Informationsfreiheit bleibt Spielball der Politik

Im Land beginnt erneut eine Debatte über die Reform des Auskunftsrechts der Bürger.
Die bisherige Erfolgsbilanz der Bundesregierung in Sachen Transparenz fällt bescheiden aus. Weder das versprochene neue Parteiengesetz, noch das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wurden beschlossen, obwohl für beides bereits Entwürfe vorliegen würden.
In Vorarlberg hat sich die Koalition währenddessen auf ein Transparenzpaket geeinigt, dessen Details noch präsentiert werden sollen. Darin jedenfalls nicht enthalten ist eine Neuordnung der Informationsfreiheit auf Landesebene. Aktuell ist die Zuständigkeit bei der Auskunftspflicht der Behörden zwischen Bund und Ländern geteilt: Der Bund regelt im Auskunftspflichtgesetz, wie mit Bürgeranfragen an Bundesbehörden umzugehen ist, während die Länder eigene Gesetze für Anfragen an die Landes- und Gemeindeverwaltungen geschaffen haben.
Zusätzlich gibt es noch das Umweltinformationsgesetz (UIG), das Anfragen zu Umwelt- und Gesundheitsthemen wie etwa Emissionen regelt. Dieses Gesetz geht im Kern auf eine EU-Richtlinie zurück und ist daher wesentlich bürgerfreundlicher als die anderen Bundes- und Landesgesetze.
So müssen die Behörden nach dem UIG innerhalb zwei Wochen mitteilen, ob sie die Anfrage beantworten oder nicht und innert zwei Monaten begründen, wenn sie eine Information verweigern. In den anderen Fällen können sie sich für die Beantwortung acht Wochen und für die Begründung der Ablehnung ein halbes Jahr Zeit lassen. Das geplante Informationsfreiheitsgesetz hätte hier Verbesserungen bringen sollen.
Weiter warten
Nach dem Plan der Bundesregierung soll das IFG in Zukunft auf die Beantwortung von Anfragen der Bürgern aber auch von Medien Anwendung finden. Die Frist für Antworten soll damit etwa generell auf vier Wochen verkürzt werden.
Doch das Gesetz, dessen Begutachtung bereits im April 2021 beendet wurde, ist noch immer nicht beschlossen. Das liegt am Widerstand der Länder. Unter anderem beschwerten sich die Landtage massiv darüber, hinkünftig der Auskunftspflicht zu unterliegen – und das, obwohl laut Entwurf gar keine Beschwerde möglich wäre, wenn Auskünfte in Angelegenheiten der Gesetzgebung verweigert werden.
Braucht es einen Skandal?
Außerdem sollen die Länder eine Flut an Anfragen befürchten, die sie zu bearbeiten haben könnten. Die meisten solcher Anfragen wären allerdings schon jetzt nach den geltenden Gesetzen möglich, nur ist das wenig bekannt und Bürger müssen deutlich länger auf Antworten warten.
Dass die Landesregierung die Pläne nicht mit offenen Armen begrüßt, stößt dem Landtagsabgeordneten Johannes Gasser (Neos) sauer auf: „Vorarlberg könnte hier in die Vorlage gehen und neue Maßstäbe setzen. Offensichtlich braucht die ÖVP für solche Schritte aber einen Skandal in den eigenen Reihen und im Land – wie bei der Parteienfinanzierung –, damit sich etwas bewegt.“ Bereits vor über zwei Jahren haben die Neos einen Antrag im Landtag eingebracht, um die Informationsfreiheit auf Landesebene großzügiger zu gestalten. Dieser wurde allerdings von der Koalition im Rechtsausschuss vertagt.
Bei der Volkspartei sieht man die Angelegenheit naturgemäß weniger dramatisch. Landeshauptmann Markus Wallner hat einen Vorarlberger Alleingang bei der Informationsfreiheit 2019 mit Blick auf die erwartete Regelung durch den Bund und die komplexe Kompetenzverteilung als vergebene Liebesmühe bezeichnet.
„Wir haben den Antrag damals vertagt, weil es aus unserer Sicht nicht sinnvoll ist, in Vorarlberg in Sachen Informationsfreiheit – mit dem Bund in keiner Weise abgestimmt – vorzupreschen und dann das Landesrecht allenfalls wieder an geändertes Bundesrecht anzupassen, zumal die Kompetenzen des Landes in dieser Materie ja überschaubar sind“, heißt es heute dazu aus dem Landtagsklub.
Die Vorarlberger Neos haben jedoch wenig Lust auf eine Bundeslösung zu warten, zumal diese von den Ländern selbst blockiert wird.
