Ein Dorf im Rausch der Hoffnung

Das Theater Mutante zeigt mit „Geschwister“ ein zugespitztes Stück über Gemeinschaft und Wunderglaube.
Vom Glauben an die Möglichkeit einer gelungenen Gemeinschaft und der Skepsis gegenüber jenen modernen Propheten, die sie versprechen, handelt „Geschwister – Eine Utopie des Miteinander“. Das neue Stück des Theater Mutante feiert am 11. April im Basilikasaal Bildstein Premiere und wird zuletzt am 20. April in Lochau aufgeführt.

Noch bevor Ina Maria Jaich (Schauspiel), Lisa Perner (Gesang), Anna-Amanda Steurer (Ausstattung und Projektmanagment), Peter Piek (Musik), der ChorLust und Regisseur Andreas Jähnert mit den Proben begannen, begab sich letztgenannter auf Recherche nach Bildstein. Dort suchte er das Gespräch mit den Dorfbewohnern, informierte sich über Zustand und Wahrnehmung des Gemeindelebens. Dem in Berlin lebenden Autor Christian Kühne wurde dadurch ein Einblick zuteil, durch den er seine abstrakten Ideen konkret unterfüttert zu einem Stoff verarbeiten konnte, dessen Resultat „Geschwister“ darstellt.

1992 in Wien als Sohn eines Feldkirchers geboren und im italienischen Triest aufgewachsen, studierte Kühne Philosophie in Paris. So verbrachte er sein Leben fern der weiteren Familienkreise in diversen Ländern. Eine Erfahrung, die sich in seinem Werk widerspiegelt. Daher liegt es nahe, dass der Autor Gemeinschaften als etwas praktisch Herzustellendes und nicht als vorgefundene Selbstverständlichkeit begreift.

Wunder
Wie schwierig sich das gestaltet, verdeutlicht die Handlung. An deren Anfang stehen zwei Schwestern, die sich auf der Suche nach einem Wunder in die Gemeinde begeben. „Als eine Art Unternehmensberaterinnen schauen sie sich alle Beziehungen im Ort an, erklären, was sich ändern muss, damit ein Wunder geschieht und es wie „früher“ wird. Dabei merkt man schnell, wie gefährlich ihr Vorhaben ist. Denn wer keinen Mehrwert für Wunder und Gemeinschaft produziert, wird diskriminiert“, verrät der 33-Jährige.

Fans und Vereine
Musikalisch begleitet wird das Schauspiel durch Peter Piek und die Lustenauer Gruppe ChorLust. Laut Jähnert kommt den Singenden die Aufgabe zuteil, daran zu erinnern, was Gemeinschaft einst bedeutete. Sie rufen das lebendige Vereinsleben vergangener Tage ins Gedächtnis und tragen T-Shirts mit Star Wars oder Disney-Motiven. Dabei kann man sich auf ein Bild zwischen Humor und Ernst gefasst machen, ist die Gemeinschaft der Fans doch nur bedingt eine von intimer Vertrautheit.

Wandern und Wetter
An Plätzen, welche diese Qualität für die Bewohner haben, führt einen die Handlung des Stücks. Etwa den Dorfplatz, ein Wohnzimmer und in Bildstein auch die Aussichtsplattform mit Blick auf das Rheintal. Falls das Wetter einer Begehung im Weg steht, findet das Schauspiel in abgewandelter Form dennoch statt.
Heilsversprechen als Geschäft
Die metaphorische Großwetterlage der Gesellschaft motivierte Kühne zur Handlung: „Menschen glauben nicht mehr an die Revolution oder dass sich etwas im Positiven verändern würde, wenn sie mehr zusammenhelfen. Man hat immer Faschismus und Stalinismus vor Augen, identifiziert die Möglichkeit von Veränderung mit der Diktatur. Gleichzeitig erwartet man sich von Politikern, dass sie alles richten, aber das tun sie nicht. Die Folge ist Unzufriedenheit. Jetzt sind alle pro dies, kontra das, und niemand tut etwas dafür.“ Eine Situation, in der das Geschäft mit der seelischen Führsorge und anderen Heilsversprechen floriert. Dem Autor ist dabei bewusst, wie sehr er die Protagonisten seiner Handlung widerspiegelt. Immerhin sucht er auch ein Wunder, das des sozialen Fortschritts.
Die Produktion “Geschwister” des Theater Mutante wird am 11. und 12. April ab 19 Uhr im Basilikasaal Bildstein und am 18. und 20. April ab 19 Uhr bei der Alten Fähren in Lochau aufgeführt.