Paketflut: So stressig ist die Vorweihnachtszeit bei der Post

22.12.2023 • 23:00 Uhr
Bei einem sind sich die meisten Zusteller einig: Sie mögen den Beruf wegen des Kundenkontakts. <span class="copyright">Hartinger</span>
Bei einem sind sich die meisten Zusteller einig: Sie mögen den Beruf wegen des Kundenkontakts. Hartinger

In der Vorweihnachtszeit shoppen die Vorarlberger online Geschenke. Dann ist bei der Post Hochbetrieb. Ein Besuch bei der Zustellbasis in Bregenz.

Gekonnt fährt Zusteller Pascal Grabher Meier mit dem gelben Postauto rückwärts die Hauseinfahrt in Hard hinein, um einen kurzen Moment später vorwärts wieder hinausfahren zu können. Zuvor steigt er aus, die Tür bleibt offen und es piepst, während er zum Türeingang des Hauses joggt. Er klingelt und überreicht einem Mann sein Paket, der dieses lachend entgegennimmt. Womöglich befindet sich darin noch ein bestelltes Weihnachtsgeschenk auf den letzten Drücker, wie auch bei vielen anderen Haushalten derzeit.

Pascal Grabher Meier mag an seinem Beruf, dass er unterwegs sein eigener Chef ist. <span class="copyright">Hartinger</span>
Pascal Grabher Meier mag an seinem Beruf, dass er unterwegs sein eigener Chef ist. Hartinger

Nur wenige Minuten später ist Grabher Meier wieder zurück im Auto. Das macht der 40-Jährige in seinem zugeteilten Bezirk auf einer 50-Kilomete-Strecke etwa 200 Mal am Tag. Die fehlende Bewegung, die er früher noch als Fahrrad-Zusteller „ohne E-Bike“, wie er betont, täglich abbekam, gleicht er nun durch das Sprinten von Autotür zur Haustür aus. Und genau das mag er am liebsten an seinem Job: Er kann das Arbeitstempo selbst bestimmen.

Besonders die Begegnungen machen Freude. <span class="copyright">Schwärzler</span>
Besonders die Begegnungen machen Freude. Schwärzler

Mit dabei hat er die Thermoskanne mit Tee, die ihm seine Frau eingepackt hat. Sie macht ihm am Morgen Frühstück und Tee, bevor er dann um 6 Uhr beginnt, zu arbeiten. Der Tee kann dann wärmen, wenn er bei Wind und Wetter unterwegs ist. In seinem Auto läuft nie das Radio. Denn er ist voll konzentriert und möchte nicht abgelenkt werden. Die Gegend scheint er zu kennen wie seine linke Hosentasche. Schon beim Sortieren in der Zustellbasis in Bregenz in die orangen Boxen merkt er sich genau, welche Briefe und Päckchen er später bei welcher Adresse in den Briefkasten werfen muss.

Verstärker Norbert Hagspiel nimmt an diesem Tag denen Zusteller die Pakete ab, die zu viele haben. <span class="copyright">Hartinger</span>
Verstärker Norbert Hagspiel nimmt an diesem Tag denen Zusteller die Pakete ab, die zu viele haben. Hartinger

Mehr Grußkarten

Es sind an diesem Tag auch Weihnachtsgrußkarten, Briefe mit Weihnachtsmann-Briefmarken und Päckchen in Geschenkpapier darunter. „Durch Corona haben die Weihnachtskärtchen wieder zugenommen. Da haben es die Leute wieder zu schätzen gelernt“, erzählt der gebürtige Lustenauer. Manche Produkte sind nicht mehr unkenntlich eingepackt, dann kann es auch mal vorkommen, dass der Zusteller diese an den Kindern heimlich vorbeischmuggeln muss. Denn diese dürfen natürlich nicht merken, dass das Geschenk vom Christkind dann doch vom Postboten kam.

Beim Einsortieren merkt sich der Zusteller schon genau, wo was im Briefkasten landen muss. <span class="copyright">Hartinger</span>
Beim Einsortieren merkt sich der Zusteller schon genau, wo was im Briefkasten landen muss. Hartinger


In seinem Auto sind nur Pakete bis zu zwei Kilogramm und Briefe in den orangen Kisten zu finden. Die Kollegen, die größere Pakete zustellen, hingegen laden sogar teilweise Autoreifen, Felgen, Kühlschränke oder Geschirrspüler in ihre Lieferwägen. Besinnlich und ruhig ist die Vorweihnachtszeit für diese im Arbeitsalltag meist nicht, denn dann sind sie besonders gefordert. „Die Anzahl der Pakete ist im Vergleich zu früher in der Vorweihnachtszeit extrem gestiegen“, berichtet Grabher Meier. Während an einem ­durchschnittlichen Tag unter dem Jahr in ganz Vorarlberg 39.000 Pakete zugestellt werden, sind es an einem Dezembertag über 57.000. Das bedeutet ein Plus von 47 Prozent. Deswegen sind in der Vorweihnachtszeit 30 Zusteller mehr in Vorarlberg im Einsatz.


