Sport

Groß distanziert sich von der VEU Feldkirch

31.03.2024 • 05:50 Uhr
Groß distanziert sich von der VEU Feldkirch
Beim Pressetalk vom 23. Juli 2019 wurde Christian Groß (r.) in der VEU-Kabine von VEU-Präsident Pit Gleim (l.) offiziell als zweiter Geschäftsführer der VEU Feldkirch vorgestellt. Philipp Steurer

Nach der Play-off-Euphorie bei den Pioneers rücken in Feldkirch wieder zwei Probleme in den Fokus: Wer Hauptsponsor wird sowie die Steuer­untersuchungen gegen die VEU.

In den vergangenen Wochen herrschte bei und um die Pioneers Vorarlberg große Euphorie. Erst schafften es die Feldkircher als Zehnte in die Pre-Play-offs, dann überstand man mit begeisterndem Hockey das Knockout-Duell mit Innsbruck, und schließlich lieferte man dann dem KAC im Viertelfinale einen harten Abnützungskampf, bei dem die Stanley-Cracks letztlich mit 2:4 unterlagen. Die Vorarlberghalle war voll, die Pioneers in aller Munde. Doch nach dieser Play-off-Euphorie ist bei den Pioneers wieder der Alltag eingekehrt. Die Feldkircher stehen vor großen Herausforderungen.

Steueruntersuchungen und Hauptsponsor
Denn nun kommen die über Monate hinweg totgeschwiegenen Themen wieder auf den Tisch, die für die weitere Zukunft des Eishockeystandorts Feldkirch so entscheidend sind: die Fixierung eines Hauptsponsors sowie die Steueruntersuchungen gegen die VEU Feldkirch mit den damaligen Geschäftsführern Christian Groß und Michael Lampert. Die Finanzpolizei ermittelt seit nunmehr über einem Dreivierteljahr wegen des Verdachts der systematischen Abgabenhinterziehung in mindestens den Spielzeiten 2019/20 und 2020/21.
In diesen Spielzeiten, in denen die Feldkircher noch als VEU in der Alps Hockey League spielten, sollen, so der Verdacht, erhebliche Teile der Gehaltszahlungen am Finanzamt und der Krankenkassa vorbei schwarz ausbezahlt worden sein. Da Lampert und Groß so wie der seinerzeitige VEU-Präsident Pit Gleim vor zwei Jahren die Seiten gewechselt haben und nun bei den Pioneers die Fäden ziehen, schwebt seit Beginn der Steueruntersuchungen im Frühjahr 2023 ein Damoklesschwert über dem Projekt Pioneers Vorarlberg. Denn eine Trennung zwischen der VEU und den Pioneers ist de facto nicht möglich. Zumal, Eishockeyfans wissen, was jetzt kommt, die Feldkircher bei der Gründung der Pioneers für die Abwicklung der Geschäfte im Juli 2022 keine neue GmbH gründeten, sondern die bestehende VEU Event GmbH kurzerhand in Pioneers Vorarlberg Betriebs GmbH umbenannten.

Christian gross und Michael lampert enthüllen pioneer logo
Am 30. Mai 2022 präsentierten Christian Groß und Michael Lampert zusammen mit Pit Gleim den neuen Verein Pioneers Vorarlberg. Das Verhältnis war innig. Hartinger

Strafmaß

Sollten sich bei den Steueruntersuchungen die Verdachtsmomente bestätigen, droht dem Eishockeystandort Feldkirch im harmlosesten Fall eine saftige Strafzahlung, die eine Höhe von bis zur doppelten Summe des hinterzogenen Betrags haben kann. Also: Würde bei der VEU eine Abgabenhinterziehung von 150.000 Euro festgestellt werden, könnte neben einer Steuernachzahlung eine Strafzahlung von bis zu 300.000 Euro fällig werden. Sollten Verträge, Rechnungen oder andere Dokumente wie Bilanzen wahrheitswidrig ausgestellt worden sein, wäre das als Abgabenbetrug zu werten – dann würde das Gesetz einen Strafrahmen von bis zu 1,5 Millionen Euro hergeben.
Soll heißen: Es kommt also nicht nur darauf an, ob sich die Verdachtsmomente gegen die seinerzeitigen VEU-Geschäftsführer Groß und Lampert bestätigen, sondern auch in welchem Ausmaß. Das riesige Problem bei den aktuellen Steueruntersuchungen ist – für die Feldkircher aber justament der Schwellenwert von 150.000 Euro: Sollte eine Abgabenhinterziehung von über 150.000 Euro festgestellt werden, würde es zur Anklage kommen, dem oder den Angeklagten würde dann Schlimmstenfalls eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen. Hinzukommen könnten auch erhebliche Sozialabgaben-Nachzahlungen an die Krankenkassa.

