„Der Fehler ist, sich auf die faule Haut zu legen“

Christian Spitaler, Präventionsbeamter beim Landeskriminalamt, erklärt, wie Einbruchschutz richtig funktioniert.
“Das Böse ist immer und überall“, sang schon die Erste Allgemeine Verunsicherung im Jahre 1985. Dass die Herbst- und Winterzeit jedes Jahr auch die Hochsaison der Einbruchsaison einleitet, ist leider nichts Neues. Doch vor Einbrüchen kann man sich schützen. Der Anfang dazu kann ein kriminalpolizeiliches Beratungsgespräch sein, wie Christian Spitaler es macht. Er ist Präventionsbeamter beim Landeskriminalamt. Die NEUE am Sonntag hat den Chefinspektor bei einer Tour durch ein Haus begleitet.
Vanessa (Name von der Redaktion geändert) ist eine 22-jährige junge Frau, die allein in einem Haus im Unterland lebt. Das Haus ist schon in die Jahre gekommen, über 60 Jahre alt soll es auf jeden Fall sein. „Das sieht man an den Fenstern“, erkennt Christian Spitaler. Das Haus bietet jede Menge Schwachstellen, wie der Chefinspektor sofort feststellt.
Beginn der Tour
Die Tour beginnt, wo auch sonst, am Hauseingang. „Der Einbrecher schaut zuerst die Haustüre an. Mit einem Blick sieht er, dass er das Glas der Türe leicht einschlagen kann“, erklärt Spitaler. Laut ihm ließe sich die Türe sogar mit bloßem Körpergewicht aufdrücken. Das zweite Risiko, das Spitaler sofort auffällt, ist der ehemalige Briefkastenschlitz unten an der Türe.

Der Chefinspektor schüttelt den Kopf. „Mit einem einfachen Werkzeug könnte ein Einbrecher hier bis zu der Türschnalle greifen und die Türe von innen öffnen.“ Das Einfamilienhaus hat zwei Eingangstüren, die erste führt nur in den Vorraum. „Die ist eigentlich nie versperrt“, die junge Frau sieht etwas schockiert zu Christian Spitaler. „Das ist der große Fehler“, meint dieser. Die innere Türe ließe sich, wenn ein Einbrecher erst einmal im Haus ist, mit minimalem Aufwand öffnen. Türen lassen sich auch mit Holzkeilen mit Leichtigkeit aushebeln, erklärt Spitaler.

„Wenn sich ein Türblatt biegt, wird auf den einzigen Schließteil ein enormer Druck ausgeübt. Das können bis zu 600 Kilo sein.“ Da hilft es auch nicht mehr, wenn die Türe eigentlich verschlossen war. „Genauso schnell, wie das jetzt erklärt war, funktioniert es in der Regel auch.“ Was dem Chefinspektor noch fehlt, ist der Türspion. „Sie sehen nicht, wie viele Leute vor der Türe stehen, wenn es klingelt.“ Er empfiehlt einen Türspion mit 180 Grad Blickwinkel, oder eine Kamera im Außenbereich.
Freunde der Mechanik
Die Besichtigung geht weiter in den Heizraum des Wohnhauses. „Hier gibt es einen wunderbaren Zugang zum Haus“, schmunzelt Spitaler. Er deutet auf das Fenster, das eine perfekte Einstiegsmöglichkeit in den Heizraum bieten würde. „Hier ist das Fenster immer gekippt, weil es nach Öl riecht.“ Die anderen Fenster am Haus sind vergittert, ein einziges ohne Schutz würde aber völlig ausreichen, um einzusteigen. Auch die Fenster im Rest des Hauses stellen ein Problem dar.
„Die Fenster könnten sogar ohne, dass die Scheibe kaputt geht, aufgedrückt werden“, stellt Spitaler fest. Die sogenannte Fensterbohrer-Methode sei immer noch eine der gängigsten Einbruchsarten. Die Täter bohren dabei unterhalb des Griffs ein Loch in den Rahmen und öffnen das Fenster mit einem gebogenen Metall.

„Heute gibt es auch wieder neue-alte Einbruchsmethoden. Es werden beispielsweise wieder Fenster eingeschlagen, eine Methode, die eigentlich schon fast ausgestorben ist“, erklärt er. Dies würde teilweise sogar passieren, wenn die Bewohner zuhause sind. „Wir bei der Polizei sind Freunde der Mechanik“, erklärt Spitaler. „Mechanik hält den Täter draußen.“ Er empfiehlt einbruchshemmende Beschläge für Fenster. Auch eine Alarmanlage kann Abhilfe schaffen. Diese sollte aber, wenn dann gut sichtbar am Haus installiert und keinesfalls ein billiges Produkt, oder gar eine Attrappe sein. „Einbrecher recherchieren natürlich im Vorhinein online, wie Attrappen aussehen“, klärt Spitaler auf.
Alte Produkte
Auch im Wohnzimmer des Hauses fällt sofort eine große Glastüre im Stil der 60er Jahre auf. Mit mechanischem Hebel zum Öffnen, ein altes Produkt, welches heute kaum mehr zu finden ist. „Mit einem sogenannten Kuhfuß könnte man hier die ganze Türe aushebeln. Durch die Hebel-Mechanik öffnet sich die Türe dann wie von Geisterhand. Das zu sichern ist unmöglich.“

