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Schnellfahrer und Co. zahlten 26 Millionen Euro

22.07.2023 • 23:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Die Zahl der Radar­strafen nimmt stetig zu. <span class="copyright">Hartinger</span>
Die Zahl der Radar­strafen nimmt stetig zu. Hartinger

Die Einnahmen aus Strafen im Verkehr haben im vergangenen Jahr massiv zugenommen.

Zu schnell unterwegs, bei Rot über die Kreuzung oder das Handy am Ohr – auf Vorarlbergs Straßen werden jeden Tag Hunderte Übertretungen registriert. Ein Umstand, der die Kassen ordentlich klingeln lässt.

26,6 Millionen Euro mussten Kfz-Lenker laut dem kürzlich veröffentlichten Rechenschaftsbericht im vergangenen Jahr berappen, weil sie gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO), das Kraftfahr- oder Führerscheingesetz (KFG, FSG) verstoßen haben. Die Einnahmen sind damit im Vergleich zum Jahr 2021 um acht Millionen bzw. mehr als 37 Prozent gestiegen. Warum das? Zwar ist auch die Zahl der Anzeigen angewachsen, deutlich mehr ins Gewicht fallen jedoch die deutlich höheren Strafen, die seit dem Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzesnovelle im September 2021 gelten. Das bestätigt auch Herbert Vith, Leiter der Abteilung Polizei bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch. Ihm zufolge machen Geschwindigkeitsübertretungen den Großteil der Anzeigen aus. Er weist allerdings auch darauf hin, dass die krassen Raserfälle in den letzten Jahren eher rückläufig sind.

Bessere Geräte

Mehr Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen gibt es deshalb, weil die veralteten Radarboxen in den letzten Jahren sukzessive auf Lasertechnik umgerüstet wurden. Diese Geräte „blitzen“ in beide Fahrtrichtungen und können mehrere Fahrzeuge gleichzeitig erfassen. Laut Verkehrspolizei-Chef Rudolf Salzgeber sind nur noch einige wenige alte Radargeräte im Einsatz. Auch die verstärkte Überwachung im Amberg- und Pfändertunnel wirke sich aus. Salzgeber geht davon aus, dass die Anzeigenzahlen weiter steigen werden. Die Bundespolizei unterhält knapp 40 Standorte für stationäre Geschwindigkeitsmessungen, wobei etwa ein Drittel der Geräte gleichzeitig in Betrieb sind.

Ein weiterer nicht unerheblicher Grund für das deutliche Plus bei Anzeigen und Strafbeträgen ist der Umstand, dass auch die Kommunen immer mehr Messgeräte aufstellen, um die Verkehrssicherheit im Ort zu erhöhen und – wie viele Autofahrer argwöhnen – ihr Budget aufzubessern. Die Strafabteilungen der vier Bezirkshauptmannschaften müssen folglich immer mehr Fälle abwickeln. Spitzenreiter, zumindest was die Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung angeht, ist der Bezirk Feldkirch. Rund 84.000 Anonymverfügungen stellte die zuständige BH im vergangenen Jahr aus. Hinzu kommen 20.000 Strafverfahren.

Auch bei Abstandsmessungen werden Geschwindigkeits­übertretungen festgestellt. <span class="copyright">haRTINGER</span>
Auch bei Abstandsmessungen werden Geschwindigkeits­übertretungen festgestellt. haRTINGER

Wohin die Strafgelder fließen

Der Großteil der Millionen geht an den jeweiligen Straßenerhalter, also an Bund, Land, Gemeinden oder – wenn es die Autobahn oder Schnellstraße betrifft – an die Asfinag. 20 Prozent kommen dem Innenministerium bzw. der Bundespolizei zugute – außer bei Verwaltungsübertretungen auf Straßen in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, in diesen Fällen bleibt die volle Summe der Kommune. Strafgelder für Verstöße auf verländerten Bundesstraßen gehen an den Bund.

Einnahmen im Detail

Bei den 26,6 Millionen Euro bzw. täglich durchschnittlich 72.900 Euro, die Schnellfahrer, Drängler, Alkolenker und Co. zahlen, sind die Organstrafverfügungen noch nicht inkludiert. Auch in diesem Bereich dürfte aber eine stolze Summe zusammengekommen sein.

Ist nur das Autokennzeichen bekannt, flattert in der Regel eine sogenannte Anonymverfügung ins Haus. Im Vorjahr verschickten die Bezirkshauptmannschaften exakt 283.678 solcher Briefe und kassierten laut Rechenschaftsbericht 13,6 Millionen Euro. Wird nicht bezahlt, leitet die Behörde – wie bei schweren Delikten – ein ordentliches Strafverfahren ein. Von diesen gab es im Vorjahr im StVO-Bereich rund 64.500. Die Strafbeträge beliefen sich auf 9,85 Millionen Euro. Wer am Steuer ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nicht angegurtet ist oder als Lkw-Fahrer die Ruhezeiten nicht einhält, wird nach dem KFG bestraft.

