Ab heute bleiben die Felchen im See

Ab heute gilt die jährliche Schonzeit für Felchen im Bodensee. Die Fischart dürfte allerdings bis 2027 gänzlich von den heimischen Tellern verschwinden.
Heute tritt – wie seit vielen Jahren am 15. Oktober – die Schonzeit für Felchen in Kraft. Während sie andere Jahre bis 10. Jänner dauerte, wird es dieses Mal um einiges länger gehen. Im heurigen Juni wurde wie berichtet eine dreijährige Schonzeit mit Beginn 1. Jänner 2024 von der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) beschlossen, damit sich der Bestand erholen kann. Allerdings: Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es noch nicht.

Dieses Fangverbot bzw. die dreijährige Schonfrist muss nämlich in die jeweilige Landesgesetzgebung. In Vorarlberg liegt der Entwurf dafür derzeit bei den Juristen, informiert Nikolaus Schotzko, Fischereiexperte der Landesregierung und Leiter des Landesfischereizentrums. Nach deren Überarbeitung muss der Entwurf dann in die Begutachtung. Während dieser Frist können bekanntlich Stellungnahmen abgegeben werden.

Fristenlauf
Allerdings sollte dieses Begutachtungsverfahren bald starten, um den Fristenlauf zu schaffen, sodass das Verbot bzw. die dreijährige Schonfrist wirklich am 1. Jänner beginnen kann. Schotzko hofft, dass der dafür nötige Regierungsbeschluss Anfang Dezember vorliegt. Der Bodenseefischereikonferenz sei letztlich keine andere Möglichkeit als die mehrjährige „Pause“ geblieben, um die Fischart zu schonen, sagt der Experte. „Wenn der Nachwuchs nicht mehr da ist, muss man handeln.“
Fischfang am See
Die Situation der Bodenseefischerei gilt seit Jahren als schwierig. Bis 2015 wurden rund um den Obersee noch 400 bis 600 Tonnen an Speisefischen gefangen – zwei Drittel davon Felchen. Seither waren es durchschnittlich nur mehr 270 Tonnen. Im vergangenen Jahr belief sich der Fangertrag auf 153 Tonnen Fisch, davon 21,6 Tonnen in Vorarlberg. Dabei handelte es sich überwiegend um Barsche und Rotaugen. Felchen wurden 2022 überhaupt nur noch 21 Tonnen gefangen – ein Einbruch um über 80 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. 2021 waren es nämlich noch 107 Tonnen.
Neben dem „Stopp“ sollen auch eine Reihe von Maßnahmen gesetzt werden, um den Felchen, der jahrelang der Hauptfisch, der „Brotfisch“ am Bodensee war, zu schützen. Herangegangen wird dabei von verschiedenen Seiten, nachdem es mehrere Faktoren sind, die der Art in den vergangenen Jahren zugesetzt haben. Dazu zählen vor allem Stichling, Kormoran, Quaggamuschel und Nährstoffmangel.

Brut wird ,,vorgestreckt”
Eine der geplanten Maßnahmen ist ein gezielter Laichfischfang zur Gewinnung von Eimaterial, wobei die Brut in der Folge „vorgestreckt“ wird. Das heißt, der Nachwuchs wird bis zu einer Größe von 30 bis 35 Millimetern gezüchtet und damit „stichlingsfest“ gemacht. Zudem soll es eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Stichlingsbestands im freien Wasser geben, um dessen Anzahl zu reduzieren. Seitens der einzelnen Länder sollte laut Schotzko das Kormoran-Management weiter in Angriff genommen werden, wobei Vorarlberg diesbezüglich relativ weit fortgeschritten sei. Hierzulande dürfen Kormorane seit Jahren per jeweiliger Verordnung und unter strengen Auflagen geschossen und verjagt werden.

Was die Quaggamuschel, den Nährstoffmangel oder auch den Klimawandel betrifft, sind die Möglichkeiten der Einflussnahme indes kaum vorhanden. „Das liegt nicht in den Händen der Fischerei“, so Schotzko.

Alternativen gesucht
Allerdings wird auch nach Alternativen zum Felchen gesucht. Eine davon ist das Rotauge, das schon seit einigen Jahren verstärkt vermarktet wird. Schon rein quantitativ wird es den Felchen aber nicht ersetzen können. Die geringen Erträge beim Felchen sind aber kein neues Phänomen. In den 1960er-Jahren war es ein Nährstoffüberfluss, der die Bestände schwinden ließ, die sich in der Folge wieder erholten.
henschwemme“ dürfte es aber nicht mehr geben, ein halbwegs brauchbarer Ertrag könnte auch in Zukunft mit Hilfe der Maßnahmen möglich sein. „Die Quaggamuschel ist gekommen um zu bleiben“, sagt Schotzko – womit dem Felchen dieser Nahrungskonkurrent auf jeden Fall erhalten bleiben wird.

Umsetzung
Neben der Schonzeit muss auf jeden Fall auch an anderen Stellschrauben gedreht werden, sagt der Gaißauer Albert Bösch, Obmann der Vorarlberger Berufsfischer. Das Bekenntnis dazu gebe es, jetzt müssten die geplanten Maßnahmen auch umgesetzt werden. So fordert er unter anderem das „Vorstrecken“ in allen Brutanlagen am See, die für den Stichling vorgesehenen Maßnahmen zur Reduzierung zu realisieren und nicht nur zu planen und ein internationales Kormoran-Management, das alle Anrainerstaaten umfasst – da sich der Vogel ja nicht an Staatsgrenzen hält. „Das sind Dinge, die man angehen muss“, so Bösch. Noch ist seine Hoffnung groß, dass es dieses Mal auch passiert, damit auch die Vielfalt in der Landwirtschaft erhalten bleibt.

Dem Fischereiobmann ist es allerdings auch wichtig zu betonen, dass es nicht nur den Felchen im Bodensee gibt. Da sind neben dem Rotauge unter anderem auch noch Karpfen, Brachsen, Schleien – vergessene Fischarten, die zu Unrecht teilweise ein schlechtes Image haben. Bösch und seine Familie haben auch diese Fische schon seit rund zehn Jahren im Angebot. Seine Erfahrung: „Sie werden von der Kundschaft sehr geschätzt.“ Oft gehe es einfach nur darum, sie einmal zu probieren. Nicht umsonst spreche man von „vergessenen Bodenseeschätzen“.

Die Felchen werden trotz aller Maßnahmen nicht mehr in der Menge vorkommen, wie es der Fall war, ist auch Bösch überzeugt. Wenn man auch in Zukunft einen Teil des Fischbedarfs selber abdecken wolle, müsse man daher schon allein deswegen auf die Artenvielfalt setzen.