“Die Kinder freuen sich, wenn sie mich morgens sehen”

10.11.2024 • 15:00 Uhr
Julia Wilhelm
Die Arbeit mit den Kindern macht der 19-Jährigen Spaß. Hartinger (9)

Julia Wilhelm (19) macht ihr freiwilliges soziales Jahr im Kindergarten und in der Kleinkindbetreuung Langenegg.

Nach dem Abschluss einer höheren Schule, nach der Matura, wissen viele nicht so recht, wohin mit sich. Ein Studium? Oder doch eine Ausbildung anfangen? Ins Ausland? So ging es auch Julia Wilhelm (19) aus Schnepfau. Sie stand nach ihrer Matura am Borg Egg vor der Frage, die sich viele stellen: und was jetzt?

Julia Wilhelm
Die Kleinen sind gerne draußen.

„Ich war mir nach meiner Matura absolut nicht sicher, was ich machen möchte. Meine Zukunft war völlig offen“, erzählt Julia. Sie stieß auf das Programm „FSJ“ (freiwilliges soziales Jahr) in Götzis und war sofort begeistert. Im Rahmen eines Kurses erfuhr sie, welche Möglichkeiten sie hatte. „Ich bekam verschiedene Institutionen angeboten, ich habe mich für Langenegg entschieden“, erzählt sie weiter. Nach einem Bewerbungsgespräch fühlt sie sich sofort wohl. „Wir sind ein tolles Team und verstehen uns so gut untereinander“, schwärmt sie. Seit September dieses Jahres arbeitet sie nun schon in Langenegg.

Zwergenpost

Ihre Aufgabenbereiche sind der Kindergarten, die Spielgruppe und Bürotätigkeiten im sozialen Bereich, wie beispielsweise das Gestalten der Kindergartenpost, der sogenannten „Zwergenpost“. Diese informiert Eltern am Ende einer Woche, oder eines Monates über die Aktivitäten der Kinder. Auch Geburtstagstermine stehen in der selbst gestalteten Post. Außerdem spielt Julia mit den Kindern und beschäftigt sie. Auch beim Mittagstisch in der Ferienbetreuung war sie dabei.

Julia Wilhelm

Aufgaben wie im Nassbereich helfen, oder die Kleinkinder wickeln, darf sie allerdings nicht übernehmen. Sie passt auf die Kinder auf und verbringt Zeit mit ihnen. Ein weiterer Vorteil ist der, dass durch ihre Hilfe Urlaubsstände und Personalmangel teilweise besser überbrückt werden können. „Dieses hin- und herspringen ist für mich nicht unangenehm. Im Gegenteil, es ist so schön zu sehen, wie die Kinder sich entwickeln.“ Sie spielt dabei auf den Altersunterschied von der Kleinkindbetreuung zum Kindergarten an. „Es ist toll zu sehen, was für einen Ruck die Kinder machen.“ Zusätzlich zu der praktischen Arbeit mit den Kindern kommt mittwochs noch ein begleitender Kurs hinzu.

Julia Wilhelm
Die Bindung zwischen Julia und den Kindern ist sehr eng.

Eine gute Möglichkeit

„Ich hatte immer schon im Hinterkopf, mit Kindern zu arbeiten, die Idee zum freiwilligen sozialen Jahr kam aber erst Ende des letzten Schuljahres. Ich mag den Gedanken, etwas Gutes zu leisten und Leuten zu helfen.“ Es sei auch eine gute Möglichkeit, um für sich herauszufinden, ob die Arbeit mit Kindern das Richtige für einen sei und man könne sich auf sozialer Ebene gut weiterentwickeln.

Julia Wilhelm
Es ist immer was los im Zwergengarten.

„Man wird mit vielen Situationen konfrontiert, die man sonst vielleicht im Alltag nicht so mitbekommen würde. Man lernt fürs Leben“, so Julia. Eine Herausforderung stellt das Arbeiten mit Kindern für sie aber nicht dar. „Ich hatte immer schon das Gefühl, dass ich mit Kindern gut umgehen kann und habe sie gerne um mich.“ Das Lächeln auf ihrem Gesicht bestätigt Julias Leidenschaft für die Arbeit mit Kindern.

Keine volle Verantwortung

Das FSJ bietet die Möglichkeit eines ersten Blickes in eine Sozialeinrichtung beziehungsweise eine soziale Tätigkeit, ohne, dass der volle Verantwortungsdruck auf einem lastet. Trotzdem ist man ein wertvoller Teil des Teams. „Ich kann und darf in der Betreuung nicht alle Aufgaben übernehmen und kann bei Stresssituationen immer Hilfe suchen.“

Für die ständige Unterstützung der Betreuerinnen ist die 19-Jährige sehr dankbar. „Jeden Morgen, wenn ich in den Kindergarten komme, freuen sich die Kinder mich zu sehen. Das ist echt total süß“, strahlt sie. Die Kinder haben sie vom ersten Tag an herzlich angenommen und aufgenommen. „Ich würde ein FSJ jedem und jeder ans Herzen legen. Ich kann es nur empfehlen.“ Es sei eine gute Option, um sich neu zu orientieren. „Es ist nach einem Maturaabschluss eine wunderbare Möglichkeit, den Horizont zu erweitern.“

Zuhause bleiben

Ins Ausland zu gehen, war für die 19-Jährige nie eine Option. „Ich wollte etwas Gutes für mein Land leisten“, erklärt Julia. „Ich kenne aber viele, zum Beispiel aus meiner ehemaligen Klasse, die ihr freiwilliges soziales Jahr in Argentinien machen.“ Das kam für sie aber nie infrage.

Julia Wilhelm
Auch der Sandkasten ist eine beliebte Beschäftigung.

„Mir gefällt es wahnsinnig gut, dass die Kinder hier Kinder sein dürfen. Die Kleinen sind oftmals ziemlich direkt, das mag ich“, schmunzelt Julia. „Die Lebensfreude der Kinder ist wunderbar, das ist ansteckend. Es ist so ein schönes Gefühl, mit ihnen hier sein zu dürfen.“ Die 19-Jährige schätzt ihre Arbeit in Langenegg. „Ich bin dankbar, dass ich das hier machen darf, das ist absolut nicht selbstverständlich. Jeder Tag ist schön.“ Sie schätzt auch den Rhythmus, den die Arbeit mit den Kindern ihr gibt. Die Tagesstruktur bleibt ähnlich, das hilft ihr, sich gut zurechtzufinden.

Mit Leichtigkeit

„Ich habe mich von dem FSJ überraschen lassen. Ich hatte keine konkreten Vorstellungen“, erzählt Julia. Doch bisher hat sie nur positive Erfahrungen gesammelt. Noch bis Mitte Juli 2025 hat die 19-Jährige nun die Möglichkeit, Erlebnisse zu sammeln und wer weiß: Vielleicht hält die Zukunft ja einen Beruf mit Kindern bereit. „Ich mache meine Arbeit hier mit Leichtigkeit. Die Kinder nehmen mir die Zeit ab.“

Julia Wilhelm
Früh übt sich.


„Es ist auch irgendwo eine Vorbildfunktion. In Vorarlberg gäbe es sicher in vielen Gemeinden Potenzial für junge Menschen, die ein FSJ machen wollen“, findet auch Belinda S. de Mesquita, von der Gemeinde Langenegg.

Gemeindeamt Langenegg
Belinda S. de Mesquita