Wo nicht nur Bauern viel lernen können

Die Landwirtschaftskammer bietet mit dem LFI ein breites Angebot an Fortbildungen für alle an. Die beliebtesten Kurse sind der Motorsägenführerschein und die Kräuterpädagogik.
Beim Biohof Lingenhel in Doren: Die Familie Lingenhel hat ihre Landwirtschaft 1999 auf bio umgestellt und bietet eine Erlebnisküche, Schule am Bauernhof sowie Seminare an. Im offenen, hellen Seminarraum sitzen heute 15 Personen, darunter zwei Männer. Sie alle sind hier, um etwas über Milchverarbeitung für den Hausgebrauch zu lernen – so lautet auch der Titel des Kurses. Nach einer kurzen Einführung durch Karl Lingenhel geht das Grüppchen in die angrenzende Küche. Zuerst weiht Tochter Laura Lingenhel in die Geheimnisse der Mozzarella-Herstellung ein. Danach zeigt ihre Mutter Agathe Lingenhel, wie Bonbons aus Blättertopfenteig gemacht werden. Die Teilnehmenden schauen den beiden über die Schulter und schreiben fleißig mit.

Der Kurs „Milchverarbeitung für den Hausgebrauch“ ist nur einer von etwa 150 Kursen, die jährlich vom Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI) der Landwirtschaftskammer Vorarlberg durchgeführt werden. Die Bildungseinrichtung feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Doch schon zuvor wurden Weiterbildungen von der Kammer bereitgestellt. Petra Wiedemann, die Geschäftsführerin des LFI, erklärt: „Bildung gab es schon immer. Mit der Gründung des LFI wurden diese Angebote dann strukturiert und koordiniert.“ Andrea Schwarzmann, die Obfrau der Bildungseinrichtung, fügt hinzu: „Dank des LFI können wir professionelle Bildungsangebote bereitstellen. Außerdem haben wir sichtbar gemacht, dass sich auch Bäuerinnen und Bauern weiterbilden. Sie sind damit allen anderen Berufsgruppen gleichgestellt.“

Es wird ein bunter Strauß an Kursen und Lehrgängen angeboten. Von Tierhaltung und Forstwirtschaft über Schule am Bauernhof oder Bauen, Energie und Technik bis hin zu Informationen über Unternehmertum und Gesundheit werden viele Bereiche abgedeckt.

Teilweise sind die Inhalte auf den ersten Blick nicht mit der Landwirtschaft in Verbindung zu bringen, wie zum Beispiel bei den Kursen „Waldspaziergänge für Frauen“ und „Social Media für Einsteiger“, beim Workshop „Lettering“ oder beim Zertifikatslehrgang „Grüne Kosmetik“. Bei den Waldspaziergängen für Frauen geht es aber nicht um eine Auszeit im Wald, sondern sie richten sich an Waldbesitzerinnen und Jägerinnen, vermitteln Fachwissen zum Thema Wald und bieten die Möglichkeit zum Austausch und zur Vernetzung. Social Media ist für Direktvermarkter und Anbieter von Urlaub am Bauernhof interessant, mit Lettering lassen sich Tafeln, Schilder oder Etiketten für den Hofladen gestalten. Die „Grüne Kosmetik“ wiederum nutzt Produkte aus Garten und Wiese.

Außerdem: Die Kurse stehen mit wenigen Ausnahmen allen offen, die Teilnehmenden müssen keine Landwirte sein. Rund ein Drittel der Kursbesucher kommt aus nichtbäuerlichem Milieu. Denn eine Aufgabe des LFI ist es, den Dialog zu fördern. Geschäftsführerin Wiedemann erklärt: „Es gibt einen guten Austausch zwischen Bauern und Nicht-Bauern.“ Menschen, die nicht aus einem landwirtschaftlichen Betrieb kommen oder in dem Bereich arbeiten, erhielten durch die Kurse gute Einblicke in die Arbeits- und Lebenswelt von Landwirten. Durch das gemeinsame Interesse komme man sich näher. „Diese Vernetzung kann für beide Seiten gewinnbringend sein.“
Lernen, ein Bauer zu werden
Wenn ein Nicht-Landwirt Bauer werden möchte, kann er sich beim LFI zu den verschiedensten Themen dazu bilden, zum Beispiel im Lehrgang „Vom Einsteiger zum Insider“. Es gibt auch genügend Quereinsteiger, die in Höfe einheiraten. Die Kurse finden üblicherweise von September bis Juni statt. Die Online-Kurse können jedoch jederzeit gemacht werden. Dass das LFI auch digitales Lernen anbietet, ist für die Geschäftsführerin und die Obfrau wichtig. Letztere sagt: „Bildung ist dadurch zeit- und ortsunabhängig geworden. Damit hat beispielsweise ein Betriebspaar die Möglichkeit, gemeinsam einen Weiterbildungskurs zu absolvieren.“ Themen, die online abgedeckt werden, sind etwa Marketing oder Betriebsentwicklung.

