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Tiroler Gemeinde siegt in Agrar-Streit: Rückenwind für Feldkirch?

14.03.2025 • 09:10 Uhr
Tiroler Gemeinde siegt in Agrar-Streit: Rückenwind für Feldkirch?
Bei den Paspelsseen möchte die Agrargemeinschaft in großem Stil Kies abbauen. Bekommt die Stadt Feldkirch vor Gericht Recht, wäre sie auch an diesen Erlösen beteiligt.Hartinger

Etappensieg in Zams könnte der Stadt Feldkirch Hoffnung machen. Dort wird seit 2023 um Millionenwerte gestritten, doch die zuständige Behörde lässt sich Zeit.


Die Tiroler Agrarbehörde hat in einem viel beachteten Bescheid entschieden, dass die Agrargemeinschaft Zams eine Gemeindegutsagrargemeinschaft ist. Damit steht nun zumindest erstinstanzlich fest, dass die seinerzeitige Grundübertragung an die Agrargemeinschaft keine gesetzeskonforme Hauptteilung war und die Gemeinde Zams weiterhin Anspruch auf den Substanzwert des betroffenen Gemeindeguts hat. Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben – insbesondere für das noch laufende, von der Stadt Feldkirch in Gang gesetzte Verfahren in Vorarlberg, bei dem es um die Agrargemeinschaften Altenstadt, Tisis und Tosters geht.

Juristen, die sich mit der Thematik intensiv befassen, sehen deutliche Parallelen zwischen dem Fall Zams und dem anhängigen Verfahren in Feldkirch. In beiden Fällen geht es um Agrargemeinschaften, die sich auf frühere Grundaufteilungen berufen, während die Gemeinden argumentieren, dass keine ordnungsgemäße Hauptteilung stattgefunden hat.

Grundstücke wurden nicht bewertet

Im Fall Zams entschied die Behörde, dass wesentliche Verfahrensschritte einer Hauptteilung fehlten. So sei beispielsweise keine Bewertung der Grundflächen und Nutzungsrechte erfolgt. Genau dieser Punkt spielt auch in Feldkirch eine zentrale Rolle. So argumentiert auch die Stadt Feldkirch, dass im Regulierungsverfahren keine ordnungsgemäße Vermögensbewertung der agargemeinschaftlichen und städtischen Grundstücke stattgefunden habe.
Ein markanter Unterschied zeigt sich jedoch bei der Dauer des Verfahrens. Während die Tiroler Agrarbehörde in etwas mehr als einem halben Jahr eine erstinstanzliche Entscheidung fällte, läuft das Verfahren in Vorarlberg seit knapp zwei Jahren – ohne absehbares Ende.

Wolfgang Burtscher
Wolfgang Burtscher, Vorstand der Abteilung Landwirtschaft und ländlicher Raum im Amt der Vorarlberger Landesregierung. Land Vorarlberg

Verfahren läuft seit knapp zwei Jahren

In einem NEUE-Bericht vom Juli 2024 verwies die zuständige Abteilung Landwirtschaft und ländlicher Raum auf verzögerte Stellungnahmen und die Komplexität des Falles. Doch aus Sicht von Kritikern fehlt es vor allem an Tempo. Der Fall Zams zeige, dass eine raschere Entscheidungsfindung durchaus möglich wäre, sagen Kritiker.
Auch am Donnerstag blieb der Abteilungsvorstand Wolfgang Burtscher zur Frage, wann in der Vorarlberger Agrar-Causa entschieden werde, vage: „Der Zeitpunkt der Bescheiderlassung kann derzeit noch nicht genannt werden.

„Keine rechtliche Bedeutung“.

Eine „(unmittelbare) rechtliche Bedeutung“ des Zams-Bescheids für das Verfahren in Feldkirch sieht Burtscher nicht. Die einschlägige höchstgerichtliche Rechtsprechung – insbesondere nach dem Mieders-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs – werde genau verfolgt, betont er. Allerdings handle es sich bei der aktuellen Entscheidung in Tirol um einen erstinstanzlichen Bescheid nach dem Tiroler Flurverfassungsgesetz.
Im Rathaus Feldkirch war am Donnerstag trotz mehrfacher Nachfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Bürgermeister Manfred Rädler (ÖVP) sagte zunächst eine Antwort zu, ließ diese jedoch letztlich ausbleiben.