Diese Hochsaison beginnt schon früh. „Früher war das erst fast unmittelbar vor Weihnachten. Jetzt fängt es durch den Black Friday bei Onlinehändlern schon im November an. Die Leute bestellen gerade jetzt durch die Teuerung viel mehr schon dann“, erzählt Grabher Meier. „Die Black Week bei Amazon war schlimm“, bestätigt dies auch Thomas Tatschl, der in Langen bei Bregenz zustellt. Inzwischen sei die Anzahl der Pakete schon wieder gesunken, es ist aber immer noch einiges zu tun. „Es ist mehr als unter dem Jahr“, beschreibt Tatschl die aktuelle Lage. Vor Weihnachten stellt er täglich etwa 70 Pakete zu, unterm Jahr sind es hingegen nur 50.

Franz Burtscher macht an einem Arbeitstag 18000 Schritte. "Ich brauche kein Fittnesscenter", meint er lachend. <span class="copyright">Hartinger</span>
Franz Burtscher macht an einem Arbeitstag 18000 Schritte. "Ich brauche kein Fittnesscenter", meint er lachend. Hartinger


Doch Tatschl hat in seiner über 20-jährigen Tätigkeit schon stressigere Zeiten miterlebt: „Vor zwei Jahren während Corona war es ganz schlimm.“ Inzwischen bestellen die Vorarlberger wieder weniger als während der Corona-Beschränkungen.

Am Morgen in Bregenz.<span class="copyright">. Hartinger</span>
Am Morgen in Bregenz.. Hartinger

Auf den Geschmack gekommen

Doch Corona hat noch seine Nachwirkungen. „Viele Ältere, die davor nicht bestellt haben, bestellen jetzt“, erzählt Grabher Meier. Diese seien in dieser Zeit auf den Geschmack gekommen. Auch hätten viele Vorarlberger herausgefunden, dass man alltägliche Produkte wie Hundefuttersäcke oder Klopapier oder sogar Möbel online bestellen kann und somit auch nicht aus dem Geschäft nach Hause schleppen muss. Auch der 40-Jährige selbst bestellt online Geschenke, gibt er offen zu. Schließlich sichert das auch etwa seinen eigenen Arbeitsplatz. „Man muss kein schlechtes Gewissen haben“, beschwichtigt er. Nur bei schweren Paketen empfindet er das als gerechtfertigt. Dann sei ein Trinkgeld etwa ein tolles Dankeschön.

Mit dem E-Bike bei jedem Wetter unterwegs. <span class="copyright">Hartinger</span>
Mit dem E-Bike bei jedem Wetter unterwegs. Hartinger


Gerade solche Formen der Wertschätzung und der Kontakt mit den Kunden empfinden die meisten Zusteller als das Schönste an ihrem Beruf, wie die Gespräche während des geschäftigen Treibens in der Früh bei der Zustellbasis in Bregenz ergeben. So werden manche teilweise zum Mittagessen oder Kaffee eingeladen. Ebenfalls Norbert Hagspiel gefällt vor allem der Kundenkontakt an seinem Beruf und die Wertschätzung, die er von ihnen erfährt. Besonders schön findet er Erlebnisse, wie als ihm ein Mann mit seiner Frau entgegenkam und sich an ihn erinnerte, der schon als ­Fünfjähriger ihm die Tür geöffnet hatte. Für heute erwarten die Zusteller nicht mehr derart viele Pakete, da die meisten ihre Geschenke früh genug bestellen. Doch auch nach Weihnachten ist die stressige Zeit noch nicht geschafft. Zwischen Weihnachten und Neujahr ist es zwar kurzfris­tig lockerer, doch nicht jedes Geschenk findet Gefallen und Gutscheine werden dann erst nach Weihnachten eingelöst. „Im neuen Jahr zieht es wieder an, dann werden viele Päckchen wieder umgetauscht.“

Unter anderem von Wolfurt werden die Päckchen mit dem Lkw angeliefert. <span class="copyright">Hartinger</span>
Unter anderem von Wolfurt werden die Päckchen mit dem Lkw angeliefert. Hartinger