Deponieprojekt im Tisner Ried sorgt für Aufregung

Mitten in einem Naherholungsgebiet sollen in den nächsten zehn Jahren zehntausende Kubikmeter Bodenaushub abgelagert werden. Anrainer und die Stadt Feldkirch als Standortgemeinde sehen das Projekt kritisch, doch die rechtlichen Möglichkeiten sind sehr begrenzt.
Das Tisner und Tostner Ried war in den vergangenen Jahrhunderten einem ständigen Wandel unterworfen. Wo heute landwirtschaftlich genutzte Wiesen das Landschaftsbild prägen, erstreckte sich einst der Egelsee, ein Überbleibsel der letzten Eiszeit. Im 19. Jahrhundert trockengelegt, wandelte sich das Gebiet erst in eine Moorlandschaft, dann in intensiv bewirtschaftete Flächen, bis zuletzt mit der Renaturierung des Egelsees in den 2010er-Jahren wieder ökologische Aspekte stärker berücksichtigt wurden. Nun aber sorgt die geplante Errichtung einer sogenannten Abfallbehandlungsanlage inmitten des Naherholungsgebietes für Beunruhigung.
43.100 Kubikmeter Bodenaushub
Wie Recherchen der NEUE ergeben haben, plant die Hager Bau GmbH aus Schoppernau im Tisner Ried nahe dem Geflügelhof Feldkirch (früher Gallaun) eine knapp 28.000 Quadratmeter große Bodenaushubdeponie. Über einen Zeitraum von zehn Jahren sollen hier rund 43.100 Kubikmeter „nicht kontaminiertes Material“ abgelagert werden. Bevor die Deponierung beginnt, wird laut den Einreichunterlagen zunächst eine Bodenschicht von einem halben Meter abgetragen. Anschließend soll das Gelände bis zu eineinhalb Meter aufgeschüttet werden – Maßnahmen, die das Landschaftsbild zumindest vorübergehend erheblich verändern könnten. Laut den technischen Unterlagen, die der NEUE vorliegen, sind bis zu 60 Lkw-Fuhren pro Tag möglich – zumindest an zehn Tagen im Jahr. Da jede Anlieferung auch eine Rückfahrt beinhaltet, wären das insgesamt 120 Fahrten pro Tag. Im Regelbetrieb sind maximal 20 Fuhren, sprich 40 Fahrten täglich vorgesehen. Laut den Projektunterlagen sollen hährlich maximal 5000 Kubikmeter Bodenaushub eingelagert werden.
Soweit bekannt ist, soll die Zu- und Abfahrt über die Egelseestraße bzw. Hubstraße sowie über die Werdenbergstraße erfolgen. Das Aushubmaterial wird dem Vernehmen nach ausschließlich von eigenen Baustellen der Hager Bau GmbH aus dem Raum Feldkirch kommen. Dazu zählen auch Baustellen im Stadtteil Tosters – etwa im neuen Quartier am Kapellenweg, wobei das Ortszentrum hier nicht vom Lkw-Verkehr betroffen wäre.

Betreiber hält sich bedeckt
Das betreffende Grundstück, insgesamt ist es 54.500 Quadratmeter groß, wurde erst im Jahr 2023 von einem Landwirt aus Tisis gekauft, der übrigens auf der Liste der FPÖ Feldkirch zu finden ist. Neben dem Deponieprojekt ist auch ein Gebäude geplant. Dem Vernehmen handelt es sich um einen Pferdestall und eine Maschinenhalle – beides steht in Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Grundstücksbesitzers
Die Hager Bau GmbH will sich unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht zum Projekt äußern. „Wir möchten weder der BH Feldkirch als zuständige Behörde noch den Amtssachverständigen vorgreifen“, sagt Geschäftsführer Wilhelm Hager auf Anfrage.
Vereinfachtes Verfahren
Die Bewilligung wird – so sieht es das Abfallwirtschaftsgesetz bei Projekten dieser Größe vor – im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens abgewickelt. Das bedeutet, dass weder die Stadt Feldkirch als Standortgemeinde noch die Anrainer (auch die Stadt ist Grundstücksnachbar) eine volle Parteistellung haben. Sie können lediglich während der Auflagefrist Einsicht in die Planungsunterlagen nehmen und eine Stellungnahme abgeben, auf die die Behörde Bedacht nehmen muss. Entscheidenden Einfluss haben neben dem Antragsteller nur die Umweltanwaltschaft, das Verkehrs-Arbeitsinspektorat und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan. Die Stellungnahmen stehen teilweise noch aus.

Kein geschützter Sonderstandort nach Naturschutzgesetz
Aus naturschutzrechtlicher Sicht dürfte es kaum Gründe für eine Ablehnung des Projekts geben. Nach Informationen der NEUE handelt es sich nicht um einen geschützten Sonderstandort nach dem Naturschutzgesetz. Das Grundstück wird derzeit als intensiv bewirtschaftete Fettwiese genutzt. Auch der Umstand, dass das geplante Abbaugebiet in der Landesgrünzone liegt, wird dem Projekt keinen Abbruch tun. Da keine Bauwerke errichtet werden und das Gebiet nach Abschluss der Deponienutzung wieder rekultiviert werden soll, bleibt es formal Gründland.
Auch die landschaftliche Veränderung wird als temporär eingeschätzt. Während der Betriebszeit wird sich das Erscheinungsbild zwar deutlich wandeln, doch nach einer fachgerechten Rekultivierung dürfte das Gebiet für Laien kaum noch als ehemalige Deponie erkennbar sein, heißt es aus gut informierten Kreisen.

Rauch: “Standort denkbar ungünstig”
Trotz der rechtlichen Hürden formiert sich bereits Widerstand in der Bevölkerung, insbesondere im Stadtteil Tosters. Kritiker, die derzeit noch anonym bleiben möchten, befürchten eine massive Verkehrsbelastung und negative Auswirkungen auf die Lebensqualität.
Auch in der Lokalpolitik gibt es erste kritische Stimmen. So positionieren sich etwa die Feldkircher Grünen klar gegen das Deponieprojekt im Ried: „Der Standort mitten im Naherholungsgebiet ist denkbar ungünstig. Dass hier über zehn Jahre bis zu 60 Fuhren pro Tag per Lkw angeliefert werden sollen, ist für mich nicht vorstellbar. Das ist weder für das Naherholungsgebiet noch für die lokale Bevölkerung tragbar“, sagt Umweltstadtrat Clemens Rauch auf Anfrage.
Auch Stadtverwaltung sieht Vorhaben kritisch
Von der Presseabteilung im Amt der Stadt Feldkirch heißt es, dass man dem Vorhaben „grundsätzlich kritisch“ gegenüberstehe. Es gelte jetzt, die Gutachten der Sachverständigen abzuwarten, allenfalls werde man auch negativ dazu Stellung nehmen.
Die mündliche Verhandlung findet laut einer Kundmachung des Landes in der kommenden Woche am 6. März statt. Nachbarn und Parteien im Verfahren können bis 3. Juni Stellung nehmen.