrahlt und in den Farben atmosphärisch den Vogel mit Menschen in einer friedvollen Gartenlandschaft zusammenfügt. Ihr Stil ist geprägt von japanischen Holzschnitten, aber auch den grafischen Elementen der Animation und davon beeinflusst – reduziert auf Farben und Flächen – fängt sie in der Malerei alltägliche und unaufgeregte Szenen und in sich ruhende Stimmungen ein. Ihre Figuren sind mit ganz einfachen Dingen beschäftigt, sie schneiden Zitronen oder sitzen auf einer Bank und betrachten kleine Dinge in der Hand.
Diese naturalistischen Momente verlieren sich oft in abstrakten und fast surrealistischen Darstellungen. So ranken sich etwa in einem Bildausschnitt des „Pfau“ die Personen in Umarmungen nach oben und werden zum Stamm einer Bougainvillea. „Ein schönes Element beim Zeichnen ist diese Freiheit. Ich muss mich nicht an etwas Realistisches halten, sondern kann dem, was ich in dem Moment machen möchte, einfach auch nachgehen.“

Ursprung des „Pfau“ im Pulverturm seien viele kleine Skizzen, die Omani Frei, inspiriert vom Botanischen Garten in Lissabon, anfertigte. „Wie es mit Skizzen so ist – die lagen dann lange herum und es war noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür.“ In der großen Malerei hat sie nun mehrere dieser Skizzen zu einer Szene zusammengefügt, in denen auch die Pfaue, die im Botanischen Garten frei herumrennen, sich subtil und selbstverständlich ins Bild einfügen.
An Perspektiven im klassischen Malen denke sie nicht, „für mich muss es stimmig sein und das Wichtigste ist, dass Betrachterinnen und Betrachter in den Bann gezogen werden und sich von der Arbeit nicht mehr losreißen können“, beschreibt die Künstlerin ihr Ziel, durch die Kunst andere zu berühren. Die Motive ergeben sich dann im Prozess und seien inspiriert vom Alltag der Künstlerin und ihren Erlebnissen. „Es gibt einen Impuls, der mich dazu bringt, dass ich anfange“, erzählt Frei von gewissen Elementen. In ihrer Malerei kreiert sie eine Utopie, in der Figuren harmonievoll agieren und sich in einem unbekümmerten zeitlosen Alltag wiederfinden, während die Landschaft die Schönheit der Natur farbintensiv herausstreicht.

Das Schöne der Kunst
„Natürlich könnte ich auch vermüllte Landschaften zeigen oder wie die Realität halt ist oder sehr aufgeladene, streitsuchende Situationen und Menschen, die eben psychische Probleme haben. Natürlich könnte ich das auch wieder aufgreifen, aber das möchte ich in meiner Malerei nicht. Ich hab keine Lust drauf, was anderes zu zeichnen, nur weil grade unsere Realität im Arsch ist“, erklärt die Künstlerin. An dieser friedvollen Atmosphäre war sie künstlerisch aber nicht immer verhaftet. „Gerade am Anfang vom Studium habe ich auch zu denen gezählt, die sehr emotional aufgeladene Bilder gemalt haben und sehr viel mit schweren Themen gearbeitet haben“, beschreibt Frei. Später habe sie selbst als Lehrperson an Universitäten beobachten können, wie persönliche Krisen, Depression, Selbstzweifel oder traurige Momente häufige Themen sind, die junge Kunststudentinnen und -studenten in ihren Werken nach außen tragen würden.
„Ich glaube, dass viele in einem jungen Alter vielleicht zum ersten Mal mit schwierigen Situationen konfrontiert sind und zum ersten Mal entscheiden müssen, wo möchte man hin, welcher Weg ist der richtige? Wir Künstlerinnen und Künstler nutzen vielleicht das Medium der Malerei, Skulptur oder Videoinstallation als erstes, um uns damit auseinanderzusetzen“, beschreibt Frei.

Doch diese schweren Themen waren für sie eben „nicht das, was mich bei der Kunst fasziniert“, denn „ein Bild kann auch einfach nur für Freude da sein, einfach nur, um den Betrachtenden ein ganz besonderes Erlebnis zu bieten. Genau das finde ich auch schön an Kunst, dass es nicht unbedingt nur die schlimmen Seiten aufzeigen oder große dramatische Themen behandeln muss, sondern Kunst zeigt auch das Ruhige, das Zurückhalten und das Runterkommen. Ich glaube, die Sehnsucht nach diesen ruhigen Momenten ist bei vielen da.“
Ganz im Gegensatz zu ihrer Malerei sind ihre Animationsfilme durchaus sozialkritisch und auch als „Denkanstöße“ gedacht. Ihr letzter Film „Lonely Mouth“ ist zurzeit im Wettbewerb des Ö1-Sonderstipendiums für Solidarität online verfügbar.