Ingo Hofmann verlässt die Merkur Versicherungsgruppe

Ingo Hofmann – seit gut vier Jahren Vorstandschef – und die Merkur Versicherung gehen getrennte Wege.
Zu einem überraschenden Wechsel in der obersten Chefetage kommt es bei der Merkur Versicherungsgruppe: Ingo Hofmann (53), seit Anfang 2020 Vorstandsvorsitzender des Grazer Konzerns, wird das Unternehmen verlassen. Das bestätigt Hofmann auf Anfrage. „Es ist tatsächlich so, dass die Merkur Versicherung und ich zukünftig getrennte Wege gehen werden. Leider sind wir uns nach vier gemeinsamen und erfolgreichen Jahren in wichtigen und entscheidenden Zukunftsthemen und damit der zukünftigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens nicht mehr einig“, so Hofmann. Sein Vertrag wurde aufgelöst. „Trotz offener und wiederholter Kommunikation meiner Ziele für die Merkur mit dem Aufsichtsrat und dem Gesamtvorstand ist es mir nicht mehr gelungen, den Aufsichtsrat wie auch meine Vorstandskollegen von meiner und bisher erfolgreichen Zukunftsvision und Strategie für die Merkur zu überzeugen“, teilt er in einer „persönlichen Stellungnahme“ mit.
Unfrieden
Was deutlich wird: Der Abgang erfolgt nicht friktionsfrei. So betont Hofmann: „Umso überraschender und unverständlicher vor dem Hintergrund meiner offenen Kommunikation ist es für mich, dass der Aufsichtsrat nicht mehr das persönliche Gespräch gesucht, sondern vielmehr eine direkte Beendigung der Zusammenarbeit beschlossen hat.“ Das sei bedauerlich, denn er, Hofmann, habe mehrmals angeboten, sich im Sinne einer „partnerschaftlichen Lösung“ zusammenzusetzen. Und er ergänzt: „Somit werde ich mangels fehlender Bereitschaft und Einigungswillen des Aufsichtsrates nach dieser gemeinsamen erfolgreichen Zeit leider den Gerichtsweg beschreiten müssen, was aus meiner Sicht ebenso bedauerlich ist.“
‘Wir waren mit Irritationen konfrontiert’
Aufsichtsratspräsident Alexander Lechner schildert die Situation im Gespräch mit der Kleinen Zeitung so: „Wir waren seit einigen Monaten mit Irritationen im Vorstand selbst konfrontiert und haben versucht, das in einem moderierten Prozess zu klären, bei dem ich auch selbst immer wieder dabei war.“ Das Thema sei auch in mehreren Aufsichtsratssitzungen intensiv thematisiert worden, mit dem klaren Ziel, hier eine Klärung und Lösung herbeizuführen. „Doch irgendwann muss man dann auch entscheiden – und das Wohl des Unternehmens und seiner Beschäftigten in den Vordergrund rücken“, so Lechner. Am Dienstagvormittag sei die Belegschaft der Merkur Versicherung über den aktuellen Stand informiert worden. Die Ergebnissituation 2023 soll „plangemäß positiv“ sein.
Lechner streicht hervor, dass man seitens des Aufsichtsrates nach wie vor an einer „fairen Lösung interessiert ist“. Man sei im Rahmen dessen, was der Vertrag hergebe, „verhandlungsbereit“. Persönlich habe er mit Hofmann eine gute Gesprächsbasis gepflegt, er habe vieles an Veränderung gut auf den Weg gebracht, doch die Differenzen innerhalb des Vorstandes hätten eine Entscheidung unausweichlich gemacht, als Aufsichtsrat dürfe man es nicht zulassen, dass ein Vorstand handlungsunfähig zu werden droht, sagt Lechner. Entzündet habe sich der Konflikt u. a. daran, dass man bei der Geschwindigkeit der Verschmelzung mit der neu gegründeten „Merkur Lebensversicherung“ in Salzburg (sie ist nach der Übernahme der Nürnberger Versicherung Österreich entstanden) unterschiedlicher Auffassung war, „man darf das System nicht überfordern“, so Lechner.
Wer übernimmt jetzt bei Merkur?
Der Vorstand der Merkur setzt sich aus Andreas Gaugg, Markus Spellmeyer und Christian Kladiva zusammen. Ein Vorstandschef werde vorerst nicht benannt, so Lechner. Die Agenden werden aufgeteilt, Kladiva werde das Unternehmen nun als „Gesicht nach außen“ vertreten, bei Spellmeyer seien die Vertriebsagenden gebündelt. Hinzu kommt Markus Zahrnhofer, Vorstand der in Salzburg beheimateten Merkur Lebensversicherung. „Wir sind organisatorisch gut aufgestellt“, sagt Lechner.
Hofmann folgte vor fast genau vier Jahren Gerald Kogler als Vorstandschef nach. Sein Vertrag war im Frühjahr 2022 noch vorzeitig verlängert worden. In seine Zeit als Vorstand, die zu Beginn von der Coronapandemie geprägt war, fielen u. a. die Gründung des Merkur Innovation Lab, die Beteiligung der Merkur am Thermenresort Loipersdorf sowie u. a. die Übernahmen der Nürnberger Versicherung Österreich – und die daraus entstandene „Merkur Lebensversicherung“ – sowie der Wüstenrot Versicherungen Kroatien.