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Dylan Stanley soll’s wieder richten

15.09.2024 • 09:49 Uhr
Dylan Stanley soll’s wieder richten
Die Hoffnungen der Feldkircher ruhen nicht zuletzt auf Headcoach Dylan Stanley, der aus den Pioneers wieder eine schlagkräftige Gruppe formen soll. Dietmar Stiplovsek

Am Freitag beginnt die Saison in der ICE-Liga. Die Pioneers Vorarlberg gehen mit einem runderneuerten Kader in die Spielzeit. Ein Ausblick.

Es ist das Los kleinerer Organisationen, dass insbesondere nach erfolgreichen Spielzeiten viele Leistungsträger den Verein verlassen. So erging es einst auch oft den Bulldogs in Dornbirn. Deshalb konnte es auch niemanden überraschen, dass für die Pioneers Top-Scorer und MVP Steven Owre ebenso wenig zu halten war wie Nick Pastujov oder Clayton Kirichenko. Dass aber außer Feldkirch-Urgestein Alex Caffi kein einziger Import-Spieler verlängert hat, war ungewöhnlich. Da mit Julian Payr, Patrick Spannring und Marcel Zitz zudem auch noch drei Österreicher ihre Profikarriere beendeten, musste Sportdirektor Michael Lampert in enger Abstimmung mit Headcoach Dylan Stanley eine fast völlig neue Pioneers-Mannschaft formen.

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Liga-Topscorer Steven Owre war nicht zu halten für die Pioneers. GEPA

Die Konkurrenz

In der Vorsaison haben die Feldkircher mit Platz zehn nach dem Grunddurchgang und dem Überstehen der Pre-Play-offs gegen Innsbruck groß aufgezeigt, im Viertelfinale nervten die Stanley-Cracks dann den späteren Finalisten KAC.
Ob die Wiederholung einer solchen Energieleistung möglich ist, lässt sich, so ehrlich muss man sein, bestenfalls über Umwege abschätzen. Klar ist nämlich, dass sich die Voraussetzungen in der Liga verändert haben. Die Graz 99ers, die in der Vorsaison abgeschlagener Letzter waren, sind seit dem Frühjahr unter neuer Führung und haben unter Präsident Herbert Jerich eine Mannschaft zusammengestellt, die mindestens unter den Top Fünf anzusiedeln ist; siehe den Gastbeitrag von Neu-Grazer Manuel Ganahl auf den Seiten 70/71. Beim Zwölften der Vorsaison, Asiago, wurden über den Sommer mehrere Legios eingebürgert, dadurch stehen nicht weniger als 16 Spieler im Kader der Venetier, die in Nordamerika geboren sind. Das kann man gut finden oder nicht, Asiago dürfte jedoch zumindest einen kleinen Schritt nach vorne gemacht haben. Die Vienna Capitals wiederum, die in der Vorsaison ob einer drastischen Budgetkürzung als Elfter sogar die Pre-Play-offs verpassten, gehen mit einem um etwa 25 Prozent höheren Budget in die neue Saison – und werden in der Tabelle zumindest ein paar Plätze weiter vorne erwartet.
Soll heißen: Die unmittelbare Konkurrenz der Pioneers hat aufgerüstet, das gilt auch für Ljubljana. Die Slowenen konnten zum bestehenden Hauptsponsorenvertrag mit der Staatseisenbahn den kanadischen Privat-Investor Alexandre Lefebvre für den Verein mit dem Drachen auf der Brust gewinnen. Olimpija Ljubljana wird daher ein harter Gegner im Kampf um die Pre-Play-offs bleiben. Einen großen Rückschritt haben dagegen die Innsbrucker Haie gemacht, die mit dem Abgang von Headcoach Mitch O’Keefe ihr gutes Netzwerk in Nordamerika eingebüßt haben. Die Innsbrucker verloren alle sieben Vorbereitungsspiele und erzielten dabei nur neun (!) Tore, gegen Bozen setzte es gar ein 0:10-Debakel. Einen zumindest kleinen Rückschritt dürften sie auch beim HC Pustertal gemacht haben. Die Brunecker setzen in dieser Saison vermehrt auf hungrige Italiener, haben den Anteil der Doppelstaatsbürger von vier auf einen Spieler reduziert. Dass die Pustertaler wieder um einen direkten Play-off-Platz mitspielen, ist eher nicht zu erwarten, dass sie ein aussichtsreicher Kandidat für die Pre-Play-off-Plätze sieben bis zehn sind, steht aber außer Frage. Was den Kreis zu den Pioneers Vorarlberg schließt.

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Bei Ljubljana und den Caps hat sich einiges getan über den Sommer. GEPA

