Wie die Auftragslage bei Liebherr in Nenzing ist

Kränkelnde Lieferketten sind beim Baumaschinen-Hersteller nach wie vor ein Thema.
Von Günther Bitschnau/wpa
Auch der international tätige Baumaschinen-Hersteller Liebherr-Werk Nenzing GmbH kann sich der nachlassenden Dynamik der Konjunktur nicht entziehen, wenngleich die Auswirkungen bislang einigermaßen moderat ausgefallen sind.
Zehn Prozent weniger Auftragseingänge
So liegt der heurige Auftragseingang per September 2023 zwar um etwa zehn Prozent unter dem Niveau von September 2022. Bei diesem Rückgang muss man allerdings beachten, dass das Liebherr-Werk Nenzing im Geschäftsjahr 2022 mit 580 Millionen Euro den höchsten jemals vorhandenen Auftragseingang in der Baumaschinen-Sparte in seiner Geschichte vorweisen konnte. “Natürlich sind auch wir aktuell bei neuen Aufträgen von Rückgängen betroffen und die Tendenz ist eher abnehmend. Allerdings liegen wir damit nach wie vor über dem Niveau des Geschäftsjahres 2021”, erklärte Pressesprecher Wolfgang Pfister im Gespräch. “Wir steuern jedenfalls beim Umsatz auf ein gutes Geschäftsjahr 2023 zu.”
Großangelegte Infrastrukturprojekte weniger anfällig für Krisen
Pfister begründet die Situation damit, dass die großen Seilbagger, Raupenkrane und Spezialtiefbohrgeräte von Liebherr in Nenzing in der Regel nicht im klassischen Wohnbau zum Einsatz kommen, sondern bei großangelegten Infrastrukturprojekten. “Diese sehr langfristig angesetzten Baustellen werden normalerweise nicht unterbrochen oder gestoppt, nur weil die Konjunktur zurückgeht. Dazu müsste es schon eine richtige Weltwirtschaftskrise geben.” Dazu komme, dass das Liebherr-Werk Nenzing konjunkturelle Dellen erfahrungsgemäß wenn überhaupt erst mit acht bis zehn Monaten Nachlaufzeit deutlicher zu spüren bekomme.

Eine tatsächliche Bilanz zur Entwicklung der Auftragslage könne man ohnehin erst zum Jahresende 2023 vorlegen, denn noch fehle fast ein ganzes Quartal. Auch für 2024 rechne man zum jetzigen Zeitpunkt mit einer leicht rückläufigen Tendenz bei neuen Aufträgen. “Wir hoffen aber, dass wir zumindest das Niveau von 2023 halten können”, so Pfister. Hier sei allerdings schon sehr viel “Glaskugel”-Prognose im Spiel. Denn angesichts zum Beispiel der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten könne man nicht wissen, welche Auswirkungen das langfristig auf das Liebherr-Werk Nenzing haben werde. “Gerade der Mittlere Osten war für uns bislang ein recht solider Absatzmarkt und das könnte schon Folgen zeigen.”
Nordamerikanischer Markt hat mit Europa gleichgezogen
Befragt nach der aktuellen Entwicklung einzelner Märkte sagte Pfister, dass der Heimmarkt EU/Europa derzeit jedenfalls Zeichen von Schwäche zeige. Das stehe im Gegensatz zu Nordamerika (USA/Kanada), das in den vergangenen Jahren eine massive Aufholjagd hingelegt habe, wenn es um die Bedeutung dieses Absatzmarktes für Liebherr Nenzing gehe. “Diese Region entwickelt sich derzeit sehr stark. Mittlerweile sind diese beiden Märkte für uns gleichwertig, sie befinden sich auf Augenhöhe.” Sollte die Entwicklung weiter anhalten, so werde Nordamerika dem bisher größten Absatzmarkt von Liebherr Nenzing den ersten Rang ablaufen.
Lieferketten noch immer nicht ganz im Takt
Die seit dem Frühjahr 2020 aufgrund der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen international aus dem Takt geratenen Lieferketten sind für Liebherr Nenzing übrigens nach wie vor ein Thema, wenn auch nicht mehr so stark wie früher. “Das wirkt bis jetzt nach und wird auch noch einige Zeit so bleiben”, sagt Pfister. Es sei teilweise erstaunlich, welche “banalen” Komponenten man mitunter nicht rechtzeitig geliefert bekomme und sich dadurch die Auslieferung eines Großgerätes verzögere.
Die Liebherr-Werk Nenzing GmbH beschäftigt in Nenzing rund 1.700 Mitarbeitende.