Agrargemeinschaften machen nun gemeinsame Sache

NEUE
30 Vorarlberger Agrargemeinschaften bündeln ihre Kräfte. Ziel ist es, ihre Leistungen stärker in den Fokus zu rücken und Bewusstsein zu schaffen – der Rechtsstreit in Feldkirch sei nicht der Grund.
Das Thema Agrargemeinschaften war in den vergangenen Jahren vor allem aufgrund des nach wie vor laufenden Feststellungsverfahrens, das von der Stadt Feldkirch ins Rollen gebracht wurde, präsent. Im Kern geht es darum, wem bestimmte Grundstücke gehören und wer Anspruch auf die daraus erzielten Einnahmen hat. Als Auslöser für den Rechtsstreit gilt ein umstrittener Wasserdeal im Jahr 2019. Die Stadt, also der Steuerzahler in Feldkirch, musste damals mehr als fünf Millionen Euro als Entschädigung für Bewirtschaftungseinschränkungen an die Agrargemeinschaft Altenstadt zahlen, um auf deren Grund einen Brunnen schlagen zu können. Darüber hinaus stellte der Verfassungsgerichtshof in ähnlich gelagerten Fällen mehrfach fest, dass die Gemeinden de facto entschädigungslos enteignet wurden – ein rechtliches Damoklesschwert, das über sämtlichen Agrargemeinschaften schwebt und sie nun gespannt auf den Ausgang des Feststellungsverfahrens im Fall Feldkirch blicken lässt.
Unter einem Dach
Um ihre Leistungen sichtbarer zu machen und die Zusammenarbeit zu stärken, wollen die 30 Vorarlberger Agrargemeinschaften, die aus Gemeindegut hervorgegangen sind, künftig mit einer Stimme sprechen. Dabei wird betont, dass der Rechtsstreit in Feldkirch nicht der ausschlaggebende Anlass für den Zusammenschluss war, sondern dieser unabhängig davon initiiert wurde. Der Zusammenschluss der 30 Agrargemeinschaften mit ihren rund 6000 Mitgliedern befindet sich derzeit noch in einer losen Struktur, die künftige Rechtsform ist jedenfalls noch offen.
„Es herrscht wenig Bewusstsein darüber, was Agrargemeinschaften eigentlich leisten. Mit der neuen Organisation wollen wir das ändern und die Menschen besser informieren“, erklärt Mathias Wirbel, Obmann der Agrargemeinschaft Innerbraz, die etwa 8,6 Quadratkilometer Fläche bewirtschaftet beziehungsweise verwaltet.

Regionale Wirtschaft
Weitaus größer sind die Besitztümer der Agrargemeinschaft Nenzing, der 80 Quadratkilometer Wald und Wiesen gehören und die damit die flächenmäßig größte Agrargemeinschaft des Landes ist. Obmann Johannes Maier weist darauf hin, dass die Agrargemeinschaften nicht „nur“ Wälder und Alpen pflegen, sondern auch die regionale Wirtschaft unterstützen. Ein Beispiel dafür sei die Bereitstellung von Hackschnitzeln, die als regionaler Brennstoff zur nachhaltigen Wärmeversorgung genutzt werden. Auch der Tourismus und die Bevölkerung würden von der Arbeit der Agrargemeinschaften profitieren. „Eine intakte Landschaft entsteht nicht von selbst – sie erfordert kontinuierliche Pflege und nachhaltige Bewirtschaftung. Durch unsere Arbeit tragen wir auch maßgeblich zur hohen Lebensqualität in Vorarlberg bei“, sagt der Obmann der Agrargemeinschaft Nenzing, die – anders als in Feldkirch – der Gemeinde jährlich einen Teil jener Erlöse auszahlt, die nicht aus der Land- und Forstwirtschaft stammen
Einnahmen
Besonders die größeren Agrargemeinschaften, wie jene in Nenzing, Altenstadt, Bürs und Rankweil, verfügen nicht nur über ausgedehnte Waldflächen, sondern auch über bedeutende Baugrundstücke. Auf diesen befinden sich unter anderem große Firmenstandorte wie jene von Liebherr oder Hydro sowie große Einkaufszentren, Steinbrüche und Kiesgruben. Die Einnahmen aus diesen Nutzungen sind laut den Verantwortlichen essenziell für die finanzielle Stabilität der Agrargemeinschaften. „Diese Einnahmen sind entscheidend, um unsere Aufgaben erfüllen zu können. Wir müssen kontinuierlich in die Infrastruktur investieren, etwa in Wege, Alphütten oder die Erhaltung unserer Wälder und Landschaften“, erklärt Maier.
Die Bewirtschaftung verfolge stets einen langfristigen Ansatz, sagt Birgitt Ehe, Obfrau der kleinen Agrargemeinschaft Röns. Als Beispiel führt sie Aufforstungsprojekte an, die sich von reinen Fichten- und Tannenwäldern abwenden und stattdessen auf größere Biodiversität setzen.