Sport

Wie Schwergewicht Kiel in Hard auftreten will

31.07.2025 • 08:00 Uhr
Interview Heimo Lindner und Viktor Szilágyi Sommercup 2025
DPA

INTERVIEW. Am 1. und 2. August findet in der Sporthalle am See der Alpla Sommercup statt, bei dem neben Gastgeber Hard, ÖHB-Cupsieger Schwaz und TBV Lemgo Lippe auch der deutsche Pokalsieger THW Kiel teilnimmt. Im Sport-Talk geben die Geschäftsführer Viktor Szilágyi (Kiel) und Heimo Lindner (Hard) exklusive Einblicke – und sprechen auch über Ivan Horvat.

Der THW Kiel macht auf seiner Anreise zum Trainingslager in Graz für den Sommercup in Hard halt. Ist das ein Freundschaftsdienst, es heißt ja, Sie und Heimo Lindner seien befreundet? Oder kann man auf dem hohen Niveau, auf dem sich Kiel bewegt, eine solche Entscheidung gar nicht aus Sympathie heraus treffen?
Viktor Szilágyi:
Der Erstkontakt entstand sicherlich aufgrund der Verbundenheit zwischen mir und Heimo. Eine sehr gute persönliche Ebene macht so ein Gespräch einfacher, beeinflusst aber nicht die Entscheidung. Beim Erstgespräch war alles noch vage. Heimo hat sich bei mir gemeldet und mir von seinen Turnierplänen erzählt, der Termin war noch offen. Wir hatten bereits unser Trainingslager in Graz fixiert und auch schon die Entscheidung getroffen, dass wir in diesem Sommer mehr Testspiele bestreiten wollen, was für uns unüblich ist. Daher war schnell klar, dass der Alpla Sommercup sehr gut in unsere Planungen passt. Unsere Zusage hatte also nichts mit Sympathie oder einem Freundschaftsdienst zu tun, sondern war eine rationale Entscheidung. Heimo hat mit dem Alpla Sommercup ein ideales Vorbereitungsturnier auf die Beine gestellt.

Wie ist es denn überhaupt zu dem Versuch gekommen, mit dem THW Kiel den deutschen Rekordmeister nach Hard holen zu wollen?
Heimo Lindner:
Wir hatten im Vorjahr die spontane Idee, ein Vorbereitungsturnier auszurichten, und fragten kurzfristig bei unserem Partnerverein TBV Lemgo Lippe an. Lemgo absolvierte in Vorarlberg ein Trainingslager, war in Dornbirn im Olympiazentrum untergebracht – deshalb klappte es trotz aller Kurzfristigkeit. Dieses Mal hatten wir deutlich mehr Vorlaufzeit, also dachten wir uns, dass es sehr reizvoll wäre, neben Lemgo einen zweiten internationalen Top-Verein einzuladen. Also haben wir es bei Kiel versucht, wie Viktor es richtig gesagt hat, es ist einfacher, so eine Anfrage zu stellen, wenn man sich gut kennt. Aber uns war immer klar, dass Kiel nicht aus Gefälligkeit nach Hard kommt.
Szilágyi: Uns hat das Konzept überzeugt. Bei den Gesprächen war natürlich hilfreich, dass Hard terminlich noch flexibel war. Als wir uns auf den 1. und 2. August verständigen konnten, haben wir sehr gerne zugesagt. Mit dem Alpla Sommercup beginnt unsere zweite Vorbereitungsphase, aktuell sind wir noch in der ersten Phase. Bislang hatten wir mit dem Abschiedsspiel für Patrick Wiencek eine Partie, bei dem die Verabschiedung eines ganz großen Spielers im Mittelpunkt stand. Darüber hinaus steht vor dem Turnier in Hard nur mehr eine Partie gegen einen unterklassigen Gegner an, da geht es darum, den Handball zu präsentieren. Beim Turnier in Hard bestreiten wir die ersten beiden hochwertigen Testspiele dieses Sommers, und das zu einem optimalen Zeitpunkt: Das Turnier passt perfekt zu unserer Belastungssteuerung. Wir können die Anreise zum Trainingslager in Graz mit der Turnierteilnahme kombinieren, treffen im Halbfinale auf den österreichischen Vizemeister Hard und werden am Samstag im Platzierungsspiel entweder auf Lemgo oder den österreichischen Pokalsieger Schwaz treffen. Wir kommen also nicht zum Feiern nach Hard, sondern werden die Spiele sehr, sehr ernst nehmen.

