Bürgermeister verzweifelt gesucht

In Röns droht eine politische Hängepartie: Bislang fehlt ein Bürgermeisterkandidat. Amtsinhaber Michael Ammann warnt vor weitreichenden Konsequenzen und ruft die Bevölkerung zusammen.
Die flächenmäßig kleinste Gemeinde Vorarlbergs hat ein großes Problem. Die Wahlen stehen unmittelbar vor der Tür, aber im 380-Seelen-Dorf will offenbar niemand Bürgermeister werden. Der amtierende Ortschef Michael Ammann (58), der „aus persönlichen Gründen“ nicht mehr kandidieren wird, hat angesichts dieser Situation einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung gerichtet und zeichnet ein düsteres Szenario.

Gemeindefusion?
In einem Brief, das an alle Haushalte ging, warnt er davor, dass die Zukunft der Gemeinde auf dem Spiel stehe: „Mit dem Erfolg oder Misserfolg der Kandidatensuche für das Bürgermeisteramt stellen wir nämlich die Weichen für den Bestand und die Zukunft unserer Gemeinde. Das betrifft uns alle!“ Sollte sich niemand für das Amt finden, drohe nicht nur die Auflösung der neu gewählten Gemeindevertretung und eine Neuwahl, sondern im schlimmsten Fall sogar das Ende der Eigenständigkeit. „Wir könnten gezwungen sein, (…) mit einer anderen Gemeinde zu fusionieren. Das wäre ein einschneidender Verlust für uns alle“, schreibt Ammann

Das sagt der Rechtsexperte
Ganz so dramatisch sei die Situation jedoch nicht, sagt Peter Bußjäger, Experte für Verwaltungsrecht. Ammanns Aussage sei „etwas verkürzt dargestellt, aber im Ergebnis richtig“. Tatsächlich sehe das Gesetz mehrere Schritte vor, bevor es zu einer Fusion mit einer anderen Gemeinde kommen könnte. „Wenn sich kein Bürgermeisterkandidat findet, dann hat die Gemeindevertretung den Bürgermeister zu wählen.“ Sollte sich innerhalb angemessener Frist dennoch niemand finden, müsse die Aufsichtsbehörde die Gemeindevertretung auflösen und eine Neuwahl ansetzen. In der Zwischenzeit werde ein Amtsverwalter bestellt. „Das geht so lange, bis ein neuer Bürgermeister gefunden wird. Dass dies keine Aussicht für die Eigenständigkeit der Gemeinde ist, ist klar“, so Bußjäger.

Dabei mangelt es in Röns nicht grundsätzlich an kommunalpolitischem Engagement. Im Gegensatz zum Bürgermeisteramt fanden sich genügend Kandidatinnen und Kandidaten für eine Einheitsliste, sodass die Handlungsfähigkeit der Gemeindevertretung gewährleistet ist. Doch ohne eine Person an der Spitze bleibt die zentrale Führungsrolle unbesetzt – und genau das bringt die kleine Gemeinde in eine prekäre Lage.
Informationsabend
Um eine Lösung zu finden, lädt die Gemeinde Röns am kommenden Montag zu einer Informationsveranstaltung ein. Dabei sollen rechtliche Fragen geklärt und mögliche Kandidaten eingebunden werden. Auch die Bevölkerung ist aufgerufen, Vorschläge einzubringen. „Jede Idee zählt. Ihr Beitrag ist wichtiger denn je!“, heißt es in dem Appell.
Kein Einzelfall
Ammann ist erst seit 2019 im Amt. Er folgte auf Anton Gohm, der mit fast 32 Jahren Amtszeit zu den dienstältesten Bürgermeistern Österreichs zählte. Eine Stellungnahme gab Ammann auf Anfrage nicht ab. Er wolle zunächst die Veranstaltung abwarten.
Dass es für Gemeinden immer schwieriger wird, politisches Personal zu finden, ist ein wachsendes Problem. Die Anforderungen an das Amt des Bürgermeisters steigen, die Verantwortung ist groß, die Bezahlung hingegen bleibt überschaubar. Vor allem in Gemeinden mit wenigen Einwohnern, wo die organisatorische Last auf wenige Schultern verteilt ist, wächst die Sorge um die Zukunft der kommunalen Selbstbestimmung. Auch in Gramais im Tiroler Lechtal, der kleinsten Gemeinde Österreichs, stand die Eigenständigkeit zuletzt auf der Kippe.