Die zynische Kitsch-Kaskade namens Content

Bei der Premiere von „Content“ überzeugt das Ensemble mit dem tragischen Versuch, zu rettet, was nicht zu retten ist.
Aus morschem Holz können selbst die besten Handwerker kein solides Stück schnitzen. Dass dieser Umstand auch für die Bühnenkunst gilt, wurde Donnerstagabend im Bregenzer Theater Kosmos offenbar, als die Bühnenfassung von Elias Hirschls Roman „Content“, als Gastspiel des Schauspielhaus Wien, Premiere feierte.

Geistlose Kultur
Die 2024 veröffentliche Erzählung folgt einer vordergründig interessanten Prämisse. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Angestellten des Medienunternehmens Smile Smile Inc., die am laufenden Band sinnentleerte Artikel, Videos und anderen Unsinn produzieren müssen. Wer sich auch nur rudimentär im Internet bewegt, wird diese Formate kennen. Im Stück tragen sie Titel wie „Die drei feministischsten Momente im Leben von Arnold Schwarzenegger“.

Die geistlose Arbeit nagt an der Seele der Arbeiter und zeugt von einer Kultur, die so hohl ist, wie der durch Kohleabbau ausgehöhlte Boden unter ihnen. In diesen Untiefen rattern die Server einer Künstlichen Intelligenz. Sie steuert das Werk der malochenden Büroknechte und übernimmt Stück für Stück ihre Accounts, beruflich wie privat. Streikende Essens-Zulieferer und ein fast nur zu Plattitüden fähiger Start-up Trottel runden die Handlung ab.

Gemeinsam erzeugen sie das Bild einer fundamental von sich selbst und der Natur entfremdeten Menschheit.
Dennoch wohnt der Geschichte ein fauler Zauber inne, gegen den die größte Bühnenkunst nichts hilft. So auch in Bregenz, wo Szene für Szene eine zähflüssige Kaskade aus flach zugespitzten Klischees auf die Gehirne der Besucher einprügelt. Hirschls Textvorlage ist nichts anderes als das vermeintlich veredelte Destillat geistloser Kultur. Der Autor erscheint als Ausbeuter des Elends, der es für die „feinen Leute“ aufgewärmt verdoppelt.

Große Talente
Regisseurin Aslı Kışlal adaptierte den „Content“ für die Bühne. Fast so flott wie der Schnitt eines TikTok-Videos folgen Szenen aufeinander, denen einig und allein die Menschen vom Schauspielhaus Wien Leben einhauchen.

Shahrzad Rahmani schuf dafür ein flexible, wie symbolisch schlaues Bühnenbild. Die verschiebbaren Elemente fügen sich mal zu stets erniedrigenden Landschaften. Sei es als übergroße Gänge wie aus einem Science-Fiction-Film oder Wohnungen im Format von Harry Potters Zimmer unter der Stiege, hier ist jeder Körper fehl am Platz.

So auch Karin (Tina Keserović), Marta (Tala Al-Deen) und ihre Kollegen (Sophia Löffler, Ursula Reiter, Maximilian Thienen) bei Smile Smile Inc. . Das Ensemble besticht mit virtuos rasantem Rollenwechsel und klugem Stimmeinsatz. Zentral für die Verwandlungen sind die Kostüme von Nadine Abena Cobbina. Die aus alten Kluften zusammengenähten Stücke stärken den roten Faden der Inszenierung, ohne den Betrachtern das Denken abzunehmen. Kolossal auch die Qualität der Videos. Sie sind das Werk von Claudia Virginia Dimoiu.
„Content“ zeugt vom oberflächlichen Charakter zeitgenössischer Gesellschaftskritik und vom Versuch talentierter Bühnenkünstlern, das Beste daraus zu machen.