Kultur

Dieser singende Schlossermeister fährt für die Formel 1

17.10.2024 • 07:00 Uhr
Künstler-Porträt von Sänger Riccardo di Francesco
Sänger Riccardo di Francesco. Serra

Richard Franz Nachbauer hatte einen Betrieb mit 30 Angestellten, den er für seine musikalische Leidenschaft aufgab.

Richard Franz Nachbauer heißt in der Musikwelt Riccardo Di Francesco. Er führt zwei Leben. Als Richard hat er die HTL Bregenz besucht, wurde Maschinenbauingenieur und Schlossermeister. Hat sein eigenes Haus in Emsreute großteils selbst errichtet und eine Firma mit 30 Angestellten aufgebaut, die Maschinenrahmen für Textil- und Holzbearbeitungsmaschinen sowie für Landwirtschaftsmaschinen herstellte. „Ich war quasi Zulieferer an Firmen, die die Maschinen dann verkauft haben“, sagt Richard rückblickend.

Künstler-Porträt von Sänger Riccardo di Francesco
Von seinem Haus sieht Nachbauer bis an den Bodensee. Serra

Fraxner Buaba

Im Augenblick fühlt er sich allerdings mehr als Riccardo. Denn schon immer haben zwei Herzen in seiner Brust geschlagen. So lernte er Klavier und Akkordeon spielen und gab mit den Fraxner Buaba „nebenbei“ 80 Auftritte im Jahr. Dann, Ende 1994, hat Riccardo aufgehört zu musizieren, denn zusammen mit der Schlosserei war es einfach zu viel. Doch sein musikalisches Herz hat nie zu schlagen aufgehört, und so nahm er zwischendurch Gesangsstunden und trat 1996 im Bregenzer Festspielhaus mit einer kleinen Rolle in „Rigoletto“ auf. „Da habe ich meine Liebe zur klassischen Musik entdeckt.“ 1997 ging er für sechs Wochen nach Florenz – eigentlich, um Italienisch zu lernen. Dabei hat er den Gesangslehrer kennengelernt, der noch immer mit ihm zusammen für den Feinschliff an seinen Opernrollen sorgt. 1998 war Riccardo dann jeden Monat eine Woche in Florenz. Und weil das nicht lange gut geht, zwei Sachen gleichzeitig gleich intensiv zu betreiben, hat er seine Schlosserei 1999 verkauft.

Künstler-Porträt von Sänger Riccardo di Francesco
Künstler-Porträt von Sänger Riccardo di Francesco Serra

“Ich hatte das Glück, älter zu sein als die anderen Studierenden, daher war meine Stimme reifer, und ich habe immer Hauptrollen bekommen.”

Richard Franz Nachbauer

In Florenz gelernt

Der 1965 bei im Haus seiner Großmutter geborene Sänger ist heute 13-facher Tauf- beziehungsweise Firmpate und hat eine liebe Frau und ein kleines Hündchen an seiner Seite. Im Gegensatz zu ihm haben seine Geschwister selber Kinder bekommen. Bedauert er das? „Es ging eben nicht alles gleichzeitig“, sagt er, er ist nicht der Typ für langes Grübeln oder Selbstmitleid. Vielmehr hat er alles darangesetzt, sich seinen Sängertraum zu erfüllen. Bei einem seiner Soloprogramme singt Francesco: „Du hast einen Traum/Sieh ihn dir an/Glaube fest, dass er wahr werden kann.“ In Florenz hat er sich Fähigkeiten in Gesangstechnik und Rollenstudium angeeignet, dann in Wien Musikdramatische Darstellung studiert. „Da hatten wir im Schlosstheater Schönbrunn vier Produktionen im Jahr. Ich habe neben anderen Rollen den Figaro in Figaros Hochzeit gesungen, den Leporello in Don Giovanni und den Don Alfonso in Cosí fan tutte, die großen Mozartrollen. Ich hatte das Glück, älter zu sein als die anderen Studierenden, daher war meine Stimme reifer, und ich habe immer Hauptrollen bekommen“, erzählt Riccardo Di Francesco.

Riccardo di Francesco
Riccardo di Francesco bei einer Aufführung von Rigoletto 2023 in Italien. Privat

Schlafbus der Formel 1

Breit sind nicht nur seine Interessen – „meine Mutter war Musikerin, mein Vater Handwerker, und ich habe beide Begabungen mitbekommen“ -, sondern auch seine Stilrichtungen innerhalb der Musik. Für die Mitglieder des Pensionistenverbands singt er „Junge, komm bald wieder“ oder „Nimm mich mit, Kapitän“. Bei einem anderen Soloprogramm erzählt er von seinem Weg, der nie der naheliegendste, aber immer seiner war: „Begib dich auf den Weg, der dich führt/dahin, wo die Seele die Träume berührt“. Inzwischen übt er vier bis fünf Mal pro Woche für insgesamt zwei Opern, Operetten oder Musicals im Jahr, meist in Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Außerdem singt er einige Solokonzerte mit eingespieltem Orchesterklang: „Nun vergiss leises Flehn“ aus „Le nozze di Figaro“. Seine Lieblingsopern sind Rigoletto – „das war meine erste Oper im Bregenzer Festspielhaus“ -, Tosca und Tannhäuser – „ich würde den Wolfram gern noch singen“.

Riccardo di Francesco
2018 bei einer Hof-Oper in Jena. Privat

Seit Corona, wo die großen Musikproduktionen rarer geworden sind, fährt Riccardo auch noch den Schlafbus der Formel 1 sowie Mannschaftsbusse anderer Sportler wie dem EHC, der Austria Lustenau oder Alpla Hard. Langweilig wird dem 59-Jährigen nicht.

Leb deinen Traum – ein Leben mit Musik“, Riccardo Di Francesco,
Donnerstag, 07. November, 14 Uhr, Haus Habakuk, Bludenz.