Tiroler Gemeinde siegt in Agrar-Streit: Rückenwind für Feldkirch?
Manfred Rädler gab am Donnerdstag auf Anfrage keine Stellungnahme ab. Steurer

Keine Parallelen zwischen den Fällen sieht naturgemäß die Agrargemeinschaft Altenstadt. Obmann Robert Ess führt auf Anfrage ins Treffen, dass die Grundstücke der Agrargemeinschaft Altenstadt niemals im Eigentum der Stadt Feldkirch standen, sondern schon immer den „Bürgern“ von Altenstadt gehört haben. „Die Agrargemeinschaft ist grundbücherliche Eigentümerin. Das Grundbuch besitzt öffentlichen Glauben und Eigentumsrechte sind verfassungsrechtlich geschützt“, berichtet Ess.
Der Umstand, dass die Eintragung ins Grundbuch erst im Jahr 1960 erfolgt sei, habe organisatorische und historische Gründe wie die Kriegswirren des Zweiten Weltkriegs und die erst 1951 im Vorarlberger Landtag beschlossene Flurverfassungsgesetzgebung.

Alexander Ess (Agrar Altenstadt) und Alexander Stroppa (Hilti & Jehle)
Robert Ess, Obmann der Agrargemeinschaft Altenstadt. NEUE/Stadler

Was will die Stadt?

Die Rechtsabteilung des Amtes der Stadt Feldkirch argumentiert in ihrem Feststellungsantrag hingegen, dass keine echte Hauptteilung erfolgt sei und ihr unter anderem die Erträge aus der Substanz der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, wie etwa aus dem Schotterabbau oder Pachteinnahmen, zustehen. Es geht um sehr viel Vermögen: Die Stadt Feldkirch fordert unter anderem einen Anteil an den Überschüssen der Agrargemeinschaft Altenstadt, sämtliche Rücklagen, 1,7 Millionen Euro plus Zinsen sowie sieben Grundstücke. Konkretes Beispiel: Es soll etwa eine Zahlung von 1,56 Millionen Euro rückabgewickelt werden, die die Stadt Anfang der 2010er-Jahre an die Agrargemeinschaft Altenstadt für die Errichtung des Platzes IV im Waldstadion im Stadtteil Gisingen geleistet hat. Bei diesem Betrag handelte es sich um einen Wertausgleich, da das getauschte Grundstück in Göfis weniger wert war als jenes in Gisingen. Die Stadtgemeinde beansprucht auch das Tauschgrundstück im Ausmaß von rund fünf Hektar. Bei den Agrargemeinschaften Tisis und Tosters will die Stadt ebenfalls auf Rücklagen zurückgreifen.

Siegbert Morscher
Siegbert Morscher, der bereits zwei Agrargutachten für die Stadt Feldkirch erstellte, war Richter des Verfassungsgerichsthofs. APA

Gutachten

Die Forderungen stützen sich auf ein Gutachten des emeritierten Universitätsprofessors und ehemaligen Richters am Verfassungsgerichtshof, Siegbert Morscher (die NEUE berichtete). Der in Bludenz geborene Jurist hat bereits Ende der 1970er-Jahre ein Gutachten für die Stadt Feldkirch erstellt. Auch damals ging es um die Agrargemeinschaft Altenstadt. Das Gutachten mündete schließlich in eine Klage, aufgrund derer 1982 ­Grundübertragungen an Agrargemeinschaften für verfassungswidrig erklärt wurden. Diese Entscheidung hatte jedoch in der Praxis kaum Konsequenzen.

Unendliche Geschichte?

Obwohl die Tiroler Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und von der Agrargemeinschaft Zams angefochten werden kann, zeigt sie eine klare juristische Tendenz: Hauptteilungen, die nicht alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen, werden nicht anerkannt. Sollte sich diese Linie auch in Vorarlberg durchsetzen, würde das die Position der Stadt Feldkirch erheblich stärken. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die hiesigen Behörden dem Tiroler Beispiel bald folgen oder die Causa um die Agrargemeinschaften hier zur unendlichen Geschichte wird.