Falsch adressiert

Die NEUE richtete am Freitag an den seinerzeitigen VEU-Geschäftsführer und jetzigen Pioneers-Geschäftsführer Christian Groß eine Anfrage zum aktuellen Stand der Steuer­untersuchungen. Die Antwort von Groß lässt tief in die aktuelle Gemengelage in Feldkirch blicken: „Ich darf Sie darüber in Kenntnis setzen, dass Anfragen bezüglich des Vereins VEU Feldkirch an mich falsch adressiert sind – verweise an die zuständigen Personen, die Ihnen bekannt sein dürften.“
Was einen Faktencheck verlangt. Groß wurde im Frühjahr 2019 neben Lampert zweiter VEU-Geschäftsführer, bei der am 7. Juni 2019 gegründeten VEU Event GmbH wurden Groß und Lampert am 26. Juni 2019 als gemeinsame Geschäftsführer bestellt. Am 23. Juli 2019 erklärte Groß bei einem Pressetalk in der VEU-Kabine die Aufgabenverteilung zwischen ihm und Lampert: „Michael arbeitet im sportlichen Bereich. Ich versuche, das Umfeld für die Wirtschaft, Sponsoren und die Infrastruktur zu verbessern“.
In einer der NEUE vorliegenden juristischen Aufarbeitung der Haftungsrisiken von Geschäftsführern heißt es in Bezug auf eine Ressortverteilung bei mehreren Geschäftsführern: „Bestimmte Pflichten treffen jedoch auch in diesem Fall jeden einzelnen Geschäftsführer, so etwa die Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung oder zur korrekten Aufstellung des Jahresabschlusses. Darüber hinaus ist auch im Falle einer Ressortverteilung zu beachten, dass jeden einzelnen Geschäftsführer jedenfalls stets die Pflicht zur Kontrolle und Überwachung der anderen Geschäftsführer und der Gesamtgebarung der Gesellschaft trifft.“

Christian gross
Groß will mit der mutmaßlichen Abgaben-Affäre nichts zu tun haben. Hartinger

Vieraugenprinzip

Gemäß Paragraf 25 Absatz 2 des GmbH-Gesetzes haften alle Geschäftsführer solidarisch für einen aus einer Sorgfaltspflichtverletzung entstandenen Schaden. Dass Groß also mit den Steueruntersuchungen nichts zu tun haben will, ist zwar durchaus nachvollziehbar, inwieweit das die Untersuchungsbehörden ebenso sehen, wird sich mintunter schon demnächst zeigen. Ein Großteil der belastenden Unterlagen soll bei Lampert gefunden worden sein, auch deshalb soll das Verhältnis zwischen dem Führungstrio Gleim-Groß-Lampert angespannt sein. Dass sich die Ermittlungen auf Lampert beschränken, wäre aber eine Überraschung, zumal Groß und Lampert eben gemeinsame Geschäftsführer bei der VEU waren, also das Vieraugenprinzip galt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Was wiederum zum anderen großen Problem in Feldkirch führt: der Sponsorensuche der Pioneers. Die NEUE hatte am 17. September 2023 exklusiv berichtet, dass der Vertrag des Haupt- und Namenssponsors Bemer im Frühjahr 2024 nach nur zwei Spielzeiten ausläuft, was das Liechtensteiner Gesundheitsunternehmen der NEUE just selbst offenbart hatte. Bemer antwortete nämlich auf eine NEUE-Anfrage, ob Bemer denn überhaupt noch Sponsor der Pioneers wäre: „Vielen Dank für Ihre Nachfrage bezüglich unseres Engagements bei den Pioneers Vorarlberg. Der aktuelle Sponsoringvertrag läuft im Frühjahr 2024 aus. Wir passen unsere Sponsorings und Aktivitäten regelmäßig an, und in diesem konkreten Fall ist ein weiteres Engagement über diesen Zeitraum hinaus aktuell nicht geplant“. Vor sechs Wochen fragte die NEUE bei Bemer nach, ob diese Entscheidung weiterhin Bestand habe, woraufhin die Liechtensteiner den Ausstieg nicht dementierten.
Aus Rücksicht auf die sportlichen Ziele der Pioneers verzichtete die NEUE bis heute auf eine Veröffentlichung dieser Nachricht. Sponsoren kommen und gehen zwar, aber Bemer ist weit mehr als nur ein Sponsor bei den Pioneers. Die Vertragssumme soll deutlich über den marktüblichen Beträgen von etwa 250.000 Euro gelegen haben, die ein Hauptsponsor in der ICE Hockey League für gewöhnlich entrichtet. Diese Überzahlung soll eine Art Starthilfe von Bemer-Gründer Peter Gleim für seinen Sohn und Pioneers-Präsidenten Pit Gleim gewesen sein.
Zwei Fakten zeigen jedenfalls die etwas seltsame Beziehung zwischen den Pioneers und ihrem Hauptsponsor: Auf dem Jersey der Pioneers musste man den Namensschriftzug Bemer regelrecht mit der Lupe suchen, zudem finden die Pioneers in den Kommunikationskanälen von Bemer nicht statt – selbst nicht während der spannenden Play-off-Wochen, die sich ideal für Werbemaßnahmen angeboten hätten.

Ausblick

Bleibt es also beim Ausstieg von Bemer, brauchen die Pioneers einen Großgeldgeber, mit einem bloßen Hauptsponsor wird das aktuelle Niveau nicht zu halten sein. Auf die NEUE-Anfrage, ob geklärt ist, wer in der Saison 2024/25 Haupt­sponsor bei den Pioneers Vorarlberg sein wird, antwortete Groß: „Bezüglich Anfrage Pioneers: zu gegebener Zeit werden die Bemer Pioneers Vorarlberg die Öffentlichkeit informieren.“
Bleibt im Sinne aller Beteiligter sowie des Vorarlberger Eishockeys zu hoffen, dass in Feldkirch wirtschaftlich tragfähige Lösungen gefunden werden. Dass es dafür einen Umbruch in der Führungsriege der Pioneers brauchen könnte, scheint zumindest nicht abwegig.