Dieser Einzelhandelskaufman war das Baby von „Schlafes Bruder“

Samuel König war der jüngste Darsteller in Joseph Vilsmaiers „Schlafes Bruder“. Seine Mutter Lydia erzählt, wie alles begann.
Samuel König (31) kam drei Wochen früher als geplant zur Welt. Genau richtig, um als Neugeborener bei der Verfilmung von „Schlafes Bruder“ mitzuwirken. Ein Umstand, den er seiner mutigen Mutter verdankt.

Chefarzt
„Der Chefarzt des Bludenzer Krankenhaus ist zwei Tage nach der Geburt zu mir ins Zimmer gekommen. Ob ich vom Filmdreh in Gaschurn gehört habe, wollte er wissen. Das habe ich, wobei mir nicht klar war, worum es genau geht“, erinnert sich Lydia König (71) zurück. Schnell wurde klar, dass der Mediziner der Bitte Dritter nachgeht. „Man suche einen Säugling für den Film. Und da war ich, mit zwei anderen Müttern im Zimmer. Sie haben gar nichts gesagt. Ich dachte mir aber, warum eigentlich nicht?“, schildert König mit heiterem Lachen.

Vom Krankenbett zum Filmset
Bei Starkregen ging es mit einem Jeep vom Krankenbett in die Berge, zum Filmdorf im Garneratal. „Es war kalt, matschig, aber auch beeindruckend. Als wäre ich in einer ganz anderen Welt angekommen.“ Während eine Krankenpflegerin samt Wärmelampe die Gesundheit ihres Sohnes garantierten, nahm König hinter der Kamera Platz. Gedreht wurde die Geburt von Elias Alder, der Hauptfigur in Robert Schneiders Roman „Schlafes Bruder“.

„Wir wurden gut umsorgt. Regisseur Joseph Vilsmaier (1939-2020) war sehr respektvoll im Umgang und wie alle am Set irrsinnig nett“, schwärmt die Pensionistin aus St. Anton am Arlberg. Etwa fünf Stunden dauerte der Dreh, dann war die Geburt im Kasten.

Drei Wochen später kam ein neuer Anruf. Die Tauf-Szene stand bevor. „Mit Samuels Vater und seinem fünf Jahre älteren Bruder sind wir als ganze Familie hochgefahren. Ich war da schon etwas besser auf den Beinen. Wie die Schauspieler in ihren historischen Kostümen durch das Dorf gingen und mein Sohn eine Rolle einnehmen konnte, einfach unvergesslich.“
30 Jahre später
Heute, mehr als 30 Jahre später, arbeitet Samuel König im Sporthandel in St. Anton am Arlberg. „Ich wusste schon als Kind, dass ich in diesem Film mitspiele“, erzählt er. „Aber als ich ihn mit zwölf oder dreizehn Jahren zum ersten Mal sah, habe ich ihn nicht auf Anhieb verstanden. Er ist anspruchsvoll und spielt in einer sehr brutalen Zeit.“

Familie König hat die Erinnerungen an das Abenteuer in einem Fotoalbum aufbewahrt. Darin kleben Polaroids vom Dreh, Zeitungsausschnitte und ein Dankesschreiben von Vilsmaier.
Jubiläum mit 700 Schaulustigen
Während er das 30-Jahr-Jubiläum seines Werks nicht mehr erleben konnte, nahm Familie König an den Feierlichkeiten teil. „Wir wurden extra abgeholt und wieder nachhause gebracht“, strahlt die 71-Jährige vom Event, das am 20. September über die Bühne ging. 700 Schaulustige strömten an diesem Abend nach Gaschurn, unter ihnen Hauptdarsteller André Eisermann, Altbürgermeister Heinrich Sandrell und Bruno Oberhammer, der die Filmmusik entwarf.

„Sie haben sich alle sehr gefreut, dass wir gekommen sind. Uns hat es auch sehr gut gefallen, ich wollte es mir nicht entgehen lassen. Vor allem das Gespräch mit Eisermann war interessant. Er wirkt gar nicht abgehoben“, berichtet der junge König.
„Dass Samuel im Erwachsenenalter noch einmal erfahren durfte, was er da eigentlich geleistet hat, war wunderschön“, berichtet seine tief ergriffene Mutter, die ihren mutigen Schritt nicht bereut hat.