“Wir werden keinem Brückenstandort gegen Lustenauer Interesse zustimmen”

Lustenau wehrt sich gegen die Neuerrichtung der Rheinbrücke am jetzigen Standort, für die die Schweiz plädiert. Der Landtag sieht das ähnlich. Dort fordert man aber eine Gesamtlösung.
Jene Rheinbrücke, die Lustenau mit der schweizerischen Gemeinde Au verbindet, ist baufällig und muss neu errichtet werden. Das soll jedoch an einem anderen Standort geschehen – darüber ist man sich in Lustenau fraktionsübergreifend einig. Fünf entsprechende Stellungnahmen der Lustenauer Gemeindevertretung wurden in den letzten Jahren einstimmig verabschiedet und an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Mehreren Medienberichten zufolge ist das aber nicht im Interesse der Schweiz, wo ein Autobahnanschluss direkt hinter dem Zollamt liegt.
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Die Lustenauer Landtagsabgeordneten Christine Bösch-Vetter und Daniel Zadra (beide Grüne) brachten im Volkswirtschaftlichen Ausschuss einen Antrag ein, wonach die Landesregierung sich „mit aller Vehemenz gegen die Neuerrichtung der Brücke am bestehenden Standort wehren“ soll. Darüber wurde am späten Mittwochnachmittag im Landtag debattiert.
Landtagsdebatte
„Dass sich in Lustenau alle Parteien in einer Verkehrsfrage einig sind, ist so verrückt, wie wenn in Dornbirn ein Roter Bürgermeister wird“, zog Bösch-Vetter gleich zu Beginn der Debatte einen amüsanten Vergleich. Die Lustenauerinnen und Lustenauer hätten die Last des grenzüberschreitenden Verkehrs lange genug getragen. „Ziel muss sein, die verkehrsgeplagte Bevölkerung durch eine Neupositionierung und Redimensionierung der Grenzbrücke zu entlasten.“ Dass die Landesregierung eine eigene Ausschussvorlage einbrachte, in der man zusicherte, sich mit der Standortgemeinde Lustenau „weiter abzustimmen“, reicht Bösch-Vetter nicht. „Ich kann keinen Willen des Landes erkennen“, kritisierte sie. Es gebe einen gemeinsamen Untersuchungsperimeter vom jetzigen Brückenstandort bis zum Reichshofstadion. „Jeder Meter südlicher entlastet Bürgerinnnen und Bürger. Nur, weil die Schweiz auf der für sie bequemsten Lösung beharrt, heißt das nicht, dass das Land klein beigeben muss“, so die Grünen-Abgeordnete, die die S18 aber ablehnend als „Märchenstraße“ bezeichnete.

Neos-Verkehrssprecher Gerry Thür, der zu Beginn seiner Rede erwähnte, er habe vor Schreck ein Glas Wasser über seine Unterlagen geschüttet, plädierte nach dem anfänglichen Gelächter im Plenum für eine „Win-win-Situation“ für beide Seiten – Vorarlberg und die Schweiz. „In Wahrheit braucht es eine Gesamtlösung, dazu gehört auch die S18“, betonte er. Je nachdem, ob die CP-Variante der S18 überhaupt genehmigungsfähig sei, könne eine neue Rheinbrücke auch anders dimensioniert sein – „vielleicht sogar nur eine Fahrradbrücke.“

Für ÖVP-Verkehrssprecher Clemens Ender sprechen nicht alle Sachargumente gegen eine Ablehnung des aktuellen Brückenstandorts: So habe ein Neubau beim Reichshofstadion den Nachteil, dass Häuser abgerissen werden müssten und eine Zollstelle keinen Platz hätte. Ender verweist ebenfalls auf eine Gesamtlösung der Verkehrsthematik: „Die wirkliche Entlastung Lustenaus ist erst dann möglich, wenn der Schwerverkehr nicht mehr durch das Ortsgebiet geführt wird und es eine attraktive Alternative gibt – wie auch immer diese dann heißen mag.“

Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ), in der Landesregierung für Verkehrsangelegenheiten zuständig, betonte: „Ich habe schon im Ausschuss gesagt: Es wird im Planungsprozess eine Erkenntnis geben, dass der Brückenstandort dort bleiben soll, wo er ist.“ Entgegen dieser Erkenntnis nehme die Landesregierung die folgende Position ein: „Wir werden keinem Brückenstandort gegen das Interesse der Gemeinde Lustenau zustimmen. Es gibt einen einstimmigen Beschluss dagegen. Darum werden wir gemeinsam mit der Gemeinde dafür kämpfen, dass die Brücke an diesem Standort nicht kommt.“ Klar positionierte sich Bitschi auch zu einer gesamtheitlichen Verkehrslösung inklusive S18: „Wenn Sie wollen, dass Lustenau vom Schwerverkehr entlastet wird, wird es eine Umfahrungsstraße brauchen.“

Zum Abschluss meldete sich auch der neue Lustenauer Bürgermeister, ÖVP-Abgeordneter Patrick Wiedl, zu Wort: „Für mich steht das Wohl der Lustenauer Bevölkerung im Zentrum meines Handelns.“ Sowohl der Antrag der Grünen als auch die Ausschussvorlage von FPÖ und ÖVP würden ihm als Versuch erscheinen, „auf den Rücken der Lustenauer Bevölkerung und meiner Person politisches Kleingeld zu wechseln.“ Das sei nicht sein Zugang. Klar stellte Wiedl sich hinter die einstimmigen Beschlüsse aus seiner Heimatgemeinde. Für seine Zusicherung, nicht gegen den Willen Lustenaus entscheiden zu wollen, wolle er Bitschi einen Vertrauenszuschuss schenken. Klar betonte der Neo-Bürgermeister aber auch: „Sollte ich das Gefühl habe, dass etwas auf dem Rücken der Lustenauer Bevölkerung geplant wird, werde ich in Zukunft solchen Anträgen der Opposition gerne zustimmen.“

Bei der finalen Abstimmung blieb der Antrag der Grünen in der Minderheit, lediglich die Opposition stimmte zu. Für den Abänderungsantrag der Regierungsparteien, sich weiter mit Lustenau abstimmen zu wollen, votierten hingegen alle Parteien, mit Ausnahme der Grünen.