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Der harte Weg zurück zur Normalität

01.08.2021 • 14:00 Uhr
Die „Post-Corona-Panik“ beschreibt ein Gefühl der Überforderung, welches uns bei dem rasanten Rückgang zur einstigen Normalität erschleicht. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Die „Post-Corona-Panik“ beschreibt ein Gefühl der Überforderung, welches uns bei dem rasanten Rückgang zur einstigen Normalität erschleicht. Shutterstock

Worauf es bei der Rückkehr in den Alltag ankommt, erklärt Bertram Strolz.

Es sind ungewohnte Bilder, die sich uns dieser Tage bieten. Ob nun auf dem Wochenmarkt oder auch in gut gefüllten Restaurants und Bars – wohin man auch blickt, finden sich wieder Menschengruppen zusammen. Umarmungen hier, Küsschen da, fast so, als hätte es die Pandemie niemals gegeben. Und das, obwohl diese noch gar nicht ausgestanden ist. Für einige steht nun nach eineinhalb Jahren des Homeoffices außerdem die Rückkehr ins Büro an. All das sind Eindrücke, die früher ganz normal waren. Der ganz normale Alltag eben. Und doch scheinen sie nun so ungewohnt, fast schon überfordernd.

Das „Post-Corona“-Phänomen

„Ein gewisses Gefühl der Überforderung ist völlig normal“, nimmt Bertram Strolz, Psychotherapeut und Leiter der Akademie für positive Psychologie, gleich zu Beginn vorweg. „Nach eineinhalb Jahren in einer Krise gewöhnen wir uns auch an diesen zuvor ungewohnten Zustand. Daran, von zu Hause aus zu arbeiten, daran, soziale Kontakte einzuschränken. All das, was uns am Anfang noch so fremd erschien, wird zur neuen Normalität“, erklärt der Experte. So kommt es, dass es uns wiederum eigenartig erscheint, wenn die neu angewöhnte Situation plötzlich wieder der alten Normalität weicht.

Überfüllte Clubs, ein freundlicher Handschlag oder auch der Gang zurück ins Büro – all das scheint nach der Pandemie nun sehr ungewohnt. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Überfüllte Clubs, ein freundlicher Handschlag oder auch der Gang zurück ins Büro – all das scheint nach der Pandemie nun sehr ungewohnt. Shutterstock

„Es ist, als hätte man sich lange in einem dunklen Raum aufgehalten und schreitet danach hinaus in grellen Sonnenschein. Man fühlt sich überwältigt und braucht eine gewisse Eingewöhnungszeit.“ Dadurch entsteht die sogenannte „Post-Corona-Panik“, das ungute Gefühl also, welches mit der Rückkehr zu dem mittlerweile so fern scheinenden Alltag vor der Pandemie mitschwingt.

Klienten-Erfahrungen

Ein Phänomen, das Strolz auch immer wieder bei seinen eigenen Klienten feststellt: „Gerade wenn es um große Menschenansammlungen geht, etwa volle Bars oder Veranstaltungsräume, löst dies schnell eine Art ‚Das-ist-mir-zu-viel‘-Gefühl aus.“ Dem Psychotherapeuten zufolge keine große Überraschung, immerhin glich die eigene Umgebung in Zeiten der Lockdowns einer Geisterstadt. „Läden waren geschlossen, die Straßen unheimlich leer. Keiner verließ das Haus, wenn es nicht dringend notwendig war.“

Bertram Strolz, Leiter der "Akademie für Positive Psychologie". <span class="copyright">www.akademie-pp.at</span>
Bertram Strolz, Leiter der "Akademie für Positive Psychologie". www.akademie-pp.at

Und dann kam urplötzlich der Wandel, eine wahre 180-Grad-Drehung, wie der Experte weiter ausführt: „Auf einmal brach – nach eineinhalb Jahren Pause – urplötzlich wieder das normale Leben über uns herein. Die Öffnungsschritte passierten vergleichsweise schnell.“ So käme es auch, dass der Umschwung zurück zur Normalität, den sich viele bereits lange Zeit herbeigesehnt hatten, doch zu plötzlich vonstatten ging. „Von der Lethargie zurück in die früher gewohnte Schnelllebigkeit der heutigen Zeit. Eine solch rasante Wendung kann einen schon mal etwas aus der Bahn werfen.“

Tipps bei Überforderung

Es wird deutlich, dass eine gewisse Überforderung völlig normal ist. Doch wie lässt es sich mit der „Post-Corona-Panik“ umgehen? „Behutsamkeit lautet das Stichwort“, ist der Psychotherapeut überzeugt. „Es gilt, langsam einen Schritt nach dem anderen anzugehen.“ Dabei spiele auch das Besinnen auf positive Erfahrungen eine bedeutende Rolle. Es gilt, bewusst schöne Emotionen zu erzeugen, durch das gezielte Heraufbeschwören glückseliger Momente und das bewusste Wahrnehmen dieser – sei es nun ein Spaziergang in der Natur oder auch das bloße Bewahren des eigenen Humors in dieser herausfordernden Zeit.

Wichtig ist es, sich bewusst zu machen, welche Menschen einem während der Pandemie Halt gegeben haben – und sich bei diesen weiterhin Unterstützung zu suchen. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Wichtig ist es, sich bewusst zu machen, welche Menschen einem während der Pandemie Halt gegeben haben – und sich bei diesen weiterhin Unterstützung zu suchen. Shutterstock

„Wichtig ist es außerdem, eine wertschätzende Rückschau auf die vergangenen Monate zu halten. Sich also immer wieder bewusst vor Augen zu führen, wie erfolgreich man die Krisensituation bislang bewältigt hat.“ Dabei ginge es jedoch nicht alleine darum, sich die eigene Stärke bewusst zu machen, sondern sich auch bewusst zu machen, welche Menschen einem während der Pandemie Halt gegeben haben – und sich bei diesen auch Unterstützung bei der herausfordernden Rückkehr zur Normalität zu holen. „Und im Zweifelsfall ist auch das Ergreifen professioneller Hilfe eine gute Option“, schließt Strolz.