„Die große Transparenzoffensive bleibt aus. Die Hinterzimmerpolitik geht weiter. Eine Schande!“, konstatiert Gasser. Er will mit seinem Landtagsklub den vertagten Antrag aus dem Jahr 2019 im Rechtsausschuss des Landtages neuerlich zur Debatte stellen. Den Bürgern, so heißt es darin, solle durch eine landesgesetzliche Regelung „der verfassungsrechtlich größtmögliche Zugang“ zu Verwaltungsinformationen auf Landes- und Gemeindeebene garantiert werden.
Grüne erhöhen Druck
Auch die Vorarlberger Grünen erhöhen indes den Druck in Sachen Informationsfreiheit, allerdings in Richtung der Bundesregierung. Landesrat Johannes Rauch fordert, angesichts der Blockadehaltung der Länder, diese bei der Reform der Informationsfreiheit zu übergehen. Er bitte ÖVP und Grüne, sich über die Widerstände von Ländern und Gemeinden hinwegzusetzen, erklärte Rauch am Donnerstag gegenüber der APA.
Sonderlich einfach dürfte dieses Ansinnen allerdings nicht umzusetzen sein. Das im Vorjahr vorgelegte Paket sieht nämlich eine Verfassungsänderung vor, nach der das Informationsfreiheitsgesetz nur mit Zustimmung der Länder erlassen und abgeändert werden könnte.
Dementsprechend müsste der Entwurf zum IFG noch einmal aufgeschnürt werden, wollte man die Länder ausbremsen. Diese könnten aber dennoch versuchen, die Beschlussfassung im Bundesrat zu blockieren, der in diesem Fall dem Gesetz zustimmen muss. Landesrat Rauch will dennoch nicht noch länger zuwarten: „Es muss diese Regierung sein und in diesem Jahr.“
Blick Richtung Bund
Dass die Vorarlberger Grünen angesichts ihrer auf den Bund gerichteten Strategie, einer umfassenden und aufwendigen Gesetzesänderung auf Landesebene zustimmen werden, wie sie die Neos fordern, scheint wenig wahrscheinlich.
Auch der Koalitionspartner setzt weiter auf die Bundeskarte, da „die Bundesregierung nach wie vor gewillt ist, das Vorhaben umzusetzen“. Man sei deshalb mit den Grünen im Gespräch und können sich vorstellen, zumindest einem Punkt des Neos-Antrags in modifizierter Form zuzustimmen.
Kritische Punkte
Die Punkte des Antrags der Neos-Abgeordneten im Landtag enthalten aber nicht nur die Forderung nach einem eigenen Vorarlberger Informationsfreiheitsgesetz, sondern auch weitere Transparenzmaßnahmen, die man im Land jederzeit ohne den Bund umsetzen könnte, wenn darüber Konsens bestünde. So wird etwa die unabhängige Besetzung von Landesstellen gefordert. Posten dürften nicht „als Beschäftigungsstätten für ,die eigenen Leute‘ angesehen werden“, so die Neos. Auch an anderer Stelle ortet man Nachschärfungsbedarf: „Großzügig wird im Land auch mit den Vergaben von Förderungen umgegangen“, heißt es weiter.
Ob und inwieweit diese Punkte Teil des Transparenzpaketes sein werden, auf das sich ÖVP und Grüne im Land kürzlich geeinigt haben, ist noch unklar. Dieses soll vor allem bei der Wahlkampffinanzierung Änderungen bringen. ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück kündigte etwa eine Verkürzung der Wahlkampfzeit, klare Regeln für Wahlkampfbudgets und eine Begrenzung der Zahl an Wahlplakaten an.
Zustimmung mit Bedingung
Im letzten Punkt ihres Antrages aus dem Jahr 2019 fordern die Neos die Landesregierung auf, „sich bei der Bundesregierung für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes“ einzusetzen, auch wenn die Forderung in einem gewissen Widerspruch zur ebenfalls verlangten landesgesetzlichen Lösung steht. Wie die Abstimmung über den unverbindlichen Entschließungsantrag ausgeht, wird sich im Rechtsausschuss am 3. März entscheiden.
Die ÖVP kann sich zwar vorstellen, dem letzten Punkt – es ist auch der einzige, der keine Maßnahmen fordert – zuzustimmen, stellt allerdings Bedingungen. Die Volkspartei wünscht sich, dass dann in der Entschließung des Landtages auf die Stellungnahme des Amtes der Landesregierung zum Informationsfreiheitsgesetz Bezug genommen wird. Darin hieß es unter anderem, man stehe dem Entwurf zwar grundsätzlich positiv gegenüber, habe aber „doch zahlreiche Bedenken zur konkreten Ausgestaltung“.