Erneut Diskussion um Grünzone des Landes

Wenn wirtschaftliche Interessen auf Umweltschutz prallen: Landesgrünzone gerät immer mehr unter Druck – eine Forderung der Wirtschaftskammer befeuert nun eine alte Debatte.
Bodenschutz oder Reservefläche für Betriebe? Die Landesgrünzone steht zunehmend im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und wirtschaftlichen Interessen.
Im Jahr 1977 wurden 136 Quadratkilometer zusammenhängende Freiflächen im Rheintal und im Walgau gesichert, um das Landschaftsbild, die Naherholungsgebiete, den Naturhaushalt und vor allem wertvolle landwirtschaftliche Flächen vor Verbauung und Zersiedelung zu schützen. Während die Umweltorganisationen und die Grünen die Landesgrünzone als unverzichtbaren Erholungsraum und wichtiges Bauernland Nutzfläche betrachten, sehen die Vertreter der Wirtschaft darin – wie im damaligen Regierungsentwurf formuliert – eine Reserve für künftigen Baulandbedarf. Die Freiflächen konnten in den letzten Jahren zwar weitgehend erhalten werden, geraten aber zunehmend unter Druck. Auch der Verfassungsgerichtshof hat sich mit dem Thema beschäftigt – mit überraschendem Ergebnis. So wurden Sonderwidmungen für Industriebauten in der Grünzone, wie etwa die geplante Erweiterung einer Abfüllanlage von Red Bull in Ludesch, für rechtswidrig erklärt.
„Wir werden für den Erhalt der Landesgrünzone kämpfen, wenn nötig auch auf der Straße.“
Eva Hammerer, Die Grünen
WKV-Agenda und Grünen-Kritik
Die Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) hat nun die Diskussion darüber, ob die Grünzone in ihrer aktuellen Form erhalten bleiben oder für wirtschaftliche Zwecke geöffnet werden sollte, neu entfacht. Wie berichtet, präsentierte die WKV am Montag ihre Forderungen an die künftige Landesregierung. Die Landesgrünzone, so eine der Forderungen, müsse flexibler gestaltet werden, um dem steigenden Flächenbedarf der Betriebe gerecht zu werden. „Eine Neuausrichtung der Landesgrünzone zu einer Landesbedarfszone ist längst überfällig“, heißt es in dem Papier der Wirtschaftskammer.
Scharfe Kritik an den Vorstößen, die Landesgrünzone für wirtschaftliche Zwecke zu öffnen, kommt von den Grünen. Klubobfrau Eva Hammerer betont, dass die Grünzone „ein Naturjuwel und Naherholungsgebiet für alle Vorarlberger“ sei und auch für kommende Generationen erhalten werden müsse. Sie warnt davor, dass die kommende Regierung „Geschenke an einige Großunternehmer“ machen könnte, die nicht nur die Erholungsräume, sondern auch die landwirtschaftliche Produktion und die regionale Versorgung gefährden würden. Weiters kritisiert Hammerer, dass die Wirtschaftskammer die Interessen von Großunternehmen über jene der Bevölkerung stellt. Statt auf eine Umwidmung der Grünzone zu setzen, sollten laut Hammerer bestehende Flächen effizienter genutzt werden, indem Potenziale von Leerständen ausgeschöpft und bestehende Gebiete in die Höhe verdichtet werden. Hammerer kündigt an, dass die Grünen notfalls auch auf die Straße gehen würden, um die Grünzone zu verteidigen.
Offener Brief
Scharfe Kritik an den Forderungen äußerte auch der Rechtsanwalt und Sachverständige Anton Schäfer, der zuletzt mit der linken Bürgerliste „Andrs“ bei der Landtagswahl angetreten war. In einem Offenen Brief warf er der Kammer vor, im Namen ihrer Mitglieder Forderungen zu stellen, ohne diese vorher demokratisch abgestimmt zu haben. Schäfer, der sich selbst als „Zwangsmitglied“ der Kammer bezeichnet, betonte weiters, dass der Schutz der „grünen Lunge Vorarlbergs“ nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden dürfe.