Die Fans erwartet also ein Handballfest in der Sporthalle am See?
Lindner:
Wir waren anfangs etwas skeptisch, ob der 1. und 2. August von den Zuschauern angenommen wird, weil das Turnier mitten in die Urlaubszeit fällt. Aber die Spiele werden sehr gut besucht sein. Wer die Chance nützen will, Handball auf europäischem Top-Niveau zu sehen, kann sich noch Karten sichern. Wir sind noch nicht ausverkauft.

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Viktor Szilágyi ist Geschäftsführer des deutschen Pokalsiegers THW Kiel und ist mit seiner Mannschaft beim Sommercup in Hard zu Gast. GEPA

Was für ein Spiel wird das Halbfinale zwischen Hard und Kiel?
Szilágyi:
Man darf die Bedeutung des Spiels sicher nicht überbewerten – aber auch nicht unterbewerten. Wir wollen das Spiel gewinnen, so viel ist klar, gerade weil es der erste bedeutende Test ist. Wir werden alles reinschmeißen, was wir zu diesem Zeitpunkt drin haben, und reisen auch mit dem gesamten Kader an.

Um es mit einem ehemaligen österreichischen Fußballspieler zu sagen: Hoch wird Hard das Spiel gegen Kiel nicht gewinnen?
Lindner:
(lacht) Uns sind die Kräfteverhältnisse natürlich bewusst. Trotzdem ist das ein Spiel, in dem wir viel lernen können. Das Ergebnis steht nicht im Vordergrund für uns, es geht zu diesem frühen Zeitpunkt der Vorbereitung darum, dass wir unser Potenzial auf die Platte bringen, ein Zusammenspiel unter Wettkampfbedingungen entwickeln, dass sich die Jungs als Team finden. Unsere Saison beginnt ja erst Anfang September.

Lockt Kiel am Alpla Sommercup vor allem auch die Aussicht, im Finale auf Lemgo treffen zu können, was ja wirklich eine erste Standortbestimmung wäre?
Szilágyi:
Das wäre viel zu weit im Voraus gedacht. Das Teilnehmerfeld ist attraktiv, wir müssen erst mal gegen Hard gewinnen – und es kann auch sein, dass wir am zweiten Tag auf Schwaz treffen, auch das wäre eine attraktive und herausfordernde Partie, ganz egal, um welche Platzierung wir da spielen.

Interview Heimo Lindner und Viktor Szilágyi Sommercup 2025
Heimo Lindner und der Alpla HC Hard haben beim Sommercup den THW Kiel zu Gast. Neue-Archiv

