Makler-Klage kostet Gemeinde mehr als 130.000 Euro

04.05.2024 • 06:00 Uhr
Makler-Klage kostet Gemeinde mehr als 130.000 Euro
Die Gemeinde Lingenau erwarb den Gasthof Löwen – was folgte, war ein Rechtsstreit.Klaus Hartinger

Laut Urteil kam es zu einem konkludenten Maklervertrag, als die Gemeinde Lingenau den „Löwen“ kaufte.

Im Dezember 2023 eröffnete der Gasthof zum Löwen in Lingenau mit neuen Pächtern seine Pforten. Neu ist dort seit Anfang des letzten Jahres auch der Eigentümer: Die Gemeinde Lingenau hat den Löwen samt Grundstück gekauft und dafür rund drei Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Dazu kamen rund 130.000 Euro an Maklerprovision, Verzugszinsen und Prozesskosten. Denn im Vorfeld rund um den Verkauf gab es einen Rechtsstreit. Immobilienmakler und Wohnbauträger Karl Zimmermann aus Göfis verklagte die Gemeinde Lingenau und bekam am Landesgericht Feldkirch Recht.

Pläne verworfen

Erstmals mit den Verkäufern getroffen hat man sich laut dem Lingenauer Bürgermeister Philipp Fasser Anfang 2022. „Zwei Herren waren Eigentümer des Gasthof Löwen. Einer von ihnen kam auf mich zu, um über die Zukunftspläne zu sprechen“, erzählt er im Gespräch mit der NEUE am Sonntag. Bei diesem Termin seien demnach einer der Verkäufer und der Kläger, Karl Zimmermann, anwesend gewesen. Man überlegte, den Gasthof zu einem Mehrparteienhaus mit Wohnungen umzubauen. Diese Pläne wurden aber verworfen, da sie für die Gemeindevertretung „schwer vorstellbar“ waren.

Bürgermeister Fasser und sein Vize Mathias Meusburger trafen sich ein zweites Mal mit den damaligen Löwen-Eigentümern, auch Zimmermann war wieder dabei. „Relativ schnell kam von der Eigentümerseite dann das Thema des Verkaufs ins Spiel.“ In der Folge wurde der Gemeinde ein Kaufanbot vorgelegt. „Dieses Anbot kam dann vom Kläger. Da war zum ersten Mal ersichtlich, dass eine Provision dabei ist“, so der Bürgermeister.

Das Kaufanbot für den Löwen lehnte er dann ab – primär, weil der Preis zu hoch war. Einige Monate später meldete sich Fasser beim zweiten Eigentümer, der das Gasthaus damals auch betrieb, und bekundete, dass immer noch Interesse am Kauf des Löwen bestehe. Die Verhandlungen nahmen wieder Fahrt auf, und Anfang 2023 einigten sich beide Seiten auf einen Kaufpreis von rund drei Millionen Euro für die Immobilie samt Grundstück.

Rechnung vom Makler

Im April 2023 erhielt die Gemeinde Lingenau dann Post von Karl Zimmermann: 108.000 Euro Maklergebühren sollte die Gemeinde begleichen. Doch gezahlt wurde nicht. Stattdessen schickte die Gemeinde eine schriftliche Erklärung samt Begründung. „Diese Provision ist nie ein Thema gewesen, da es von unserer Seite nie einen Auftrag gegeben hat“, erklärt Fasser.

Den muss es nach der Rechtsprechung aber gar nicht geben. Der Fall landete vor dem Landesgericht Feldkirch, das dann entschied: Die Gemeinde muss die 108.000 Euro zuzüglich Verzugszinsen und Prozesskosten der Gegenseite in der Höhe von rund 21.000 Euro tragen. Zusammengerechnet kommt damit eine Summe jenseits der 130.000 Euro heraus. Die Begründung im rechtskräftigen Urteil: Es handle sich um einen konkludenten Maklervertrag.

