Österreich

Wie Nadine Jochum für eine Regeländerung im Fußball kämpft

18.05.2025 • 12:00 Uhr
Wie Nadine Jochum für eine Regeländerung im Fußball kämpft
Das Handzeichen soll signalisieren, dass eine Spielerin aufgrund ihrer Periode den Platz kurz verlassen muss. Ludescher/Canva

Die Vorarlbergerin Nadine Jochum (28) setzt sich dafür ein, dass Fußballspielerinnen während eines Matches aufgrund ihrer Periode den Platz kurz verlassen dürfen.

Dass es zwischen Männern und Frauen körperliche Unterschiede gibt, muss weder diskutiert noch erst erforscht werden. Wie sich diese Unterschiede allerdings, gerade im Sport, auf Leistungen auswirken können, sehr wohl. Sportlerinnen wie die US-Skirennläuferin Mikaela Shiffrin, oder die britische Fußballerin Beth Mead versuchen seit Jahren, darauf aufmerksam zu machen, dass es, gerade bei Trainings und Wettkämpfen, starke, zyklusbedingte Unterschiede im Vergleich zum Männersport gibt.

Nadine Jochum, "Period Out"
Das Handzeichen. Ludescher


Die gebürtige Vorarlbergerin Nadine Jochum (28) studiert seit vier Jahren Kommunikationsdesign in Wien. Ansonsten kickt sie leidenschaftlich für den „DSG Paulaner Wieden 1. Fußballclub“, ebenfalls in Wien. Fußball ist ein großer Teil des Lebens der 28-Jährigen: Schon seit sie 14 Jahre alt ist, spielt sie in Vereinen. „Als Kind, noch bevor ich in Vereinen gespielt habe, kickten mein Bruder und ich bereits zu zweit. Der Fußball ist mein ganzes Leben lang schon ein Teil von mir“, lacht Jochum. Doch bereits in den Anfängen ihrer fußballerischen Karriere merkte die heute 28-Jährige: Der Sport ist auf Männer ausgelegt.
„Es war untypisch, wenn man in einem Dorf am Berg als Frau Fußball spielen wollte“, erzählt sie. „Ich würde schon sagen, dass sich das in den letzten Jahren etwas geändert hat und Frauen mittlerweile immer mehr gefördert werden. Natürlich ist das noch lange nicht genug, aber heute ist es als Frau einfacher anzufangen, Fußball zu spielen. Die Situation verbessert sich.“

(K)ein neues Problem

Doch mit wachsendem Alter kam eine neue Herausforderung dazu: Die Menstruation. Wenn während eines Spiels pro Team elf, beziehungsweise insgesamt 22 Spielerinnen auf dem Platz stehen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mindestens eine von ihnen gerade ihre Periode hat. Es gibt dabei keine Regelung, die besagt, dass eine Spielerin den Platz verlassen darf, um Tampon, Binde, Menstruationstasse und Co. zu wechseln. „Es gibt die Regelung, dass man den Platz verlassen muss, wenn man offenes Blut sieht. Also beispielsweise bei Nasenbluten, oder einer gröberen Schürfwunde. Aber die Menstruation fällt nicht unter diese Regelung“, erklärt Jochum.

Nadine Jochum, "Period Out"
Nadine Jochum spielt seit 2022 in Wien. Ludescher


Im offiziellen Fußballregelwerk des „International Football Association Board“ (IFAB), heißt es zu diesem Thema: „Ein Spieler wird verwarnt, wenn er (…) das Spielfeld ohne die Erlaubnis des Schiedsrichters verlässt oder betritt bzw. wieder betritt.“ So kann eine Spielerin also mit einer gelben Karte verwarnt werden, wenn sie, aufgrund der Regelblutung, das Spielfeld verlässt, ohne der Schiedsrichterin oder dem Schiedsrichter Bescheid zu geben. „Viele beziehen sich in der Thematik Menstruation auf diese Textstelle. Sie sagen, man müsse sich ja lediglich bei der Schiedsrichterin oder dem Schiedsrichter abmelden, dann könne man gehen. Das reicht aber nicht“, findet Jochum.

