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Wo eine Landesstraße für eine Betriebserweiterung verlegt wird

26.04.2024 • 08:07 Uhr
Wo eine Landesstraße für eine Betriebserweiterung verlegt wird
In Nenzing wird die L190 verlegt, damit Recyclingunternehmen erweitern kann. hartinger

Nenzinger Recycling Firma „Kessler bewegt‘s“ plant großen Ausbau. Dafür muss Auwald weichen und eine Landesstraße umgelegt werden.


Die Erweiterungspläne des Nenzinger Unternehmens haben nicht zuletzt wegen der dafür notwendigen Rodungen in der Landesgrünzone jahrelang für hitzige Debatten gesorgt, auch die Vorverfahren haben lange gedauert. Doch nun ist es soweit. Das Unternehmen hat bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz um die Genehmigung einer Betriebserweiterung im Ausmaß von 1,7 Hektar angesucht.

Dabei geht es unter anderem um die Erweiterung der Recyclinganlage, zusätzliche Büro-, Lager- und sogenannte Manipulationsflächen sowie den Bau eines Anschlussgleises für die An- und Abfuhr von Material. Vorbehaltlich der Genehmigung soll der Startschuss für die Erweiterung noch in diesem Jahr fallen.

Christian Kessler
Geschäftsführer Christian Kessler hat große Pläne. Hartinger

Zu wenig Platz

Geschäftsführer Christian Kessler strebt eine Fertigstellung im Herbst 2025 an. Auf dem derzeit 1,3 Hektar großen Gelände herrsche akuter Platzmangel, weshalb eine Erweiterung unumgänglich sei. Als Herzstück bezeichnet Kessler die so genannte Mischanlage, mit der das Unternehmen künftig Zuschlagstoffe für hochwertigen und ressourcenschonenden Recyclingbeton herstellen will.
Vor rund drei Jahren hatte Kessler die Gesamtkosten des Projekts mit rund 15 Millionen Euro beziffert. Ob es angesichts der allgemeinen Kostensteigerungen bei dieser Summe bleibt, ließ der Geschäftsführer auf Nachfrage offen.

Wo eine Landesstraße für eine Betriebserweiterung verlegt wird

Straßenumlegung bereits bewilligt

Die für die Erweiterung notwendige Verlegung der Landesstraße L190 (siehe Grafik), ist – mit einigen Auflagen – bereits genehmigt. Seit Februar sind die Bagger mit den Vorarbeiten beschäftigt. Auch die Ausschreibung für die Straßen- und Brückenbauarbeiten läuft bereits, die Angebotsfrist endete am gestrigen Donnerstag. Bereits im Dezember dieses Jahres soll der neue Straßenabschnitt für den Verkehr freigegeben werden.

Die L190 wird auf einer Länge von 500 Metern nach Süden in Richtung Galinawald verlegt. Dafür müssen Auwaldflächen weichen. Laut Bewilligungsbescheid der BH Bludenz werden knapp 8000 Quadratmeter Waldfläche dauerhaft und 4700 Quadratmeter vorübergehend gerodet. Die Kosten für die Straßenumlegung hat ebenfalls das Recyclingunternehmen zu tragen.

Drohne
Die Straßenumlegung ist bereits genehmigt und ausgeschrieben, dei Angebotsfrist endete gestern. Hartinger

Das sagen die Gutachter

Die Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz sieht sowohl die Straßenverlegung als auch die Betriebserweiterung kritisch. Sie befürchtet einen „erheblichen Lebensraumverlust, eine Schwächung der Tiergemeinschaften und eine nachhaltige Verschlechterung der Lebensraumqualität“. Die Begleit- und Ausgleichsmaßnahmen bezeichnet der Amtssachverständige jedoch als „hochwertig und fachlich sinnvoll“.

Kritische Worte findet auch der Sachverständige für Raumplanung, Landschaftsschutz und Baugestaltung. Seiner Einschätzung nach wird sich das Vorhaben negativ auf das Landschaftsbild auswirken.

Die Naturschutzanwältin kritisiert, dass die Betriebserweiterung und die Straßenumlegung als getrennte Vorhaben behandelt werden. Dies erschwere eine genaue Zuordnung der ökologischen Auswirkungen und der Zuständigkeiten für die Ausgleichsmaßnahmen. Ein Ausgleich der verloren gegangenen Waldflächen sei nur teilweise möglich.

Wo eine Landesstraße für eine Betriebserweiterung verlegt wird
Für dei Erweiterung muss mehr als ein Hektar Wald weichen, allerdings gibt es auch Ausgleichsmaßnahmen. Hartinger

Vorteile fürs Gemeinwohl

Wie die BH Bludenz schließlich ausführt, sind die mit dem Vorhaben verbundenen Vorteile für das Gemeinwohl höher zu gewichten als die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft. Dazu zählt die Behörde unter anderem die Sicherung von Arbeitsplätzen, den schonenden Umgang mit Ressourcen und die Entlastung der L190 durch die neue Betriebszufahrt.