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Denkmalschutz-Streit um Südtirolersiedlung Bregenz-Schendlingen

20.09.2025 • 20:16 Uhr
Denkmalschutz-Streit um Südtirolersiedlung Bregenz-Schendlingen
In Bregenz-Schendlingen befindet sich die größte von insgesamt 17 Südtirolersiedlungen Vorarlbergs. Stiplovsek

Bundesdenkmalamt will größte Südtirolersiedlung unter Denkmalschutz stellen: Eigentümerin Vogewosi wehrt sich – erst recht, wenn dabei alte Teppichklopfstangen zum Argument werden.

Das Bundesdenkmalamt (BDA) prüft derzeit die Unterschutzstellung von zwei Südtirolersiedlungen in Vorarlberg – in Bregenz-Schendlingen und in Bludenz. Begründet wird dies unter anderem mit der historischen Bedeutung der Wohnlagen, die im Zuge der Umsiedlungspolitik der NS-Zeit entstanden sind.
In Bregenz-Schendlingen befindet sich mit knapp 600 Wohnungen die größte Südtirolersiedlung Vorarlbergs. Eigentümerin ist die landeseigene Vogewosi. In Bludenz entstanden zwischen 1942 und 1945 knapp 400 Wohnungen, die der Alpenländischen gehören. Beide Siedlungen zählen laut BDA zu den wenigen, die weitgehend in ursprünglicher Form erhalten geblieben sind.

Sichtbare Zeichen der Umsiedlung einer Volksgruppe

Für die Denkmalschützer sind die Südtirolersiedlungen „nicht nur Täter-, sondern auch Opferorte, da sie ab 1939 vor allem von Zwangsarbeitern errichtet wurden“. Gleichzeitig seien die Siedlungen „sichtbare Zeugnisse der Umsiedlung einer ganzen Volksgruppe und all der damit verbundenen Schicksale“.
Eine Unterschutzstellung heißt nicht, dass alles unverändert bleiben muss. Veränderungen sind grundsätzlich möglich, sie müssen jedoch mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt werden – etwa bei Anpassungen der Wohnungsgrößen, Barrierefreiheit sowie des Schall- und Brandschutzes. Auch maßvolle Nachverdichtungen „in hoher architektonischer Qualität“ sind laut BDA möglich. Ziel sei eine zeitgemäße Nutzung unter Erhaltung der prägenden Elemente und der bedeutsamen Freiflächen.

Denkmalschutz-Streit um Südtirolersiedlung Bregenz-Schendlingen
Die Planung der Gesamtanlage geht auf den Architekten und Stadtplaner Helmut Erdle zurück, der zum damaligen Zeitpunkt Gau- Siedlungsplaner in Innsbruck gewesen ist. Gemeinsam mit dem aus Baden-Württemberg stammenden Architekten Fritz Vogt wurden die Gebäude ab 1940 errichtet. Stiplovsek

Wirtschaftlichkeit

Die Vogewosi wehrt sich vehement gegen die Pläne. „Wenn die Anlage unter Schutz gestellt wird, haben wir die Pflicht, diese instand zu halten. Aber wir haben schon jetzt Probleme, überhaupt noch Menschen für diese Wohnungen zu finden“, sagt Geschäftsführer Hans-Peter Lorenz. Sein Hauptargument ist wirtschaftlicher Natur: Eine Sanierung koste mehr als ein Neubau, ohne dass die Qualität verbessert werde.

Denkmalschutz-Streit um Südtirolersiedlung Bregenz-Schendlingen
Vogewosi-Chef: Lorenz: „Damit wären wir in unseren Möglichkeiten praktisch blockiert“ Stiplovsek

Teppichklopfstangen

Besonders wenig Verständnis hat Lorenz dafür, dass auch unbebaute Flächen von mehr als 5000 Quadratmetern im Inneren der Siedlung geschützt werden sollen – unter anderem wegen Teppichklopfstangen aus den 1940er-Jahren. „Wir haben mit Historikern überprüft: Sie stammen nachweislich erst aus den 1960er-Jahren“, so Lorenz. Insgesamt gehe es um eine Fläche von rund 64.000 Quadratmetern in Bregenz. „Damit wären wir in unseren Möglichkeiten praktisch blockiert“, warnt der Vogewosi-Geschäftsführer.


Derzeit laufen Stellungnahmen zwischen Vogewosi und Bundesdenkmalamt. Bis Anfang kommenden Jahres könnte eine erstinstanzliche Entscheidung fallen. Weniger Widerstand dürfte es in Bludenz geben. Dem Vernehmen nach soll die Alpenländische der geplanten Unterschutzstellung der Siedlung deutlich gelassener gegenüberstehen.