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Mehr Material, längere Betriebszeiten, Bahn: Grünes Licht für Kessler-Erweiterung

09.04.2025 • 11:26 Uhr
Mehr Material, längere Betriebszeiten, Bahn: Grünes Licht für Kessler-Erweiterung

Geplanter Ausbau des Recyclingbetriebs in Nenzing nun offiziell genehmigt. BH Bludenz stimmte dem Vorhaben zu – trotz teils großer Eingriffe in Natur und Landschaft.


Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz hat die Betriebserweiterung der Firma Kessler in Nenzing genehmigt. Der Firmenstandort soll auf 1,7 Hektar ausgebaut werden – mit neuen Büro-, Lager- und Verkehrsflächen, zusätzlichen Recyclinganlagen und einem eigenen Anschlussgleis an die Bahn. Die Vorarbeiten laufen bereits seit mehr als einem Jahr. Neben umfangreichen Rodungen musste die Landesstraße auf einer Länge von einem halben Kilometer umgelegt werden. Die Straßenarbeiten sollen in etwa eineinhalb Monaten abgeschlossen sein.
Geschäftsführer Christian Kessler zeigt sich auf Anfrage erfreut, dass die Sache nun in trockenen Tüchern ist: „Alles in allem hat das jetzt fünf Jahre gedauert.“ Die zusätzlichen Flächen seien dringend notwendig, weil auf dem bisherigen Areal der Platz nicht mehr ausreiche, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Kessler rechnet mit einer Fertigstellung im Jahr 2028. Zu den Kosten wollte er keine Angaben machen. Im Jahr 2021 hatte der Unternehmer die Gesamtkosten des Projekts auf rund 15 Millionen Euro geschätzt.

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Neue Anlagen

Geplant ist unter anderem eine neue Nassaufbereitungsanlage, in der das Material künftig gewaschen und von letzten Störstoffen befreit wird. Das gereinigte Material soll dann in einer sogenannten Misch- und Dosieranlage weiterverarbeitet und in neuen Silos zwischengelagert werden, bevor es per Bahn oder Lkw verladen wird. Untergebracht werden diese Anlagen in einer rund 100 Meter langen, über 20 Meter hohen Halle aus Stahlbeton. Wann die einzelnen Anlagen umgesetzt werden, könne er derzeit noch nicht sagen, so Kessler. Schon in Bälde beginnen hingegen die Bauarbeiten für das Büro- und Lagergebäude sowie für das 600 Meter lange Anschlussgleis. In einem späteren Schritt – der nicht Teil des gegenständlichen Verfahrens war – soll auch eine Halle für die Aufbereitung von Ersatzbrennstoffen gebaut werden.

Mehr Material, längere Betriebszeiten, Bahn: Grünes Licht für Kessler-Erweiterung
Geschäftsführer Christian Kessler. Hartinger

Rodungen

Für das Gesamtvorhaben waren erhebliche Eingriffe in den Naturraum nötig. Allein für die Erweiterung des Betriebs wurden mehr als 11.000 Quadratmeter Auwald – das entspricht etwa eineinhalb Fußballfeldern – dauerhaft gerodet. Zusätzlich wurde eine vorübergehende Rodung von 1075 Quadratmetern genehmigt. Weitere umfangreiche Rodungen waren bereits im Zuge der Straßenumlegung bewilligt worden. Zur Kompensation soll es Ersatzaufforstungen im Ausmaß von mehr als 8000 Quadratmetern geben. Verlegt und vergrößert wird auch das bestehende Rückhalte- und Versickerungsbecken. Es soll künftig das gesamte Regen- und Oberflächenwasser aus dem erweiterten Betriebsbereich aufnehmen. Dafür wird das Fassungsvermögen auf rund 4500 Kubikmeter erweitert.

