Kultur

Prächtiger Schimmel und raumgreifende Kunst

21.01.2025 • 16:00 Uhr
Schimmel, Acryl auf Leinwand, Gabriele Ott
“Schimmel” von Gabriele Ott. Ott

KunstVorarlberg rückt mit der Schau „In der Malerei verortet“ die Vielfalt der klassischen Gattung in den Mittelpunkt.

Von formal-ästhetischen Farbspielen über zärtliche Szenen hin zu fantastisch-realistischen Naturmotiven zeugt „In der Malerei verortet“ von der ungebrochenen Kraft dieser klassischen Kunstform. Zu sehen sind die Arbeiten der sieben Künstler morgen ab 19.00 Uhr, wenn die Ausstellung der KunstVorarlberg in der Villa Claudia in Feldkirch eröffnet wird.

Die Schönheit des Morbiden

Die jüngste Teilnehmerin Cantal Boso Flores (1998) lernte ihr Handwerk an der Angel Academy of Art in Florenz. In Feldkirch ist sie mit Werken vertreten, die klassische Techniken modern beleben. So zeigt „Memento Mori“ den Schädel eines Mischwesens aus Mensch und Fuchs. Mit verfaulten Früchten und fantastischer Anatomie wäre dieses Sinnbild in der Renaissance schwer denkbar gewesen. Dabei gelingt es der gebürtigen Bludenzerin, mit Todesmotiv die Lebendigkeit der Tradition in Szene zusetzten.

Die Schönheit des Morbiden kommt auch bei Gabriele Ott (1967) zur Geltung. Ihre fünf Acrylarbeiten tragen den Namen „Schimmel“ und erinnern an die vitale Ästhetik des Verfalls. Mit Fäden in zartem Rosa, kecken Sporen und ekelhaftem Schwarz bringt die Feldkircherin das Mikrokleine auf die großen Leinwände.

May & Kapi
“May & Kapi” von Katja Berger. Berger

Ganz anders, Katja Berger (1979). Im Mittelpunkt ihrer Gemälde stehen Szenen des Alltags. Ihre kindlich entstellten Motive bergen etwas Rätselhaftes und erinnern damit an die Distanz in der sozialen Nähe.

Öl auf Leinwand
Fragende Farbspiele. Eder

Großen Abstand von sachlicher Darstellung nimmt auch Christian Eder (1964). Stattdessen befragen seine Farb- und Formspiele das Verhältnis der Ästhetik zu sich selbst. Dabei laden sie die Betrachter ein, mit wechselndem Blick Neues aus demselben zu schöpfen.

Figuratives trifft bei Veljac Plaickner in den Kontext des Abstrakten. Während die Arbeiten auf den ersten Blick chaotisch anmuten, entfalten sie rasch harmonisch-lebendige Farbwelten, die den Betrachter nicht mehr loslassen. Dabei begreift sich die gebürtige Kroatin im Dialog über den modernen Menschen, an dessen Kraft, das Unmögliche zu schaffen, ihre Werke erinnern.

Mit dem flachen Raum brechen

Wie Filigranes aus Grobem wachsen kann, beweisen die Arbeiten des 2023 verstorbenen Hubert Meusburger. Primär in der Bildhauerei beheimatet, spachtelte der Bregenzerwälder Acryl und Gips auf OSB-Platten. Dabei brechen die sechs gezeigten Gemälde physisch mit dem flachen Raum.

Acryl, Textil, Buch auf Leinwand
Nyberg

Grenzsteine verschieben

May-Britt Nyberg (1965) tastet haptisch an den Grenzen der Malerei. Wo diese liegen könnten, bleibt unklar. Denn mit Rückgriff auf diverse Medien, Materialien und Techniken gelingt der gebürtigen Dänin eine fortlaufende Versetzung des Grenzsteins. Daran erinnern Teppichfragmente auf Leinwand. Deren fortlaufendes Muster zieht sich über die Materialien. Doch gerade in dieser scheinbaren Kontinuität offenbart sich ein Bruch, der die Ästhetik des Heimeligen von ihrem Gebrauch befreit und dadurch zur Reflexion über das Verhältnis von Form, Funktion und Inhalt einlädt.