Ökonomin: Nichtstun beim Klimaschutz ist “teuerste Option”

HEUTE • 16:52 Uhr

Klimaschutz kostet viel Geld, Nichtstun kommt aber deutlich teurer. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Wiener Ökonomin Sigrid Stagl. Die Kosten der Untätigkeit übersteigen demnach die notwendigen Investitionen für die Bewältigung der Klimakrise. “Nichtstun ist die teuerste Option”, resümierte Stagl bei der Studienpräsentation am Dienstag. Auch in Zeiten knapper Budgets seien mehr Investitionen in den Klimaschutz die “ökonomisch rationale” Entscheidung.

Fehlender Klimaschutz könnte der Europäischen Union laut Studie wegen Hitzestress bis 2050 Produktionsausfälle von mehr als 5 Billionen Euro verursachen. Das entspricht etwa der zehnfachen jährlichen Wirtschaftsleistung Österreichs. Neben den ökonomischen Schäden sei mit zunehmenden Staatsschulden durch Katastrophenhilfe, Infrastrukturreparaturen und steigenden Gesundheitsausgaben zu rechnen. Zudem seien bis 2040 zwei bis fünf Millionen Arbeitsplätze auf EU-Ebene gefährdet, vor allem in der Landwirtschaft, beim Bau und im Tourismus. “Jedes Jahr Verzögerung erhöht die Kosten, vertieft Ungleichheiten und schwächt Europas Wettbewerbsfähigkeit”, so die Ökonomin.

Österreich kosten fehlende Klimamaßnahmen bereits jetzt Milliarden

Der Studie zufolge trägt Südeuropa die größten Wohlstandsverluste durch Hitze und Dürre, Küstenregionen durch Überschwemmungen. Ohne Gegenmaßnahmen drohten wachsende wirtschaftliche Divergenzen zwischen Nord- und Südeuropa. Das bedeute allerdings nicht, dass man sich in Österreich zurücklehnen könne. Für Österreich bezifferte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) die Kosten des Nicht-Handelns beim Klimaschutz bereits Anfang 2024 auf zumindest 5,4 bis 7 Mrd. Euro pro Jahr.

International würden aktuell zwar bereits 2,2 Billionen Dollar jährlich in den Umbau der Infrastruktur, in erneuerbare Energieprojekte und in nachhaltige Geschäftsmodelle investiert. Zur Bewältigung der Klimakrise bedürfe es allerdings der vierfachen Investitionssumme bzw. der dreifachen Summe auf europäischer Ebene, sagt Stagl.

Die Studienautorin empfiehlt unter anderem die Integration von Klimarisiko-Indikatoren in den Europäischen Semesterprozess und mindestens ein Prozent des EU-Bruttoinlandprodukts für klimafreundliche Investitionen. 40 Prozent der Kohäsionsmittel sollen für Anpassungs- und Resilienzmaßnahmen aufgewendet werden.

“Wenn wir weiter zögern, riskieren wir bis 2050 fast so viele Jobs, wie in der gesamten europäischen Autoindustrie direkt beschäftigt sind”, kommentierte die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling. “Nichts ist teurer als Nichtstun”, bekräftigte die ebenfalls bei der Studienpräsentation anwesende grüne Klubobfrau Leonore Gewessler. Sie interpretiere die Studie als Handlungsauftrag für die Politik. Die Dreierkoalition betreibe aus ihrer Sicht einen “Abrissbagger beim Klimaschutz”.

Die Studie basiert auf über 70 empirischen und institutionellen Quellen und wurde von der grünen EU-Abgeordneten Schilling in Auftrag gegeben und aus Mitteln des Europäischen Parlaments aus einer Budgetlinie der Greens/EFA-Fraktion finanziert.