Kiel und Hard eint, dass hinter beiden Vereinen eine nicht gänzlich zufriedenstellende Saison liegt: Kiel hat die Champions League verpasst, Hard blieb ohne Titel. Mich würde interessieren, ob der Niveauunterschied auch einen Unterschied bei der Aufarbeitung mit sich bringt: Wie kanalisiert man eine Enttäuschung in positive Energie?
Lindner:
Es ist schwierig, über Ziele zu sprechen, die wir so nie öffentlich formuliert haben. Aber natürlich ist niemand bei uns glücklich darüber, dass wir das Finale verloren haben. Wir waren enttäuscht, doch im Sport lernst du, die Vergangenheit loszulassen. Wir haben gegen Krems verloren, das lässt sich nicht mehr ändern. Eine neue Saison ist ein neuer Anfang, und ich bin der festen Überzeugung, dass es bei unseren Spielern sehr viele positive Emotionen auslösen wird, beim Alpla Sommercup gegen so hochkarätige Gegner zu spielen: Erst dürfen wir uns mit Kiel messen, dann wartet mit Lemgo oder Schwaz ein weiteres starkes Team auf uns. Es gibt zu Beginn einer Vorbereitung wahrscheinlich keine größere Motivationsspritze, als solche Spiele zu bestreiten. Denn gegen ein europäisches Schwergewicht wie Kiel spielen zu können, ist für viele bei uns eine Chance, die wohl nicht mehr wiederkommt im Leben.
Szilágyi: Bei unserer Saisonaufarbeitung haben wir sachlich analysiert, welche Ereignisse auf den Saisonverlauf große Auswirkungen hatten, das heißt, mit welchen Widrigkeiten wir zu kämpfen hatten. Wir sind Pokalsieger geworden, trotzdem ist es unser Selbstverständnis, dass wir in die Champions League kommen wollen. Aus finanzieller Sicht hätte es unsere Saisonplanung um vieles einfacher gemacht, wenn wir die Champions League erreicht hätten; jeder, der in Kiel einen Vertrag unterschreibt, weiß auch, dass der Verein hohe Ziele hat. Unsere Saisonanalyse funktioniert so, dass wir hinterfragen, warum wir in gewissen Saisonphasen unser Potenzial nicht erreicht haben. Diese Analyse haben wir abgeschlossen, es gab viele Veränderungen bei uns im Kader, wir schauen nach vorne. Für uns steht am 23. August in München der Supercup gegen die Füchse Berlin an, am 28. August beginnt die Bundesliga-Saison, was in der Saison 2024/25 war, spielt dann keine Rolle mehr.
Lindner: Auch wir hatten einen großen Umbruch, wir sind wieder jünger geworden. Mein Eindruck ist, dass die neue Mannschaft ein gewaltiges Feuer in sich trägt.

Herr Szilágyi, Sie haben die Aufregung um das Foul von Ivan Horvat an Markus Mahr sicher miterlebt. Was hätte das mit dem Handball gemacht, wenn die Sperre von zwei Jahren aufrecht geblieben wäre?
Szilágyi:
Wahrscheinlich jeder, der Handball gespielt hat oder ein Gefühl für den Handballsport hat, war mehr als nur überrascht über das ursprüngliche Strafausmaß. Ich glaube, das Urteil kam weniger aus der Praxis heraus, sondern war sehr juristisch. Die ganze Aufregung hat dem Handball nicht gut getan. Im Handballsport wird dem Gegner sehr, sehr viel Respekt entgegengebracht, aber es ist nichtsdestotrotz ein Vollkontaktsport, da können Verletzungen passieren, es kann leider auch zu schlimmen Verletzungen kommen. Als Außenstehender hätte ich mir gewünscht, dass die beiden Klubs die Angelegenheit viel besser untereinander geklärt hätten. Aber die drastische Korrektur des Strafmaßes von zwei Jahren auf sechs Monate unbedingt zeigt ja, dass die erste Entscheidung nicht richtig war.
Lindner: Wir haben nach dem Foul versucht, die Emotionen herauszunehmen und sachlich zu bleiben. Ob uns das immer gelungen ist, sei dahingestellt, aber wir wollten unseren Spieler Ivan Horvat schützen. Für Ivan und seine Familie war das eine schwierige Zeit. Denn nicht nur Ivan selbst, auch seine Frau und seine kleine Tochter waren Anfeindungen ausgesetzt. Und dass so was einem unserer Spieler und seiner Familie widerfährt, werden wir niemals, auch in Zukunft nicht, einfach so hinnehmen.

Alpla Sommercup

Wann: 1. und 2. August 2025
Ort: Sporthalle am See, Hard
Turnierplan:
Halbfinale, Freitag, 1. August:

TBV Lemgo Lippe – Tirol, 17 Uhr
Alpla HC Hard – THW Kiel, 19.30 Uhr
Finalspiele, Samstag, 2. August:
Kleines Finale, 16 Uhr
Großes Finale, 18.30 Uhr