Hommage an Heimat- und Sehnsuchtsort

Das Jazzorchester Vorarlberg spielt am Sonntag am Spielboden sein neues Programm komponiert vom langjährigen Orchestermitglied Philip Yaeger.
Von Daniel Furxer
Egypt Road ist ein echter Ort, eine Landstraße, die sieben oder acht Meilen von einem winzigen Dorf weg ins Unbestimmte führt. Damals war die Straße noch gut gepflegt, man konnte mit dem Fahrrad den langen Hang hinunterfahren zum alten Gleisbett, dann von der Straße ab und weit in den Wald hinein. Entlang der Straße standen vereinzelt gut erhaltene Bauernhäuser. So beschreibt Philip Yaeger mit eigenen Worten das Werk „Egypt Road“, das er für das Jazzorchester Vorarlberg (JOV) komponiert hat.
„Das neue Programm spielt in der Landschaft, in der ich aufgewachsen bin, bis ich 12 Jahre alt war, in Northern Maine. Ich habe mich auf die Musik besonnen, mit der ich aufgewachsen bin, darunter Country und Gospel, und diese in die neue Komposition integriert.“ Ein lang gehegter Wunsch des Musikers. Jazz ist durchlässig und für Yaeger seit jeher eine Integration der Klänge, nicht ein Nebeneinander der verschiedenen Stilrichtungen.
Magie der Kindheit
„Ich wollte die Magie der Kindheit einfangen, die vertraute Umgebung mit liebgewonnenen Menschen. Auch das Auseinandergehen und wieder zusammenkommen“, erklärt das langjährige JOV-Mitglied. 2004 übersiedelte Philip Yaeger nach Österreich, eine der besten Entscheidungen, die er je getroffen habe, sagt er. „Auch wenn ich dadurch meine Familie sehr selten sehe. In gewisser Weise ist dieses Programm auch eine Hommage an meinen Heimat- und Sehnsuchtsort.“
Ein weiterer Aspekt sei die Natur, die sich verändert hat. Weil es dort sehr ländlich ist, fallen Naturereignisse wie Dürren schwer ins Gewicht und können die Existenz von Menschen bedrohen. „Ich denke aber oft daran: Wir werden vielleicht vergehen, die Natur wird bleiben“, so Yaeger. Anhand von kleinen musikalischen Erzählungen nähert er sich dieser Thematik an.

Im zweiten Teil des Konzerts spielt das Jazzorchester das Werk „Scenes From A Play“, eine konzertante Fassung des Stücks „Petit Mal“, das das JOV letztes Jahr im Rahmen von Literaturfestivals in Hohenems und im Kleinwalsertal aufgeführt hat. „Petit Mal“ ist ebenfalls eine Komposition von Philip Yaeger mit Texten der Vorarlbergerin Carolyn Amann. Es ist eine Erzählung aus der Sicht eines Mannes, der langsam erkennt, dass er an epileptischen Anfällen leidet. Er verliert das Gefühl für die Zeit und findet sich plötzlich an unbekannten Orten wieder, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen ist.
Gründer und Leiter
Martin Eberle (Kompost 3, 5K HD, HAEZZ) ist der Initiator und künstlerische Leiter des JOV. Er hat Philip Yaeger vor über fünfzehn Jahren das erste Mal mit einem Kompositionsauftrag betraut und als Musiker engagiert. Seitdem ist der in Wien lebende, gebürtige US-Amerikaner als Posaunist, Arrangeur und Komponist aus dem JOV nicht mehr wegzudenken. Das neue Programm ist eine Carte blanche für ihn.
Das JOV wurde als klassische Bigband gegründet und hat sich aber über die Jahre zu einem individuellen Klangkörper entwickelt. Mittlerweile hat sich eine Stammbesetzung von circa 15 Musikerinnen und Musikern etabliert, welche je nach Projekt in der Besetzung variiert. Nächstes Jahr feiert das Orchester sein 20-jähriges Bestehen. „Wir wollen das mit zahlreichen Konzerten gebührend feiern, mit bereits bestehenden und auch neuen Programmen“, so Eberle.
Stageband im Porgy & Bess
Von September 2025 bis Juni 2026 wird das JOV im Wiener Jazz & Music Club Porgy & Bess als Stageband jeden Monat mit einem anderen Programm zu Gast sein und auch einige Konzerte in Vorarlberg spielen. „Der Spielboden ist unsere Home-Base, das Porgy der internationale Ort, wo wir uns etablieren konnten. Einige der Mitglieder wohnen in Wien und so sind diese beiden Standorte für uns optimal“, erklärt Eberle.
„Wir werden im Jubiläumsjahr auch eine Kooperation mit dem Symphonieorchester Vorarlberg machen und mit den 5/8erl in Ehr’n auf Tour sein“, gibt er dann noch weitere Einblicke ins Programm des kommenden Jahres.
Jazzorchester Vorarlberg + Strings feat. Philip Yaeger: „Egypt Road“. Sonntag, 29. Dezember, 20 Uhr, Spielboden Dornbirn.