Sicht des Maklers

Kläger Karl Zimmermann erklärt im Telefonat mit der NEUE am Sonntag, wie die Geschehnisse aus seiner Sicht abliefen: „Wir wollten das Gebäude verwerten und haben gedacht, dass wir Wohnungen daraus machen könnten. Deswegen haben wir mit dem Bürgermeister bezüglich einer Umwidmung geredet.“ Da das nicht zustande kam, hatte der ZimCon-Inhaber eine Idee: „Da ich nicht nur Bauträger, sondern auch Immobilienmakler bin, schlug ich vor, dass die Gemeinde den Löwen kaufen könnte.“

Um die Verkäufer von dieser Idee zu überzeugen, habe er länger gebraucht: „Mit einem Steuerberater habe ich die steuerlichen Vorteile aufgezeigt.“ Außerdem nahm Zimmermann Banktermine wahr. Von der Festspieleröffnung 2022 sei er extra nach Lingenau gefahren, um den Deal abzuschließen. „Per Handschlag haben wir uns auf einen Kaufpreis von 3,2 Millionen Euro geeinigt. Da waren der Bürgermeister, der Vizebürgermeister, die Verkäufer und ich anwesend.“ Anschließend habe Zimmermann ein Kaufanbot gestellt – inklusive der gesetzlich vorgegebenen drei Prozent Maklerprovision. Das wurde bekanntlich abgelehnt.

Als sich im November Gemeinde und Verkäufer auf die Summe von drei Millionen Euro einigten, war Zimmermann nicht dabei. Im Grundbuch habe er dann gelesen, dass die Gemeinde Grundbesitzer ist. „In den endgültigen Kaufvertrag wurde sogar geschrieben, dass keine Maklertätigkeit vorhanden war und somit keine Provision fällig ist“, so der Bauträger und Makler. Dieser stellte daraufhin die bekannte Rechnung über 108.000 Euro, die die Gemeinde schließlich auch bezahlen musste.

Provision angeboten

Karl Zimmermann erklärt, der Bürgermeister habe ihm bereits im Zuge der Verhandlungen rund um das Kaufanbot im September 2022 1,8 Prozent an Provision angeboten. „Die drei Prozent sind allerdings gesetzlich vorgegeben“, betont der Kläger. Auch um eine außergerichtliche Einigung gab es Gespräche, doch beide Seiten betonen, dass die diskutierten Summen weit auseinander liegen.

„Da dachten einige in der Gemeindevertretung, dass sie schlauer sind“, mutmaßt er, betont aber, Fasser allein sei nicht schuld. Er sei davon ausgegangen, dass der Bürgermeister die Rechtslage kenne. Dieser sagt wiederum: „Im Urteil scheint es so, dass wir den Makler umgangen haben. Das kann ich klar verneinen, denn als die Kaufanbote kamen, haben wir die Provision abgelehnt. Abgebrochen haben wir die Verhandlungen schlussendlich wegen des zu hohen Verkaufspreises.“

“Da dachten einige in der Gemeindevertretung, dass sie schlauer sind.”

Kurt Zimmermann, Immobilienmakler und Wohnbauträger

Auf Berufung verzichtet

Berufung erhob man in Lingenau nach Rücksprache mit dem Rechtsbeistand mangels Erfolgsaussicht nicht. „Wenn man das Urteil liest, muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Rechtslage so ist. Mir geht es um das Thema an sich: Eigentlich ist es Wahnsinn, dass ohne Auftrag von Verkäufer- oder Käuferseite ein Vertrag zustande kommt, der uns am Ende 108.000 Euro kostet. Das kann ich bis heute nicht ganz nachvollziehen“, drückt Philipp Fasser sein Unverständnis aus. Bei den Verhandlungen sei der Kläger zunächst als Bauträger dabei gewesen, nachher habe er sich als Kollege und Unterstützer des Verkäufers dargestellt. „Zu wissen, dass Provisionsanspruch geltend gemacht werden kann, wenn jemand am Tisch sitzt, der möglicherweise Makler ist, ist schon spannend.“

„Eigentlich ist es Wahnsinn, dass ohne Auftrag von Verkäufer- oder Käuferseite ein Vertrag zustande kommt, der uns am Ende 108.000 Euro kostet. “

Philipp Fasser, Bürgermeister Lingenau

Rechtslage

„Stillschweigender“ Vertrag
Für einen Maklervertrag bestehen keine besonderen Formvorschriften. Somit kann ein Maklervertrag nach der Rechtsprechung nicht nur ausdrücklich – etwa durch Abschluss eines Vermittlungsauftrags – sondern auch konkludent (schlüssig) zustande kommen.
Quelle: Rechtsanwalt Daniel Lassingleithner, rechtsanwalt-maklerrecht.at