Mehr Material, längere Betriebszeiten

Das Unternehmen darf künftig mehr Material verarbeiten als bisher. Die genehmigte Jahresmenge steigt von 350.000 auf 375.000 Tonnen. Auch die Betriebszeiten werden ausgeweitet: Während die Recyclinganlage werktags von 7 bis 18 Uhr und samstags bis 15 Uhr betrieben werden darf, darf die Wasseraufbereitung künftig bis 3 Uhr in der Früh laufen. Die allgemeine Betriebserlaubnis – etwa für die Bahnverladung – gilt rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche.Auch der Wasserbedarf steigt im Vollausbau deutlich: Die erlaubte Entnahmemenge aus dem betriebseigenen Brunnen wird von bislang 6000 auf künftig 40.000 Kubikmeter pro Jahr erhöht. Die wasserrechtliche Bewilligung gilt vorerst bis Ende 2048.

Mehr Material, längere Betriebszeiten, Bahn: Grünes Licht für Kessler-Erweiterung
Erweiterung des Unternehmens Kessler bewegt’s (1) macht Umlegung der L 190 (2) notwendig. Die Betriebszufahrt erfolgt nun über Mottnerstraße mittels Unterführung
unter der L 190 (3). Die Mottnerstraße wurde neu an die L 190 angebunden (4), der alte Abschnitt rückgebaut. Zudem bekommt der Recycler einen Bahnanschluss eigenen
(5).

Auflagen

Der Genehmigungsbescheid enthält zwar eine lange Liste an Auflagen, aber keine, die den Betreiber jetzt sonderlich überrascht hätten. So muss das gesamte Oberflächenwasser aufbereitet werden, bevor es versickern darf. Für alle gelagerten Abfälle gelten strenge Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten. Die Beleuchtung im Außenbereich darf nur mit insektenfreundlichen, warmweißen LED-Leuchten erfolgen. Um Staub zu vermeiden, sind Sprinkleranlagen, Reinigungsfahrzeuge und staubarme Beladesysteme vorgeschrieben.

Christian Kessler
Christian Kessler

Das sagen die Gutachter

Die Stellungnahmen der Amtssachverständigen fielen zum Großteil positiv aus. Der Gestaltungsbeirat des Landes bezeichnete die geplanten Geländeveränderungen zwar als „stark“, bewertete sie im Zusammenhang mit dem Betriebsablauf jedoch als nachvollziehbar und sinnvoll. Auch die Raumplanerin sah keinen Widerspruch – sie hob hervor, dass die gewählte Bauweise mit Sichtbeton zur industriellen Nutzung passe. Die forstfachliche Beurteilung fiel ebenfalls zustimmend aus. Zwar gehe Wald verloren, dieser sei aber bereits durch Verkehr und Staub vorbelastet gewesen. Zudem habe Nenzing in den vergangenen Jahren flächenmäßig an Wald dazugewonnen.

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Kritik der Naturschutzanwaltschaft

Kritik kam von der Naturschutzanwaltschaft des Landes. Sie bemängelte, dass der Großteil der Rodungen und Geländeeingriffe im Verfahren zur Straßenverlegung behandelt wurde, obwohl es sich ihrer Ansicht nach um ein einheitliches Vorhaben handelt. Im aktuellen Verfahren würden damit nur noch Randaspekte wie landschaftsbildliche Auswirkungen berücksichtigt. Diese Aufsplittung sei nicht plausibel – bei korrekter Gesamtbetrachtung hätte sie das Projekt negativ beurteilt, wird die Naturschutzanwaltschaft im Bescheid zitiert.

BH: Öffentliches Interesse überwiegt

Die Behörde wies diese Kritik zurück. In ihrer Begründung heißt es, dass die ökologischen Auswirkungen der Straßenverlegung bereits im eigenen Verfahren erfasst und bewertet worden seien. Die betroffenen Flächen seien dort als „Verlustflächen“ anerkannt und kompensiert worden. Die Eingriffe, die jetzt beurteilt wurden – etwa im Bereich des neuen Rückhaltebeckens – seien zusätzlich, aber in Summe vertretbar. Die Entscheidung sei auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung gefallen. Der Nutzen für das Gemeinwohl überwiege: Kessler sichere Arbeitsplätze, ermögliche mehr Recycling, reduziere Lkw-Verkehr und setze auf einen ressourcenschonenden Betrieb.