“Früher habe ich gegen die Bildungsminister demonstriert, heute verhandle ich mit ihnen”

Die Vorarlbergerin Miriam Amann ist Teil der Regierungsverhandlungen in Wien. Die Lehramtsstudentin mit einer Leidenschaft für Fußball engagiert sich auch in der Hochschulpolitik.
Wenn eine neue Bundesregierung gebildet wird, schicken die beteiligten Parteien eine Reihe harter Verhandler und Experten an den runden Tisch. Alle wollen möglichst viele eigene Standpunkte durchbringen, gleichzeitig müssen die Verhandler aber auch einen Kompromiss finden. Ein Teil dieser Verhandlungsrunde ist auch die Vorarlbergerin Miriam Amann. Die 24-Jährige sitzt für die SPÖ im Bereich Bildung und Wissenschaft am runden Tisch.
Schon zur Schulzeit politisch aktiv
Die Koblacherin studiert Deutsch und Geschichte in Wien. Seit diesem Jahr ist sie Bundesvorsitzende des Verbands Sozialistischer Student:innen in Österreich (VSSTÖ). „In Wien geht politisch so viel ab. Da wäre es fast schade, wenn man sich nicht auch versucht, zu beteiligen“, erklärt Amann ihre Motivation. Ihrem Interesse für Politik ist sie schon in Vorarlberg nachgegangen: An der BAfEP Feldkirch, wo sie 2020 maturierte, war Amann Schülersprecherin und saß auch in der Landesschülervertretung.

Dass sie Teil des VSSTÖ wird, war für die sympathische Koblacherin nicht gleich klar – sehr wohl aber ihre politischen Grundsätze: „Mir ist es sehr wichtig, gegen Ungleichheiten einzustehen. Dieses Thema hat mich schon früh politisiert. Für mich war es wichtig, Teil einer Organisation zu sein, die meine Werte vertritt und in der ich mitgestalten kann. Beim VSSTÖ wird für ein faires Miteinander und einen freien, offenen Hochschulzugang gekämpft und das sind Sachen, die mir wichtig sind.“

„Besorgt“ ist die 24-Jährige aktuell über den Rechtsruck, wie sie erklärt: „Bei der Nationalratswahl war ja schon klar, in welche Richtung das Ganze geht. Schon davor hat man gehört, dass die FPÖ in diversen Bundesländern immer stärker wird. Man merkt aktuell einfach, dass das Unsagbare immer sagbarer wird.“ Doch Amann gibt sich kämpferisch: „Ich und meine Freunde und Freundinnen beim VSSTÖ geben nicht auf, wir lassen uns nicht spalten. Wir wollen schauen, dass die, die es in unserem Land eh schon am schlechtesten haben, nicht noch mehr von der FPÖ zum Feindbild gemacht werden.“ Mit guter Politik, so hofft Miriam Amann, könne man „den Bann wieder ein bisschen brechen.“
Beim Wahlprogramm der SPÖ mitgestaltet
Um eine solche „gute Politik“ umzusetzen, will Miriam Amann ihren Teil in den Regierungsverhandlungen beitragen. „In der Erarbeitung des Hochschulwahlprogramms der SPÖ durften wir vom VSSTÖ schon mitdiskutieren. Da hat die Partei wohl gemerkt, dass bei uns viel Expertise zum Thema Hochschulpolitik liegt.“

So fragte die SPÖ bei der Bundesvorsitzenden ihrer Jugendorganisation an, ob sie Teil des Verhandlungsteams sein möchte. „Für mich ist das natürlich eine Ehre, dass ich bei den Verhandlungen dabei sein darf. Gleichzeitig ist unser Anspruch als VSSTÖ, eine kritische Stimme zu sein und darauf zu schauen, dass gute Sachen herauskommen.“ Ein offener Hochschulzugang und Beihilfen für Studierende seien die wichtigsten Anliegen, die sie durchbringen möchte.
Früher Demo, heute Regierungsbildung
Im Parlament zu verhandeln, ist für Amann durchaus „etwas nicht Alltägliches“. Da muss sie schmunzeln: „Bisher habe ich gegen Heinz Fassmann oder Martin Polaschek demonstriert. Jetzt sitze ich mit ihnen im Parlament an einem Tisch, das ist spannend.“ Amann war Teil der Schülerdemonstrationen zur Corona-Zeit, als es darum ging, die Leistungen vergangener Jahre in die Maturabenotung einfließen zu lassen. Auch als Studentin demonstrierte sie gegen Zugangsbeschränkungen zu Universitäten.
„Bisher habe ich gegen Heinz Fassmann oder Martin Polaschek demonstriert. Jetzt sitze ich mit ihnen im Parlament an einem Tisch.“
Miriam Amann
Auf die Verhandlungen habe das aber keinen Einfluss: „Bislang habe ich mich nicht so gefühlt, als würde man mich nicht ernst nehmen, obwohl ich nicht schon 40 Jahre in irgendeinem Sessel sitze. Es ist ein sehr professioneller Umgang da.“
Auf dem linken Flügel zu Hause
Wenn Miriam Amann gerade nicht die Universitätsbank drückt oder politisch aktiv ist, findet man die 24-Jährige oft auf dem Fußballplatz, denn sie spielt für die Wiener Viktoria – treffenderweise auf dem linken Flügel. „Das Spannende in Wien ist, es gibt hier mehr Frauenmannschaften als in Vorarlberg.“

Und welchem Verein drückt sie als Fan die Daumen? „Mir gefällt der FC St. Pauli. Ich finde es cool, dass sich der Verein politisch äußert und es schafft, Fußball und gesellschaftliche Ereignisse unter einen Hut zu bringen“, erzählt Miriam Amann.
Daneben verbringt sie gerne Zeit mit ihren Freunden oder in der Küche: „Kochen ist eine tolle Beschäftigung, man kommt weg vom Handy und kann ein bisschen abschalten.“ Ansonsten „schaut man einfach, dass man das politische Klima aushält“, lacht sie. „Aber mit Freundinnen und Freunden darüber sprechen und sich gegenseitig zu unterstützen, hilft schon sehr.“

Ob sie eines Tages zurück nach Vorarlberg kommen will? „Solange ich studiere, gibt mir Wien sehr viel, aber ich könnte mir gut vorstellen, nach Vorarlberg zurückzukehren, wenn ich ein bisschen älter bin“, erzählt sie. Bis dahin werden wir von der engagierten Koblacherin sicher noch viel hören.