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Warum der Flächenwidmungsplan dieser Gemeinde seit 2002 rechtswidrig ist

12.08.2025 • 18:44 Uhr
Warum der Flächenwidmungsplan dieser Gemeinde seit 2002 rechtswidrig ist
Der Flächenwidmungsplan von Vorarlbergs zweitkleinster Gemeinde wurde aufgehoben. Hartinger

Höchstgericht kippt Flächenwidmungsplan wegen eines Formalfehlers, der Plan muss nun bis Jahresende neu kundgemacht werden. Verfassungsjurist Peter Bußjäger ortet „Überforderung der Kleingemeinden”.


Ein formaler Fehler bei der Kundmachung zwingt die Arlberg-Gemeinde Warth dazu, ihren Flächenwidmungsplan neu zu erlassen und kundzumachen. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden – allerdings ohne unmittelbare Folgen: Der bestehende Plan behält bis Jahresende 2025 seine Gültigkeit.

Konkret konnte im Verfahren nicht mehr nachvollzogen werden, ob der genehmigte Flächenwidmungsplan im Jahr 2002 ordnungsgemäß veröffentlicht worden war. Dokumentiert war lediglich der Anschlag des Genehmigungsbescheids – das allein reicht laut Höchstgericht nicht aus. Denn das Vorarlberger Gemeindegesetz verlangt, dass entweder der Plan selbst an der Amtstafel angeschlagen oder zumindest auf dessen öffentliche Auflage im Gemeindeamt ausdrücklich hingewiesen wird.

Warum der Flächenwidmungsplan dieser Gemeinde seit 2002 rechtswidrig ist
Peter Bußjäger. Uni IBK

“Auf Anschlagtafel bei der Kirche”

Wie aus dem Erkenntnis hervorgeht, räumt die Gemeinde selbst ein, dass heute nicht mehr mit Sicherheit nachvollzogen werden könne, ob der Plan korrekt angeschlagen worden sei. Der aktuelle Bürgermeister zeigte sich zwar „ziemlich sicher“, dass der Flächenwidmungsplan damals an der „Anschlagtafel bei der Kirche“ ausgehängt worden sei – das sei zu jener Zeit so „üblich“ gewesen. Es sei aber eben unklar, ob nur die Kundmachung oder der Flächenwidmungsplan ordnungsgemäß an der Amtstafel angeschlagen worden sei.

Bußjäger: Fall zeigt Überforderung der Kleingemeinden

Dass ein solcher Fehler nach mehr als zwei Jahrzehnten auffliegt, ist kein Zufall: Entdeckt wurde die Unregelmäßigkeit im Zuge eines Bauverfahrens für einen Carport. Ein fast identischer Fall hatte sich 2023 bereits in Damüls ereignet. Auch dort wurde ein Teil des Flächenwidmungsplans aufgehoben – ebenfalls wegen fehlerhafter Kundmachung und im Zuge eines Carport-Bauverfahrens.
Verfassungsrechtler Peter Bußjäger sieht darin kein vereinzeltes Problem. „Der Fall zeigt die Überforderung der Kleingemeinden auch bei simpelsten Rechtsvorgängen. Einen Flächenwidmungsplan zur öffentlichen Einsicht auflegen kann ja wohl nicht so schwer sein“, so Bußjäger auf NEUE-Anfrage. Der Jurist rät dazu, Verordnungen grundsätzlich zu prüfen, und zwar „überhaupt jedem, der irgendeine Verwaltungsstrafe ausgefasst hat, weil er auf einer Gemeindestraße zu schnell gefahren ist“. Da sei „vieles nicht ordentlich kundgemacht oder erhoben worden“.

Keine Auswirkungen

Für laufende Verfahren hat die Entscheidung vorerst keine Konsequenzen. „Der Flächenwidmungsplan darf und muss weiterhin angewendet werden. Niemand mehr kann sich auf die rechtswidrige Kundmachung berufen“, stellt Bußjäger klar. Auch bereits erteilte Baubewilligungen bleiben gültig – vorausgesetzt, der Plan wird bis Ende 2025 ordnungsgemäß neu kundgemacht.
Eine inhaltliche Überarbeitung des Flächenwidmungsplans ist nicht zwingend erforderlich. „Es reicht die Nachholung der Kundmachung“, weiß Bußjäger. Dennoch könne der Vorgang Begehrlichkeiten wecken. „Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt der eine oder andere die Gelegenheit wittert, Schäfchen ins Trockene zu bringen“, sagt der Jurist.

Warum der Flächenwidmungsplan dieser Gemeinde seit 2002 rechtswidrig ist
Bürgermeister Stefan Strolz. Warth Schröcken Tourismus

Das sagt der Bürgermeister

Bürgermeister Stefan Strolz teilte gegenüber der NEUE mit, dass die Gemeinde die höchstgerichtliche Entscheidung zur Kenntnis nehme. Man habe mit der Vorbereitung und Bearbeitung bereits begonnen. Auf konkrete Fragen – etwa ob der Flächenwidmungsplan nun auch inhaltlich geändert werde – ging Strolz bisher nicht ein. Er verwies auf die laufende Urlaubszeit bei den Behörden und im begleitenden Planungsbüro.