Kadervergleiche

Die Pioneers holten in ihrer ICE-Debütsaison 2022/23 sechs Importspieler aus nordamerikanischen Universitätsligen sowie einen Spieler aus der dritten nordamerikanischen Spielstufe East Coast Hockey League. Am Ende der Saison blieb nur der letzte Platz. In der Saison 2023/24 verpflichteten die Pioneers keinen einzigen Importspieler aus einer nordamerikanischen College League, sondern lediglich drei Spieler aus der East Coast Hockey League, einer von ihnen, Nick Pastujov, brachte es auf Einsätze in der AHL. Alle anderen Importspieler wechselten aus Europa nach Feldkirch. Am Ende der Saison stand eben der Viertelfinaleinzug. In dieser Saison holten die Feldkircher sechs Direktimports aus Übersee, fünf davon aus der ECHL, von denen drei Cracks bereits Einsätze in der AHL hatten. Ein Spieler kam direkt vom College. Aus Europa wechselten drei Importspieler zu den Pioneers, der zehnte Legionärsplatz ging erneut an Goalie Alex Caffi.
Der bloße Vergleich der Herkunftsligen der PIV-Legionäre zeigt also, dass es beim 25-köpfigen Kader mehr in die Richtung der Debütsaison geht denn dem sehr erfolgreichen Kader der Saison 2023/24. Allerdings wäre es zu einfach, allein daraus abzuleiten, dass die Qualität des Rosters zurückgegangen ist. Zumal die Feldkircher mit Ramón Schnetzer einen starken Vorarlberger Verteidiger zurück in die Liga geholt haben – mit diesem Transfer ist den Montfortstädtern ein Ausrufezeichen gelungen. Der interessanteste nordamerikanische Zugang ist zweifelsohne Brady Gilmour, der in der Vorsaison zum MVP der College-Liga USports University gewählt wurde und mit seiner Uni auch den Titel gewann. Brady ist ein 25-jähriger Center – und schaffte am Ende der Saison 2023/24 den Sprung in die East Coast Hockey League. Die beiden Flügelstürmer Josh Passolt (28) und David Keefer (26) spielten bei Kalamazoo Wings zusammen in der ECHL. Die beiden bringen vieles mit, um eine gute Rolle in der ICE-Liga zu spielen. Ähnlich ist es beim 27-jährigen flexibel einsetzbaren Angreifer Joseph Nardi und beim ebenfalls 27-jährigen Verteidiger Ross MacDougall.
Schon unsicherer ist, welchen Impact die anderen Imports haben können. Für den fast 26-jährigen Lucas Sowder ist es nach seiner Zeit auf dem College die erste Profistation, und auch hinter den drei Europa-Imports stehen Fragezeichen: Verteidiger Jacob Friend und Center Oliver Cooper kommen zwar wie im Vorjahr Steven Owre von den Belfast Giants, konnten dort aber längst nicht so aufzeigen wie einst Owre. Für den schwedischen Verteidiger Jacob Lundegard ist es mit knapp 28 Jahren und nach acht Spielzeiten in der zweiten schwedischen Leistungsstufe HockeyAllsvenskan die erste Auslandsstation. Einen soliden Verteidigerjob ist Lundegard sicher zuzutrauen, ob es zu mehr reicht, bleibt abzuwarten.

Dylan Stanley soll’s wieder richten
David Keefer könnte einer sein, der die Offensive der Pioneers trägt. Stiplovsek

Offene Fragen

Nach dem Abgang von Hauptsponsor Bemer mussten die Feldkircher ob des überschaubaren Budgets eine Wette auf das Potenzial einiger Spieler eingehen. Dazu zählt auch der 22-jährige Marlon Tschofen, der von Kooperationsverein EC Bregenzerwald nach Feldkirch wechselte. Die heißeste Aktie unter den jungen Vorarlbergern ist sicherlich Luca Erne – er ließ bereits in der Vorsaison sein Talent aufblitzen. Die große Frage ist letztendlich, ob die Feldkircher wieder Unterschiedsspieler in ihrem Kader haben. Ein herausragender Goalgetter wie Owre ist unter den 14 Stürmern eher nicht auszumachen. Im besten Fall verteilen sich die Tore auf möglichst viele Schultern, dafür müssen die Stanley-Cracks allerdings im Powerplay noch zulegen. In der Defensive sind die Pioneers dünn besetzt. Mit David Madlener und Alex Caffi stehen nur zwei Goalies im Kader, bei längerfristigen Ausfällen könnte das zum Problem werden.
In der Verteidigung selbst sind die Feldkircher mit neun Defendern ebenfalls auf Kante genäht, zumal mit Mark Mussbacher und Tobias Reinbacher zwei junge Cracks einen großen Schritt machen müssen, um eine Rolle zu spielen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die PIV-Defensive trotz Schnetzer-Verpflichtung in der Vorbereitung keinen stabilen Eindruck hinterließ. Selbst der deutsche Drittligst Memmingen verursache am Freitag großes Chaos vor dem Pioneers-Tor.

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Die PIV-Defensive präsentierte sich bei den Testspielen als wacklig. Hartinger

Fazit

Die Feldkircher haben es trotz Mini-Budget geschafft, einige interessante Imports in die Vorarlberghalle zu lotsen. Liefert im Sturm Haudegen Daniel Woger ähnlich wie im Herbst 2023 und schnellen Spieler wie Gilmour, Keefer oder Passolt durch die Decke, könnte das erneut eine spannende Spielzeit für die Feldkircher werden – zumal Stanley wieder attraktives Offensivhockey mit forschem Forechecking sehen will. Auf Stanley ruhen also wieder viele Hoffnungen. Klar ist aber auch, dass der Kader der Pioneers nur wenig Spielraum für Verletzungen oder Anlaufschwierigkeiten der Spieler lässt. Die Erstrundenauslosung meint es schon mal gut: Die Montfortstädter gastieren am Freitag beim HC Innsbruck und damit eine der schwächsten Teams der Liga. In den folgenden Runden warten dann jedoch mit Fehervar, Bozen, Salzburg, Villach und Klagenfurt die Schwergewichte der Liga. Nach diesen Duellen lässt sich schon eher einschätzen, was für die neuen Pioneers möglich ist. Klar ist jedoch, dass es ob der Umstände in Feldkirch und den Entwicklungen in der Liga nicht einfacher geworden ist für die Pioneers.