Entscheidungen der Vorarlberger Verwaltungsrichter werden selten gekippt

Nikolaus Brandtner, Präsident des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg, im NEUE-Interview.
Wie bewerten Sie den Anstieg der Verwaltungsstrafverfahren im Jahr 2024? Was sind die Gründe für das deutliche Plus?
Nikolaus Brandtner: Die Zunahme bei den Verwaltungsstrafverfahren ist auf eine ungewöhnlich hohe Zahl an Verfahren nach dem Versammlungsgesetz, Stichwort Klimaaktivisten und Bannmeile, sowie auf zahlreiche Fälle im Verkehrsrecht zurückzuführen. Zudem ist die Zahl der Verwaltungsstrafverfahren auf Behördenebene stark gestiegen, was sich vermutlich auch auf die Verfahrenszahlen beim Landesverwaltungsgericht (LVwG) ausgewirkt hat. Schwankungen beim Verfahrensanfall sind nicht ungewöhnlich und müssen über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, um eine dauerhafte Entwicklung zu erkennen.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt bei rund drei Monaten. Ein guter Wert?
Brandtner: Ich gehe davon aus, dass es sich um eine sehr kurze durchschnittliche Verfahrensdauer handelt. (Anm. der Red.: Am LVwG Tirol lag die durchschnittliche Verfahrensdauer im Berichtsjahr 2023 bei 4,7 Monate, am LVwG Wien waren es sieben Monate).
Welche Maßnahmen setzen Sie, um Verfahrensdauern weiter zu optimieren?
Brandtner: Wir sind ständig bemüht, die Verfahrensdauern zu verkürzen, etwa durch das Anregen von gesetzlichen Verbesserungen im Verfahrensrecht (diese müssen vom Nationalrat beschlossen werden), durch organisatorische Maßnahmen und durch Digitalisierung. Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass es sich bei den verwaltungsgerichtlichen Verfahren (ausschließlich) um Rechtsmittelverfahren handelt. Es liegt in der Natur der Rechtsmittelverfahren, dass die Rechtssache strittig und oft nicht einfach zu entscheiden ist. Das wiederum führt zu deutlich erhöhten Anforderungen an die Ermittlungs- und Begründungspflichten. Zudem bringt die vielfach bestehende Verhandlungspflicht mit Zeugeneinvernahmen, mit Sachverständigengutachten und Dolmetschern natürlich einen gewissen Aufwand und eine gewisse Dauer mit sich
Rund 17 Prozent der Revisionen waren erfolgreich. Was sagen Sie zu dieser Quote?
Brandtner: Das ist eine niedrige Quote. Österreichweit lag die Erfolgsquote 2023 bei 24 Prozent. Dass es sich bei dieser Quote um einen sehr guten Wert handelt, wurde im Übrigen auch schon von Dritten festgestellt
Wie beurteilen Sie die derzeitige Personalausstattung des Landesverwaltungsgerichts?
Brandtner: Die Personalausstattung ist derzeit ausreichend. Herausforderungen bestehen vor allem durch Pensionierungen, Karenzen und Neueintritte.
Welche Herausforderungen erwarten Sie für das laufende Jahr 2025?
Brandtner: Ab September 2025 tritt das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft, was neue Veröffentlichungspflichten bringt. Das Landesverwaltungsgericht ist dafür gut gerüstet, da bereits jetzt viele Informationen veröffentlicht werden.
Am Landesverwaltungsgericht Vorarlberg gibt es keine Laienrichter. Soll das so beibehalten werden?
Brandtner: Der Verzicht auf Laiengerichtsbarkeit und die geringe Senatszuständigkeit haben sich insbesondere im Hinblick auf Verfahrensdauer und Verfahrensökonomie bewährt. Defizite im Rechtsschutz sind nicht zu erwarten, da alle Parteien Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben können. Wenn externe Richter beigezogen werden, steigt der Aufwand.