Diese Gelder fließen in den Sozialfonds des Landes und damit vor allem in die Sozialhilfe. 2022 kamen in diesem Bereich rund zwei Millionen Euro zusammen. Und mehr als eine Million Euro zahlten jene Lenker, die gegen das FSG verstoßen hatten, sprich ohne Lenkberechtigung herumfuhren oder mit einem Blutalkoholgehalt zwischen 0,5 und 0,79 Promille erwischt wurden.

Raserpaket

Das Raserpaket trat mit 1. September 2021 in Kraft. Der Strafrahmen für stark überhöhte Geschwindigkeit wurde von 2180 auf 5000 Euro angehoben, Mindeststrafen wurden verdoppelt. Verschärfungen gab es auch beim Führerscheinentzug. Ab März 2024 kann Extremrasern das Auto sogar dauerhaft abgenommen werden.

Herbert Vith. <span class="copyright">Bezirkshauptmannschaft Feldkirch</span>
Herbert Vith. Bezirkshauptmannschaft Feldkirch

Drei Fragen an Herbert Vith, Leiter der Abteilung Polizei
bei der BH Feldkirch

1. Welche Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung sind denn die häufigsten?
Herbert Vith: Am häufigsten werden ganz klar Geschwindigkeitsübertretungen, die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes und Parkvergehen gestraft. In den letzten Jahren gab es einen deutlichen Anstieg von Strafbescheiden, welche Mautprellerei und die Rotlicht-
übertretungen betreffen.

2. Nimmt die Zahl der drastischen Geschwindigkeits­übertretungen zu?
Vith: Die Anzahl der angezeigten Geschwindigkeits­übertretungen lag in den Jahren 2020 und 2021 konstant bei jeweils circa 230.000 Fällen. Im vergangenen Jahr ist die Anzahl deutlich auf 320.000 Übertretungen gestiegen. Heuer bewegt sich die Zahl der Anzeigen auf dem Niveau des Vorjahres. Krasse Geschwindigkeitsüberschreitungen, die einen Führerscheinentzug zur Folge haben, sind in den letzten Jahren gleich geblieben bzw. teilweise sogar rückläufig.

3. Wie ist die Zahlungsmoral, und wie gut funktioniert die Vollstreckung im Ausland?
Vith: Die Zahlungsmoral im StVO-Bereich ist hoch. Es ist lediglich in etwa sechs Prozent der Fälle notwendig, eine Mahnung zu verschicken. Die Vollstreckung im Ausland funktioniert innerhalb der EU relativ zufriedenstellend. Es gibt aber große Unterschiede: Die Zusammenarbeit mit den Behörden in Rumänien funktioniert beispielsweise, wenn überhaupt, nur mäßig, während hingegen die Vollstreckung in Deutschland und der Schweiz recht gut funktioniert, solange es die entsprechenden Strafbestimmungen auch im ausländischen Recht gibt.

Die Zahl der Radar­strafen nimmt stetig zu.<span class="copyright">  HARTINGER</span>
Die Zahl der Radar­strafen nimmt stetig zu. HARTINGER

Bezirksvergleich

Bregenz

Nach StVO
Strafverfahren: 16.517
Strafbeträge: 2,673.154 Euro
Anonymverfahren: 50.946
Strafbeträge: 2,553.079,99 Euro

Nach Führerscheingesetz
Strafverfahren: 946
Strafbeträge: 318.142,89 Euro
Arreststunden: 624
Entzogene Führerscheine: 821

Dornbirn

Nach StVO
Strafverfahren: 15.157
Strafbeträge: 2,147.043,90 Euro
Anonymverfahren: 85.584
Strafbeträge: 3,931.758,11 Euro

Nach Führerscheingesetz
Strafverfahren: 926
Strafbeträge: 329.577 Euro
Arreststunden: 6.367
Entzogene Führerscheine: 515

Feldkirch

Nach StVO
Strafverfahren: 20.020
Strafbeträge: 3,175.316,20
Anonymverfahren: 83.725
Strafbeträge: 4,010.205 Euro

Nach Führerscheingesetz
Strafverfahren: 946
Strafbeträge: 357.679 Euro
Arreststunden: 5.500
Entzogene Führerscheine: 792

Bludenz

Nach StVO
Strafverfahren: 12.777
Strafbeträge: 1,847.568,40 Euro
Anonymverfahren: 63.423
Strafbeträge: 3,143.575 Euro

Nach Führerscheingesetz
Strafverfahren: 388
Strafbeträge: 109.260 Euro
Arreststunden: 336
Entzogene Führerscheine: 397