Die günstigste Fortbildung kostet zehn Euro, die teuerste 1250; dabei handelt es sich um Zertifikatslehrgänge. Die oben erwähnten „Waldspaziergänge für Frauen“ sind dank einer Förderung gratis. Bauern und Nicht-Bauern zahlen den gleichen Preis. Die Kurse finden hauptsächlich in der Landwirtschaftsschule in Hohenems statt. „Damit schließt sich der Kreis zum lebenslangen Lernen. Unsere Jugendlichen haben die Möglichkeit, in Hohenems für den Berufseinstieg zu lernen. Mit dem Schulabschluss hört die Bildung aber nicht auf“, erklärt Obfrau Schwarzmann. Zudem bietet die Landwirtschaftsschule als Austragungsort praktische Vorteile: Von den Obstbäumen über den Stall bis hin zu den Milchverarbeitungsräumen ist alles vorhanden. Weitere Fortbildungsorte sind Bauernhöfe oder Gemeindesäle in den Regionen. „Es ist uns wichtig, in die Dörfer zu kommen, damit die Teilnehmenden nicht so weit fahren müssen“, sagt Geschäftsführerin Wiedemann.
Persönlichkeitsbildung
In den Zertifikatslehrgängen steht neben der Vermittlung von Fachwissen auch die Persönlichkeitsbildung im Vordergrund. „So können die Teilnehmenden herausfinden, wo ihre Stärken und Neigungen liegen. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn ein Landwirt seinen Betrieb neu ausrichten oder diversifizieren will“, betont Obfrau Schwarzmann. Geschäftsführerin Wiedemann ergänzt: „Wichtig sind zudem die Kurse, in denen es um die Lebensqualität auf dem Bauernhof geht. Hier wird vermittelt, dass die Bäuerinnen und Bauern auch auf sich selbst schauen. Ein weiteres großes Thema in diesem Rahmen ist die Hofübergabe im Familienbetrieb.“

Die am meisten nachgefragten Kurse sind der Motorsägenführerschein und die Kräuterpädagogik. „Der Zertifikatslehrgang Kräuterpädagogik ist seit fast 15 Jahren ein Renner. Mittlerweile haben fast 400 Personen diese Weiterbildung absolviert“, sagt Geschäftsführerin Wiedemann. Weitere beliebte Kurse sind die eingangs erwähnte Milchverarbeitung für den Hausgebrauch und alles rund um die Tiergesundheit. „Das Angebot des LFI wird gut angenommen“, sagt die Geschäftsführerin erfreut. Obfrau Schwarzmann wiederum, die dieses Amt seit 16 Jahren innehat, freut sich an der Arbeit für das LFI an sich: „Es ist eine sinnstiftende Aufgabe. Wir ermöglichen es den Menschen, sich in den verschiedensten Bereichen weiterzubilden und sich weiterzuentwickeln.“
Zahlen und Kontakt
25 Jahre Ländliches Fortbildungsinstitut LFI:
– 2100 Veranstaltungen
– fast 50.000 Teilnehmende
– über 40.000 Kinder und Jugendliche, die bei „Schule am Bauernhof“ teilgenommen haben
Kontakt: Das LFI ist bei der Landwirtschaftskammer in Bregenz angesiedelt. www.vbg.lfi.at
In Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Vorarlberg