Die Türe führt in den Garten des Hauses, der nur durch eine alte Türe abgesichert ist. Dort liegen vor dem kleinen Schuppen Werkzeug und große Steine herum. Christian Spitaler schmunzelt. „Das ist ja fast eine Einladung.“

Auch der Rest des Wohnzimmers bereitet dem Chefinspektor Kopfzerbrechen. Eine große Glasfront bietet perfekte Einsicht in den Wohnbereich, auch wenn sie während des Rundgangs durch eine Jalousie abgedeckt ist. Doch ein Rollladen lässt sich kinderleicht mithilfe einer Schere abschneiden, klärt Spitaler auf. Einen kleinen Lichtblick gibt es jedoch für die junge Frau: „Je größer die Scheibe, desto geringer das Einbruchsrisiko.“ Eine Möglichkeit der Absicherung wäre einbruchsichere Folie, welche an der Innenseite der Fensterscheibe angebracht wird. Ein weiterer Punkt, der Spitaler auffällt, ist das Fehlen einer Beleuchtung im Gartenbereich. Hier empfiehlt er eine LED-Lampe mit Kleintierunterdrückung, die eine Person erhellen würde, sollte sie sich dem Haus durch den Garten nähern.
“Einbrecher recherchieren im Vorhinein online, wie Attrappen aussehen.”
Christian Spitaler, Polizei
Keine Konfrontation

Im Schlafzimmer des Hauses sieht man auf ein Gartentor, Spitaler nennt es liebevoll das „Hochsicherheitsgartentor“. Dieser Bereich ließe sich im Handumdrehen überklettern und kann so nicht einmal in den Einbruchschutz eingebunden werden. „Der Fehler, den viele Menschen machen, ist nichts zu tun. Sich auf die faule Haut zu legen und zu denken: Bei mir wird eh nicht eingebrochen.“ Spitalers Worte sind eindrücklich. Es muss etwas getan werden. Doch was sollte Vanessa im Falle eines Einbruches tun? „Wenn man zuhause ist, sollte man sich im Schlafzimmer verbarrikadieren. Die Schlafzimmertüre zusperren, die Polizei rufen und das Fenster aufreißen und um Hilfe schreien.“ Spitaler empfiehlt zusätzlich noch einen Pfefferspray zur Selbstverteidigung. Einbrecher würden aber prinzipiell den Kontakt zu ihren Opfern meiden, deswegen sollte man auch als Betroffener den Kontakt nicht suchen.
Eigenprävention
Im Internet:
- Einbrecher durchkämmen das Internet und soziale Medien nach Informationen über mögliche Einbruchsobjekte.
- Geben Sie keine Hinweise auf Ihre Abwesenheit.
- Achten Sie auf die Privatsphäre-Einstellungen der Plattform.
In der Wohnstätte:
- Vermeiden Sie Zeichen der Abwesenheit. Leeren Sie Briefkästen und beseitigen Sie Werbematerial.
- Bitten Sie eine Vertrauensperson oder Nachbarn, auch untertags nach dem Rechten zu sehen.
- Alarmanlagen können als Ergänzung eine abschreckende Wirkung haben.
- Schließen Sie Fenster, Terrassen- und Balkontüren zur Gänze (nicht kippen).
- Räumen Sie Werkzeuge, Leitern etc. weg, die für einen Einbruch genutzt werden könnten.
- Verwenden Sie bei Abwesenheit in den Nachmittags- und Abendstunden Zeitschaltuhren für die Beleuchtung und bringen Sie eine Außenbeleuchtung bzw. Bewegungsmelder an.
- Lassen Sie an Ihrer Wohnungstür Zusatzschlösser einbauen und schließen Sie diese auch bei kurzer Abwesenheit ab.
Im Keller und Fahrradraum:
- Der Keller ist besonders gefährdet – lagern Sie hier keine wertvollen Dinge, dazu gehören auch: Fahrräder, elektrische Werkzeuge, Instrumente etc.
- Fahrräder möglichst diebstahlsicher lagern; wenn es einen gesonderten Fahrradraum gibt, sollte dieser auch besonders gesichert sein (Zutrittsmöglichkeiten, sichere Schlösser).