SPÖ Burgenland ohne Kandidaten für EU-Wahl 2024

Die SPÖ Burgenland wird für die Europawahl keine Kandidaten entsenden, weder auf Platz 7 noch einem weiteren Listenplatz. Dies beschloss der Landesparteivorstand am Mittwoch einstimmig, erklärte Landesparteichef Hans Peter Doskozil bei einer Pressekonferenz. Seitens der Bundespartei mangle es an Verlässlichkeit und Berechenbarkeit. Wahlwerben werde man trotzdem, einen Streit mit der Bundespartei soll es nicht geben, betonte Doskozil. Die reagierte zurückhaltend und bedauernd.
Das Burgenland beharrt darauf, dass ihm auf Basis des Berechnungsmodells der 5. Listenplatz zustehen würde. Auch die Bundespartei bestätige das. Platz 7 komme dadurch zustande, dass der erste Platz aufgrund des Arguments der zentralen Notwendigkeit an Andreas Schieder als bundesweiten Spitzenkandidat geht. Das Burgenland rutsche dadurch auf Platz 6, der nach dem Reißverschlusssystem mit einer Frau besetzt werden soll. Weil Kärnten eine Frau eingemeldet, das Burgenland jedoch über Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos als Kandidat nachgedacht habe, sei der Platz an die Kärntner gegangen. “Wir wurden zum 7. Platz hinargumentiert”, meinte Doskozil.
Für ihn sei das Thema “erledigt”. Sollte wider Erwarten nun doch der 6. Platz zugestanden werden, könne man über alles reden, sagte der Landeshauptmann weiters. Wirklich rechnen tut er damit aber nicht, einen möglichen Namen für eine weibliche Kandidatin nannte er noch nicht.
“Um ein klares Zeichen zu setzen”, dafür, dass gewisse Regeln einzuhalten sind, habe man nun diese Entscheidung getroffen. Die Beschlüsse für das Berechnungsmodell seien 2018 gefasst worden, dementsprechend sollte das Burgenland den 5. Platz bekommen.
Eine “Konfliktsituation” mit der Bundespartei oder Streit soll es nun nicht geben, im Gegenteil: “Wir werden uns darauf konzentrieren, ein gutes Ergebnis einzufahren”, sowohl bei der EU-Wahl, als auch bei der Nationalratswahl und 2025 bei der Landtagswahl, so Doskozil.
Die SPÖ Burgenland habe vor allem deshalb so genau auf die Erstellung der Kandidatenliste für die Europawahl geachtet, weil man schon 2019 fälschlicherweise den 7. Platz bekommen habe, meinte der Landeshauptmann. Damals sei ein Rechenfehler ausschlaggebend gewesen – während die Kennzahlen der anderen Bundesländer aufgerundet wurden, seien jene des Burgenlands abgerundet worden.
Wie mit der Landespartei nun in diesem Kontext umgegangen werde, kann Doskozil nicht nachvollziehen. Er vermisst Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit. Dass die Landespartei mit dem 7. Platz für Differenzen in der Vergangenheit abgestraft werden soll, glaubt der Landeshauptmann aber nicht – “weil wir auch vor fünf Jahren so behandelt wurden”. Den Bundesparteitag wird die SPÖ Burgenland normal beschicken.
Der ehemalige Verteidigungsminister Norbert Darabos wäre laut Doskozil “ein ausgezeichneter Kandidat” gewesen, der auch über Österreich hinaus anerkannt sei und über viel Expertise in Südosteuropa verfüge. Offenbar wollte man ihn aber nicht. Die Sozialdemokratie hätte auch Größe zeigen können und jemandem, der viel für die Partei geleistet und geopfert habe, etwas zurückgeben können, bedauerte der Landesparteivorsitzende. Darabos selbst gab sich nach der Entscheidung gegenüber der APA eher wortkarg und beließ es bei einem: “Ich werde nicht kandidieren.”
Die Entscheidung über den Listenplatz betreffe in weiterem Sinne auch die Parteifinanzen, denn jeder EU-Mandatar müsse eine Parteiabgabe an die Landesorganisation leisten, erklärte Doskozil weiters. Auch führte er ins Treffen, dass Funktionäre für gute Wahlergebnisse und hohe Mitgliederzahlen verantwortlich zeichnen.
Die Besetzung in den Bundesgremien wurde von der Landespartei am Mittwoch ebenfalls beschlossen. Die frühere Landtagspräsidentin Verena Dunst soll vollständiges Mitglied im Bundesparteipräsidium werden – bisher war sie nur kooptiert und damit nicht stimmberechtigt. Im Bundesparteivorstand ist das Burgenland mit Dunst, Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf, Landesrätin Daniela Winkler und neu Landtagsklubchef Roland Fürst vertreten.
Aus der SPÖ-Bundespartei gab es auf APA-Anfrage nur eine kurze Stellungnahme: “Wir bedauern die Entscheidung des Burgenlands, ihre Plätze nicht zu besetzen.” Wie man nun reagiert, steht noch nicht fest. Man werde beraten, wie es mit den drei für das Burgenland vorgesehenen Plätzen weiter gehe. Die Plätze eins bis sechs wurden schon vom Vorstand festgelegt, die dahinter liegenden (chancenlosen) sollen in einem Umlaufbeschluss fixiert werden. Etwas kompliziert macht die Sache, dass durch den Verzicht der Burgenländer auf den für männliche Kandidaten reservierten siebenten Listenplatz ein schlichtes Vorrücken schwieriger gemacht wird, da somit das Reißverschluss-System zwischen den Geschlechtern aus der Balance käme.
Bei der EU-Wahl 2019 war die SPÖ auf 23,9 Prozent gekommen, was fünf Mandate bedeutete. Erwartet wird im kommenden Jahr maximal der Gewinn eines zusätzlichen Sitzes. Die 23,9 Prozent waren damals das zweit schlechteste Ergebnis bei einer Bundeswahl. Erst die Briefwähler-Stimmen ersparten Spitzenkandidat Andreas Schieder und seinen Kollegen den historisch letzten Platz, der zumindest bei EU-Wahlen dem Team aus dem Jahr 2009 blieb. Inzwischen hat man bei der Nationalratswahl 2019 mit 21,2 Prozent noch schlechter abgeschnitten.