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Diese Montafonerin möchte eine Konditorei eröffnen

15.07.2023 • 23:00 Uhr
Für die Gäste backt Johanna Fitsch täglich Kuchen. <span class="copyright">Hartinger</span>
Für die Gäste backt Johanna Fitsch täglich Kuchen. Hartinger

Johanna Fitsch ist Konditorin und möchte ein Geschäft in Gaschurn eröffnen. Das ist zu einer Seltenheit geworden.

Johanna Fitsch ist 24 Jahre alt. Sie liebt ihr Montafon über alles. „Das Innermontafon“, um ganz genau zu sein. Außerdem liebt sie ihren Job. Streng genommen, den Job, den sie gelernt hat – das ist nicht exakt derselbe, den sie gerade ausführt. Johanna ist gelernte Konditorin. Im Jänner steht ihre Meisterprüfung an. Ein Meilenstein für die junge Gaschurnerin. Auch wenn der Job fast jedem geläufig ist, verbreitet ist er nicht mehr. „In Vorarlberg kann man keine Vorbereitungskurse für die Meisterprüfung ablegen“, verrät sie. Für ihren Meister muss sie deshalb nach Innsbruck fahren. Und auch eine Konditorei zu finden, in der sie anfangen könnte, ist gar nicht so einfach. „Im Montafon gibt es kein bestehendes Unternehmen, wo ich mit dem Beruf einsteigen könnte“, bedauert sie.

Daher, um Praxis zu sammeln und sich weiterzubilden, arbeitet sie als Pâtissiere im Alpenhotel Montafon in Schruns. Für diesen Berufszweig gibt es keine spezielle Ausbildung. „Pâtissiere wird man einfach mit der Zeit.“ Das Handwerk sei zwar das gleiche wie bei Konditoren. „Während ich aber eigentlich riesige Hochzeitstorten mache, mache ich jetzt kleine Teller mit vielen winzigen Zutaten“, lacht Johanna. Sie stört das nicht. Sie hat das Pâtisiere-Sein lieben gelernt. Aber eigentlich schlägt ihr Herz immer noch für die großen Torten. „Das darf ich auch hier im Hotel ruhig offen zugeben“, lacht sie.

Weniger Betriebe in Vorarlberg

Im Montafon gibt es zwei Bäcker. Einer davon gehört zu einer großen Vorarlberger Kette, Mangold. Sie produzieren ihre Backwaren nicht im Montafon. Der andere Bäcker wird geführt vom Bäcker-Ehepaar Alexandra und Rene Lang aus dem Bregenzerwald. Sie haben den ehemaligen Traditionsbäcker „Walters Brotlädele“ übernommen und produzieren alle ihre Waren – auch die, die weiterhin in die bestehende Bäckerei nach Alberschwende geliefert werden – im Montafon. Keiner der angesiedelten Bäcker betreibt dabei eine Konditorei. „Die Nachfrage ist riesig. Ich habe auch schon Angebote bekommen, Ladenlokale zu übernehmen“, meint Johanna. Ihr Schritt in die Selbstständigkeit scheint also logisch. „Das finanzielle Risiko muss man einfach eingehen, wenn man den Job ausüben möchte, den man liebt“, meint die 24-Jährige und gibt dennoch zu, Respekt vor dem Schritt zu haben. Angst davor, dass der Laden nicht laufen könnte, hat sie aber nicht. „Die Leute wollen auch in Gaschurn mal einen Kaffee trinken gehen und gute Torten essen“, ist sie sich sicher.

Genaues Wiegen ist beim Backen besonders wichtig. <span class="copyright">Hartinger</span>
Genaues Wiegen ist beim Backen besonders wichtig. Hartinger

Viele Pensionierungen

Diese Vermutung bestätigt auch die Landesinnung für Lebensmittelgewerbe. Das Klientel, das einen Bäcker oder einen Konditor besucht, sei ein anderes als das, das im Supermarkt Backwaren kauft. Warum aber ist es so schwierig, Nachwuchs im Bäcker- und ­Konditoren-Handwerk zu finden? Und warum, wenn die Nachfrage nach heimischem Brot und Torten so groß ist, wird im Land kein Vorbereitungskurs für die Meisterprüfung angeboten? Der Bundesverband der Bäcker in in Österreich stellt fest, dass immer weniger junge Menschen eine Lehre zum Bäcker oder Konditor beginnen. Diesem Trend widerspricht Jennifer Grabher von der Landesinnung für Vorarlberg. Sie betont sehr deutlich, einen Einbruch wie in anderen Branchen habe es nicht gegeben. Grundsätzlich gebe es aber nur sehr wenige Lehrlinge in dieser Sparte. Das größere Problem sieht sie in der Demografie. Durch die vielen Pensionierungen wäre ein großer Bedarf für Nachwuchs da – der fehlt aber. Wird es deshalb bald keine Bäcker mehr geben? Das glaubt Grabher nicht. Die Bäckereikunden seien treue Kunden. „Außerdem ist der Bäcker in Österreich ein Kulturgut.“

Eine Herausforderung, der sich aber alle Inhaber stellen müssen, sind die stark angestiegenen Rohstoffpreise sowie die enormen Lohnkosten, die aus Tarifverträgen entstehen. Die Landesinnung und der Bundesverband sind sich daher einig, dass dieser Kostenanstieg junge Leute davon abhalten könnte, den Schritt in die ­Selbstständigkeit zu wagen. Vor allem, weil es für Bäcker, die in angestellten Positionen in ­Großbäckereien arbeiten, oft ­geregeltere ­Arbeitszeiten und bessere Löhne gibt. Für Johanna Fitsch ist das allerdings keine Option, denn sie möchte ihrer Heimat treu bleiben und lieber im kleinen Stil arbeiten. So kann sie die Torten anbieten, die sie gerne macht und vor allem gut kann.

In der Pattisserie wird viel verziert. <span class="copyright">Hartinger</span>
In der Pattisserie wird viel verziert. Hartinger

Übernahme von bestehenden Geschäften

Auch Walter Stüttler hat lange gesucht, bis er das Ehepaar Lang als seine Nachfolger gefunden hat. Niemand wollte den Laden übernehmen. „Die Problematik ist in den Talschaften sicher noch mal zugespitzter als in den eher städtischen Regionen“, meint Jennifer Grabher. Auch anderen Bäckern, die kurz vor der Rente stehen, geht es ähnlich, berichtet der Bundesverband für Bäcker. Die WKO bietet daher eine Nachfolgerbörse an, über die potenzielle Nachfolger und Pensionisten in Kontakt treten können. Zudem bietet die Gründungsberatung kostenlose Beratungsgespräche an, die die Hürde der Selbstständigkeit etwas kleiner werden lassen sollen.

Auch Johanna Fitsch hat sich damit schon beschäftigt und gefreut, wie gut die Unterstützung ist. Im Anschluss an ihre Meisterprüfung will sie deshalb durchstarten.