„Die Kunst muss frei sein und über der Politik stehen”

Das Festival „tanz ist“ lädt am Freitag und Samstag zum
30-Jahr-Jubiläum in den Spielboden nach Dornbirn.
“Niemand schaut mehr Schwanensee. Ästhetik, Empfinden und Formate des zeitgenössischen Tanzes haben sich in eine ganz andere Richtung entwickelt, weg von der Akrobatik. Inzwischen ist die Persönlichkeit des bewegenden Körpers entscheidend. Die Tänzerinnen und Tänzer müssen das Handwerk beherrschen, aber das Publikum will keine Tanzmaschine sehen, sondern über gegenwärtige Themen reflektieren“, schildert Günter Marinelli, künstlerischer Leiter von „tanz ist“, den Wandel seines Metiers. Das Festival für zeitgenössische Tanz- und Performance-Kunst feiert heuer sein 30-jähriges Bestehen. Diesen Freitag beginnt die zweite Hälfte der Jubiläums-Auflage im Spielboden Dornbirn.
Ohne Sprache und Barriere
Er schätzt Tanz als Kunstform, die keine Sprache braucht, keine Barrieren kennt und im weltweiten Austausch geschieht. So auch bei „tanz ist“, an dem professionell Tanzende aus 48 Nationen teilgenommen haben.
Mit Simon Mayer, den „Der Standard“ als „Schamanen der heimischen Tanzszene“ bezeichnet, performt am Samstag ein Künstler, der dem Festival von Anfang an verbunden war. „Seine Karriere ist unglaublich. Es freut mich, auch im Sinne des Festivals, dass wir die Talente begleiten und ihre neuesten Entwicklungen präsentieren können“, schwärmt Marinelli. Wer 2014 am Festival teilnahm, wird kaum vergessen können, wie Mayer nackt, mit einer Motorsäge, eine Sonnenbank aus einem Baumstamm schnitzte.

Professorin für Tanz lädt zum Workshop
Hanna Shakti Bühler eröffnet am Freitag mit einem Workshop. Sie ist Professorin für Zeitgenössischen Tanz an der Hochschule für Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und führt die Teilnehmenden an das ermächtigende, heilende Potenzial von Atem, Tanz und Stimme heran. Sie lädt zu freier Spontanität und unzensiertem Gefühlsausdruck.

Am Samstagabend bieten Mayer und Bühler eine gemeinsame Performance, die zwischen den Rhythmen der süditalienischen Pizzica Tarantula, alpinen Volkstänzen und Popkultur oszilliert und heteronormative Paardynamiken sowie Geschlechterrollen hinterfragt.
“Es geht um Freiheit und Emanzipation”
Marinelli begreift Kunst als politisch: „Es geht um Freiheit und Emanzipation“. Politische Instrumentalisierung lehnt er strikt ab: „Die Kunst muss frei sein und über der Politik stehen. Sie bietet keine Lösungen, sondern zeigt Wege auf, wie Menschen miteinander umgehen können. Dazu braucht es Mut und Risikobereitschaft. Dann kann sie wunderbare Dinge bewirken.“