Kultur

Er war mit AC/DC in der Dornbirner Krone essen

27.10.2024 • 11:00 Uhr
Rock'n'roll im Fürstentum Buch
Udo Jürgens, Antoine Lemaire und Baron Baron Eduard von Falz-Fein bei der AfterShow-Party.Lemaire

Antoine Lemaire brachte Udo Jürgens, Cat Stevens, Leonard Cohen und viele andere Pop-Größen ins Rheintal. Jetzt ist seine Autobiographie “Rock’n’Roll im Fürstentum” erschienen.

Als Antoine Lemaire am 4. Juni 1972 die Hardrock-Band “Uriah Heep” in Winterthur sah, konnte der Liechtensteiner nicht ahnen, dass er einmal in Lustenau von Cat Stevans mit Speckwürfel beworfen wird. Doch der Abend weckte im damals jugendlichen Lemaire das Verlangen, selber Konzerte in Liechtenstein zu organisieren. Ein Unterfangen, dass ihn über das Fürstentum hinaus in die Welt des Showbusiness und zurück führen wird.

Seine Autobiografie “Rock’n’Roll im Fürstentum” ist am Montag erschienen. Chronik und Reflexion zugleich, erzählt sie vom Liechtensteiner und seinem Freund Thomy, die als “Eagle Productions” Rheintaler Pop-Geschichte schrieben.

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Die Anfänge

“Das erste Konzert, an das wir uns heranwagten, war eine deutsche Gruppe namens “Jane”, schreibt Lemaire. Mit deren Auftritt am 17. August 1974 im Vaduzersaal wurden die Jugendlichen in die professionellen Anforderungen der Branche eingeführt: “Alles war bis ins kleinste Detail in einem Vertrag geregelt: was in der Garderobe bereitzustellen ist, wie die Hotelbuchungen aussehen sollen, dass wir LKW-Nachtfahrbewilligungen einholen müssen etc. .”

Bandname falsch geschrieben

Noch keine 19 Jahre alt, lernten sie mit André Béchir eine zentrale Figur der Schweizer Musiklandschaft kennen. Dessen Agentur organisiert bis heute Konzerte in der ganzen Eidgenossenschaft. Erst diesen Sommer brachte sie Taylor Swift nach Zürich. Den Jungen diente er als Mentor und Brücke zur internationalen Rockszene. Béchir war es auch, der “Eagles Production” die britische Rockband “Procol Harum” vermittelte. Deren Auftritt am 01.12. 1974 wäre fast ausgefallen, da der reservierte Konzertflügel sich über Nacht verstimmt hatte und von einem Fachmann aus Zürich neu eingestellt werden musste. Sogar den Namen der Band haben sie mit “Procul Harum” falsch plakatiert. Dennoch war der Abend ein voller Erfolg, dem viele weitere folgten.

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Thomy (z.v.l.) und Lemaire (r.) mit den Mitgliedern von “Procol Harum”.Lemaire

Baron lässt Jürgens grüßen

So brachten sie “Nazareth”, die Vorarlberger Band “Clockwork”, in der Reinhold Bilgerie aktiv war, und Udo Jürgens ins Fürstentum. Gut zwei Monate vor dessen Konzert am 24.08.1975 bekam Lemaire einen Anruf von Baron Eduard von Falz-Fein. “Eddies” Familie floh vor der Oktoberrevolution über Berlin nach Nizza und ließ 1936 in Ruggell nieder. Der Organisator war ganz verwundert, als ihm der Baron mitteilte: “Der Vater von Udo Jürgens und mein Vater haben sich gekannt und waren jahrelang gute Freude. Bitte ruf ihn an und teile ihm mit, dass ich ihn nach dem Konzert gerne zu einer After-Show-Party in meine Villa einladen möchte.” Noch verdutzter war er aber, als Jürgens die Geschichte bestätigte und am rauschenden Fest teilnahm.

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Leonard Cohen und Lemaire.Lemaire

Mentoren immer noch aktiv

Durch den anhaltenden Erfolg wurde Marcel Avram auf die Liechtensteiner aufmerksam. Der mittlerweile 86-jährigen Avram, dessen Agentur die heurige “AC/DC” Europatour managte, dominierte damals schon den westdeutschen Markt. Sie vielen fast aus den Wolken, als er ihnen Leonard Cohen und Cat Sevens vermittelte. Während Cohen bereit war, vor vergleichsweise kleinem Publikum in Vaduz zu spielen, musste für Stevens eine Halle für 4000 Besucher gefunden werden. Fündig wurden die Freunde in Lustenau, wo sie bei Bürgermeister Robert Bösch (FPÖ) auf offene Ohren stoßen. Er sagte einer Nutzung der Eishalle zu, die sich fast perfekt eignete. Wäre da nicht der Umstand gewesen, dass der Popstar dem Deal nur zusagte, um einmal in Liechtenstein aufzutreten.

Antoine Lemaire
Antoine Lemaire.zünd

Cat Stevens durfte nicht wissen, dass er in Lustenau spielt

“Eine entscheidende Herausforderung für uns war es nun also, Cat Stevens von Liechtenstein nach Lustenau zu bringen, ohne dass er realisiert, dass wir eine Landesgrenze überqueren”, berichtet Lemaire, der Stevens zuvor im Vaduzer “Parkhotel Sonnenhof” einquartierte. Heilfroh, dass die Täuschung gelang, drohte eine Stunde vor dem Konzert der nächste Eklat: Stevens ist Vegetarier, was von der damaligen Gastronomie kaum berücksichtigt wurde. So wurden ihm Erbsen mit Speckwürfel gereicht, die der Musiker dem Liechtensteiner aufgebracht ins Gesicht schmiss: “Als er mich so sah, entschuldigte er sich sofort, und ich verzieh ihm diesen Ausrutscher auch sogleich.”

AC/DC in Dornbirn
Lemaire

Von Rainbow zum Albtraum

Weit weniger Verständnis hatten die Band “Rainbow”, die aus “Deep Purple” hervorging. Deren Auftritt war für die Organisatoren ein langgehegter Wunsch, der sich am 08.10.1976 als Alptraum manifestierte. Schockiert stellten sie am gleichen Tag, an dem das Konzert in der Dornbirner Stadthallte stattfinden sollte fest, dass die Decke 40 Zentimeter niedriger als gedacht war. Daher hätte die Band auf ihre Regenbogen-Lichtshow verzichten müssen, wozu sie nicht bereit war. Lead-Gitarrist Ritchi Blackmore lies nicht mit sich reden, das Konzert musste vier Stunden vor Auftritt abgesagt werden. Während “Rainbow” weiterfuhren, verbrachten die Liechtensteiner den Abend mit der damals noch wenig bekannten Vorband “AC/DC” in der Dornbirner Krone.

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Wer wissen möchte, wie es mit den Kultur-Unternehmern weiter ging, welche Rolle “Pink Floyd” in dieser Geschichte spielt und warum sich Lemaire aus der Branche den Rücken zurück zog, der kann das in “Rock’n’Roll im Fürstentum” nachlesen.