Keuchhusten und Grippe: Was bringt impfen?

Die Grippewelle hat Vorarlberg weiter fest im Griff. Und auch Keuchhusten ist auf dem Vormarsch. Matthias König erklärt, warum Impfungen gegen die Ausbreitung helfen.
Keuchhusten auf dem Vormarsch: Kärnten besonders betroffen
Die Grippewelle hat Österreich auch weiterhin fest im Griff, es ist aber längst nicht der einzige Erreger, der im Umlauf ist. Jahrelang war es kaum noch ein Thema, heuer steht Keuchhusten wieder auf dem Zettel der Diagnosen einiger Ärzte. Besonders schlimm ist die Lage derzeit in Kärnten. Seit dem Herbst beobachte man vermehrt Fälle, sagt Andrea Grisold, Leiterin des Bereichs Klinische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene und Impfungen an der Med Uni Graz. „Aktuell haben wir bis zu 25 positive Fälle pro Tag, es wird wohl eine starke Keuchhusten-Saison werden.“ Österreichweit gab es in den Jahren vor der Coronavirus-Pandemie über 2000 Fälle von Keuchhusten, 2018 waren es 2202, im Jahr darauf 2233. Während der Pandemie gab es, wie bei anderen Erkrankungen auch, nur einen Bruchteil dieser Fälle. Der Jahresbericht für 2023 wird aktuell gerade erstellt, für das Vorjahr rechnet die Ages mit 2700 Fällen.
In Vorarlberg ist die Lage derzeit noch entspannter, dennoch ist ein möglicher Anstieg der Fälle zu verzeichnen. Während es 2019 32 Fälle gab, in 2020 nur 25 und in den Coronajahren so gut wie keine (2021 0 Fälle, 2022 5 Fälle), stieg die Zahl im vergangenen Jahr wieder auf 27. In 2024 waren es bislang, nach gerade einmal einem Monat, bereits neun Fälle. „Die bisher gemeldeten neun Fälle sind ein möglicher Hinweis darauf, dass heuer vermehrt Fälle auftreten, wobei eine sichere Prognose für Vorarlberg nicht möglich ist“, erklärt Wolfgang Grabher Landessanitätsdirektor auf Anfrage der NEUE. Die Altersstruktur der gemeldeten Fälle sei krankheitstypisch. „Es sind Kinder von Ersten bis zum 17. Lebensjahr, wobei auch zwei Erwachsenen dabei sind.“ Die Erwachsenen seien eher untypisch und würden verdeutlichen, dass es sich bei Pertussis nicht nur um eine Kinderkrankheit handelt, sondern auch Erwachsene betroffen sein können.

Impfungen gegen Grippe und Keuchhusten: Wer sollte sich impfen lassen?
Sowohl gegen Grippe als auch gegen Keuchhusten gibt es eine Impfung. Während die Grippeimpfung laut Ständiger Impfkommission (Stiko) vor allem Menschen mit Vorerkrankungen, Personen ab 60 Jahren oder Schwangeren empfohlen wird, wird die Pertussis (Keuchhusten) Impfung allen Säuglingen und Kleinkindern empfohlen. Danach besteht eine Grundimmunisierung, die laut Stiko bei Erwachsenen im selben Rhythmus wie Tetanus- oder Diphtherieimpfungen aufgefrischt werden sollte. Worauf die dennoch steigenden Fallzahlen von Pertussis zurückzuführen sind, sei schwer zu sagen, so Grabher. Grundsätzlich sei aber „eine generelle Abnahme der Durchimpfungszahlen für alle ‚Kinderkrankheiten‘ feststellbar“.
Impfskepsis und ihre Folgen: Ein Allgemeinmediziner gibt Einblick

Dr. Matthias König, Allgemeinmediziner aus Bregenz, sieht die voranschreitende Impfskepsis kritisch. „Immer, wenn es eine Welle von Impfgegnern gibt, die sich weigern, ihre Kinder impfen zu lassen, bricht die Krankheit dann vermehrt aus.“ König erinnert sich zurück an seine Zeit im Krankenhaus. Auch dort habe er einen aufgrund einer fehlenden Impfung mit Pertussis infizierten Säugling behandeln müssen. Mit einer Impfung wäre es vermutlich nicht zu einem derart schlimmen Verlauf gekommen, wenn überhaupt eine Ansteckung stattgefunden hätte, meint er. So könne er sich auch vorstellen, komme es derzeit zu den erhöhten Keuchhusten-Fallzahlen. „Der Mensch ist meines Wissens nach das einzige Reservoire für die Erkrankung. Wenn also alle Menschen sich grundimmunisieren lassen würden, dann hätte die Krankheit keine Chance sich auszubreiten.“ Auffrischungsimpfungen seien auch bei Erwachsenen wichtig. Denn, wenn die Durchimpfungsrate bei Kindern schlecht ist, sodass sich ein Erreger ausbreiten kann, dann treffe er mitunter auch Erwachsene, die aufgrund fehlender Auffrischungen nur noch über einen schlechten Impfschutz verfügen. „Regelmäßig beim Arzt überprüfen lassen, welche Impfungen anstehen, ist auch für Erwachsene sinnvoll. Gut unter Beobachtung sind eigentlich nur die Kinder aufgrund des Mutter-Kind-Passes und der Schulimpfungen. Wenn die aber wegfallen, weil die Eltern deren Impfung verweigern, trifft es mitunter eben auch andere.“
Grippeimpfung: Steigende Nachfrage trotz Impfstoffmangel

Anders empfindet er heuer die Impfmoral im Hinblick auf die Grippeimpfung. „Im Vergleich zu den letzten Jahren ist die Nachfrage auf jeden Fall gestiegen. Unglücklich war natürlich, dass der Impfstoff ausgegangen ist und eigentlich mehr Nachfrage als Impfstoff da war.“ Grundsätzlich werte er das aber als ein gutes Zeichen. Er würde die Impfung entgegen der Stiko-Empfehlung nahezu jedem empfehlen. „Es gibt extra Impfstoffe, auch für Kinder, die nasal verabreicht werden. Wieso soll ich meinem Kind oder auch mir selbst dann nicht die zwei Wochen Krankenstand wegen Influenza ersparen, wenn ich es kann“, sagt er überzeugt. Die Schutzwirkung des Impfstoffes sei sehr gut. Außerdem sei der Impfstoff gut verträglich und rufe meist keine Nebenwirkungen hervor. In Vorarlberg waren in Kalenderwoche drei 205 Menschen an Influenza erkrankt. Im Vorjahr waren es nur 115 Fälle in der gleichen Woche.