Misstrauensantrag in der Kies-Causa

Der Altacher Bürgermeister Markus Giesinger will erneut über die Kies-Vereinbarung mit Götzis abstimmen lassen. Bernhard Weber kritisiert dieses Vorgehen und bringt einen Misstrauensantrag gegen ihn ein.
Die unendliche Geschichte. Würde man ein Buch über die Altacher Kies-Causa schreiben, müsste man Michael Endes Romantitel plagiieren, denn er passt wie die Faust aufs Auge. Das jüngste Kapitel dieser unendlichen Geschichte ist allerdings ein sehr brisantes: Die Altacher Grünen, in Person von Gemeinderat Bernhard Weber, haben einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Markus Giesinger eingebracht. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Altacher SPÖ-Fraktionsobmann Heribert Hütter und Bernd Schnetzer, Listenmitglied der Altacher Volkspartei, wurde das Vorgehen des Bürgermeisters am Montagvormittag scharf kritisiert.
Geplatzte Einigung
Groß war die Überraschung, als die Bürgermeister von Altach und Götzis, Markus Giesinger und Manfred Böhmwalder (beide ÖVP) eine gemeinsame Kooperation zum Kiesabbau auf dem Götzner Grundstück auf Altacher Gemeindegebiet präsentierten. Während die Gemeindevertretung von Götzis am 27. November den Deal absegnete, stimmte der Altacher Gemeinderat mit 13 zu 14 Stimmen gegen die Vereinbarung. Neben den Mandataren der Grünen und der SPÖ hatten auch drei ÖVP-Gemeinderäte in Altach ein Veto gegen den Kies-Deal eingelegt.
Eine herbe Niederlage für Bürgermeister Markus Giesinger, der kurzerhand am vergangenen Freitag eine erneute Gemeinderatssitzung für Donnerstag einberief. „Wir gehen davon aus, dass noch einmal über jene Kooperationsvereinbarung abgestimmt wird, deren Bescheid in Götzis positiv ausgefallen ist. Der Punkt auf der Tagesordnung lautet gleich wie bei der Sitzung am 27. November“, sagte Bernhard Weber auf der Pressekonferenz. „Die Gemeindevertretung ist das oberste Organ im Dorf und beauftragt den Bürgermeister mit dem, was sie beschließt. Deshalb ist es sehr bedenklich, wenn man die Gemeindevertretung einfach so lange abstimmen lässt, bis das Ergebnis dem Bürgermeister passt“, führte Weber aus.

Misstrauensantrag
Deshalb bringt Bernhard Weber bei der Sitzung am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Markus Giesinger ein. Die nötigen Stimmen kommen von den Mandataren der Grünen, die genügend Sitze im Gemeinderat haben. Ein Drittel der Gemeinderäte muss den Antrag unterschreiben, zur Amtsenthebung des Bürgermeisters ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Grundsätzlich ist Giesingers Vorhaben nicht verboten. Da Gemeinderäte in der Regel ihren beruflichen und privaten Verpflichtungen nachgehen müssen, können sie nicht bei jeder Gemeinderatssitzung anwesend sein. In diesem Fall rückt das bei der Wahl nächstgereihte, verfügbare Ersatzmitglied für die Sitzung nach. Bei dem Vorgehen, das die Altacher Opposition vermutet, würde Giesinger darauf hoffen, dass anwesende Ersatzmitglieder anders abstimmen als jene Gemeinderäte, die am 27. November gegen die Kooperation mit Götzis stimmten. Wie man hört, laufen die Telefone im Hintergrund heiß, um die erwünschte Mehrheit am Donnerstag zu erreichen. Von den drei ursprünglichen Gegenstimmen innerhalb der Volkspartei wird dann wohl nur noch eine den Kies-Deal ablehnen.
Bernd Schnetzer von der Altacher Volkspartei ist ein solches Ersatzmitglied im Gemeinderat. Er stimmte gegen die Vereinbarung mit Götzis und verurteilt auf der Pressekonferenz das Vorgehen des Bürgermeisters: „Wenn etwas mehrheitlich abgestimmt ist, egal welche Seite dafür oder dagegen ist, muss ich mich darauf verlassen können, dass das eingehalten wird. Da frage ich mich, zählt meine Stimme auf einer Gemeinderatssitzung überhaupt noch? Durch ein solches Vorgehen wird die Demokratie ausgehebelt.“
Kritik am Aufteilungsschlüssel
Heribert Hütter, Fraktionsobmann der Altacher SPÖ, sieht das ähnlich. Ihn stören mehrere Punkte an der Kooperationsvereinbarung: „Der Aufteilungsschlüssel der Einnahmen aus dem Kiesabbau wurde zu Ungunsten der Gemeinde Altach ausgehandelt. In der jetzigen Vereinbarung gehen je 30 Prozent der Einnahmen nach Altach und nach Götzis, während 40 Prozent in einen Topf für Zukunftsprojekte fließen. Das Geld im Topf wandert wiederum zu zwei Dritteln nach Götzis.“ Angesprochen auf die Götzner Opposition, die sich ebenfalls durch die Aufteilung benachteiligt sieht, findet der Fraktionsobmann klare Worte: „Da kommt die Gier von gewissen Hardlinern ins Spiel, die noch mehr herausholen wollen.“
Weiters fehlt Hütter eine rechtliche Grundlage, die den Kooperationsvertrag absichert. „Viele Fragen sind noch offen. Zum Beispiel die Investitionen, die getätigt werden müssen, oder der Preis pro Kubikmeter für das Kies. Allem voran muss aber eine Lösung für den Schwerverkehr gefunden werden. Wir erteilen keinen Blankoscheck, der nicht gedeckt ist!“

Verkehrskonzept fraglich
Die Verkehrslösung ist auch für Bernhard Weber eine drängende Frage. Nach aktuellem Stand soll der Lkw-Verkehr durch das Ried geleitet werden. Zentral wäre dafür ein Ausbau der Fahrradstraße „Kratten“. Der Begriff „Straße“ ist bei aktuellem Stand gewagt, auf dem Kiesweg kommen bei jetzigem Ausbau nicht einmal zwei Autos problemlos aneinander vorbei. „Zu Spitzenzeiten werden hier 300 Lkws ausschließlich für Kies und Deponie entlangfahren, dazu noch 50 bis 100 Fahrbewegungen ins Betriebsgebiet Sand, Große Wies und Bofel. Das macht ein Verkehrsaufkommen von 400 Lkws an Spitzentagen auf Routen, die jetzt noch Spazierwege und Fahrradstraßen sind“, rechnet Bernhard Weber vor. Auch Bernd Schnetzer äußert Bedenken: „Wir sind die am dichtesten besiedelte Gemeinde in Vorarlberg, wir haben nur das Ried als Naherholungsgebiet. Das gilt es zu schützen.“
Große Aussichten auf Erfolg wird der Misstrauensantrag von Bernhard Weber wohl nicht haben. Schließlich hat die Volkspartei immer noch eine absolute Mehrheit im Altacher Gemeinderat und nur weil einige Funktionäre gegen den Kiesbeschluss stimmten, heißt das nicht, dass sie die Amtsenthebung des Bürgermeisters mittragen. Aber in der unendlichen Geschichte um das Kies wäre eine überraschende Wendung keine Neuheit.