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Missbrauchsfall: Verurteilter Ex-Polizist wieder enthaftet

17.04.2025 • 15:05 Uhr
Prozess gegen Ex-Polizist
Pensionierter Polizeibeamter wurde nicht rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt. Hartinger

Warum das Oberlandesgericht Innsbruck den 76-Jährigen Vorarlberger aus der U-Haft entließ.

Am Donnerstag wurde der nicht rechtskräftig verurteilte Ex-Polizist wieder aus der Untersuchungshaft in die Freiheit entlassen. Das teilte seine Anwältin Andrea Concin mit. Ihrer Haftbeschwerde habe das Innsbrucker Oberlandesgericht (OLG) Folge gegeben.  Demnach liege kein Haftgrund vor. Das OLG habe sogar auf gelindere Mittel verzichtet. ,,Der Rechtsstaat hat sich bewährt”, kommentierte Concin die Enthaftung ihres Mandanten.

Das Landesgericht Feldkirch hatte vor einer Woche nach der Festnahme in Niederösterreich U-Haft über den 76-Jährigen verhängt, wegen Fluchtgefahr angesichts der Strafhöhe.

Strafverteidigerin Andrea Concin.
Strafverteidigerin Andrea Concin. Privat

Der unbescholtene Unterländer wurde Anfang April am Landesgericht zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil er vor zwei Jahrzehnten zwei unmündige Enkelinnen sexuell missbraucht haben soll. Das Urteil des Schöffensenats ist nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte meldete Nichtigkeitsbeschwerde, Strafberufung und Beschwerde gegen die Verpflichtung zu Schadenersatzzahlungen an.

Was sind gelindere Mittel?

Kann der Zweck der Untersuchungshaft durch gelindere Mittel erreicht werden, darf eine Untersuchungshaft nicht angeordnet oder fortgesetzt werden.

Gelindere Mittel sind unter anderem:

Der Beschuldigte gelobt, dass er bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens

  • nicht flieht,
  • sich nicht verborgen hält
  • sich nicht ohne Genehmigung der Staatsanwaltschaft von seinem Aufenthaltsort entfernt,

Der Beschuldigte gelobt, dass er keinen Versuch unternimmt, die Ermittlungen zu erschweren,

  • der Beschuldigte gelobt – in Fällen von Gewalt in Wohnungen –, dass er jeden Kontakt mit dem Opfer unterlässt und
  • die Weisung eine bestimmte Wohnung und deren unmittelbare Umgebung nicht zu betreten oder
  • ein bereits erteiltes Betretungsverbot oder
  • eine einstweilige Verfügung nicht zu übertreten, samt Abnahme aller Schlüssel zu dieser Wohnung,
  • der Beschuldigte erhält die Weisung, an einem bestimmten Ort oder bei einer bestimmten Familie zu wohnen oder eine bestimmte Wohnung, bestimmte Orte oder bestimmten Umgang zu meiden oder sich alkoholischer Getränke oder andere Suchtmittel zu enthalten oder einer geregelten Arbeit nachzugehen,
  • der Beschuldigte erhält die Weisung, jeden Wechsel des Aufenthaltes anzuzeigen oder sich in bestimmten Zeitabständen bei der Kriminalpolizei oder einer anderen Stelle zu melden,
  • die vorübergehende Abnahme von Identitäts-, Kraftfahrzeugs- oder sonstigen Berechtigungsdokumenten des Beschuldigten,
  • der Beschuldigte erhält vorläufige Bewährungshilfe
  • der Beschuldigte muss eine Kaution oder Bürgschaft leisten. Diese Möglichkeit der Entlassung gegen Kaution oder Bürgschaft besteht nur dann, wenn der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht, die Straftat nicht strenger als mit fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und der Beschuldigte die beiden ersten oben genannten Gelöbnisse abgibt,
  • der Beschuldigte erhält mit seiner Zustimmung die Weisung, sich einer Entwöhnungsbehandlung oder sonst einer medizinischen Behandlung oder einer Psychotherapie oder einer gesundheitsbezogenen Maßnahme zu unterziehen.