„Heute ist es als Frau einfacher anzufangen, Fußball zu spielen, als vor 14 Jahren.“

Nadine Jochum, Fußballerin

Sie fand sich im Herbst 2023 selbst in der Situation, während eines Spiels aufgrund ihrer Periode auf die Toilette zu müssen. „Niemand wusste so recht, was zu tun ist. Weder der Schiedsrichter noch mein Trainer. Dadurch wurde die Gesamtsituation zunehmend unangenehm, obwohl ich einfach nur kurz auf die Toilette gemusst hätte. Ich habe mich so geschämt währenddessen“, schildert die Fußballerin.

Ein klares Zeichen

Nicht zuletzt auch aufgrund dieses Vorfalls gründete die gebürtige Vorarlbergerin die Initiative „Period Out“. Dabei soll mit einem Handzeichen der Schiedsrichterin oder dem Schiedsrichter signalisiert werden, dass eine Spielerin aufgrund ihrer Periode kurz den Platz verlässt, um dann ins Spiel zurückzukehren. Das Zeichen wird über dem Kopf symbolisiert, man zeigt dabei mit beiden Händen in Form eines Dreiecks, oder Tropfens, nach oben.
Mit der Initiative schaffte es die 28-Jährige bereits bis zu Anlaufstellen beim ÖFB (Österreichischer Fußball-Bund). Dort stieß sie in Gesprächen mit Sebastian Gruber, dem Leiter der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, auf Zustimmung. Auch zum IFAB hatte sie über den ÖFB bereits Kontakt. Die Rückmeldungen seien zwar insgesamt nicht negativ, aber beschwichtigend gewesen, erzählt Jochum. „Sie sind der Meinung, dass es ja bereits ausreichende Regelungen gäbe und es daher auch keine weiteren bräuchte.“ Außerdem seien Regeländerungen im Fußball immer schwierig, da sie nur durch die höchste Instanz, das IFAB, durchgeführt werden können. „Ich bin eindeutig der Meinung, diese Textstelle reicht nicht. Dass es nur ein einziger Satz ist, ist nicht genug. Das Ganze ist viel zu wenig ausformuliert. Da wird lediglich eine Strafe für etwas aufgeschrieben“, sagt die 28-Jährige.

Nadine Jochum, "Period Out"
Nadine Jochum kam durch ihr Studium auf die Idee mit dem Handzeichen. Privat

Für den Moment gelte es, sich möglichst großes, öffentliches Gehör zu verschaffen und über Landesgrenzen hinaus, vielleicht sogar weltweit, auf die Initiative aufmerksam zu machen. Aus dem Grund der Internationalität wurde der Name im Laufe der Entstehung des Projekts auch von „Die neue Regel“ zu „Period Out“ umbe­nannt. „Die Bezeichnung ‚Die neue Regel‘, wie die Initiative anfänglich hieß, war irreführend, weil ja grundsätzlich jede Regeländerung eine ‚neue Regel‘ wäre. Das wäre zu unspezifisch. Außerdem ist das ‚Out‘ ein gängiger Begriff in unserem Sport, da passt die Bezeichnung ganz gut“, findet Jochum. „In 14 Jahren hätte ich diese Regelung drei, vier Mal tatsächlich selbst gebrauchen können“, gibt die Fußballerin Einblicke. Die Initiative sei also keineswegs da, um inflationär ausgenützt werden zu können, sondern lediglich für Notfälle. „Kein Team würde taktisch eine Spielerin vom Platz schicken, das Team muss für diese Zeit ja mit einer Person weniger spielen, das wäre kontraproduktiv.“

Unterstützung

Die Initiative „Period Out“ kann über die offizielle Website period­out.com kostenlos unterstützt werden. Dabei können Interessentinnen und Interessenten sich, egal ob sie selbst kicken oder nicht, namentlich eintragen lassen und je nach Wunsch auch namentlich auf der Website gelistet werden.