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Landes-Rechnungshof stellt Lech-Zürs Tourismus vernichtendes Zeugnis aus

11.07.2025 • 12:04 Uhr
Hermann Fercher
Hermann Fercher war in der fraglichen Zeit und weit darüber hinaus Geschäfstführer der Lech-Zürs Tourismus GmbH. Archiv

Finanzmisere, Führungsfragen und Forderung nach Reformen: Landesrechnungshof übt scharfe Kritik an Lech-Zürs Tourismus GmbH.

Die wirtschaftliche Schieflage der Lech-Zürs Tourismus GmbH (LZTG) ist seit Monaten ein Thema. Nun liegt der Bericht des Landes-Rechnungshofs (LRH) vor – und dieser stellt der gemeindeeigenen Gesellschaft ein vernichtendes Zeugnis aus. Fehlende strategische Steuerung, fragwürdige Ausgabenpraxis, hohe Verschuldung und unzureichendes Controlling ziehen sich wie ein roter Faden durch den 64-seitigen Prüfbericht. Die Gesellschaft wurde viele Jahre von Hermann Fercher geführt. Anfang dieses Jahres hat man sich von ihm getrennt. Auch das war teuer.

Fehlende Strategie, unklare Zuständigkeiten

Schon in der Einleitung kritisiert der Landesrechnungshof, dass eine „konkrete Marketingstrategie“ fehle und Maßnahmen aus dem Tourismusleitbild der Gemeinde Lech (2021) nicht umgesetzt wurden. Verantwortlichkeiten zwischen Gemeinde und LZTG seien nicht eindeutig geregelt, strategische Vorhaben wie das geplante „Zentrum für Lebensenergie“ seien trotz jahrelanger Vorbereitung gescheitert.

Die Steuerungsstruktur der Gesellschaft wird als „verbesserungswürdig“ eingestuft. Der Tourismusbeirat, dem zentrale Weisungs- und Kontrollrechte zukommen, vereine operative, kontrollierende und entlastende Funktionen – ein gefährlicher Rollenkonflikt, wie der LRH betont.

Zahlen & Fakten zur Lech-Zürs Tourismus GmbH

Jahresfehlbetrag 2022/23:
minus 1,49 Mio. €

Bilanzverlust gesamt:
minus 2,4 Mio. € (Stand Oktober 2023)

Eigenmittelquote:
minus 151 Prozent

Verbindlichkeiten:
3,67 Mio. €
‒ davon 2,10 Mio. € bei Banken
‒ 909.000 € gegenüber Gemeinde

Kosten Vertragsauflösung Geschäftsführer:
über 400.000 €

Prämienzahlungen 2019–2023:
201.200 €

Tourismusabgaben 2023 (Gemeinde Lech):
3,64 Mio. €

Pro-Kopf-Verschuldung Gemeinde:
35.700 €

Nächtigungen 2022/23:
ca. 900.000
‒ davon 84 % im Winter, 16 % im Sommer

Verluste aus Veranstaltungen (2019–2023):
‒ „Weißer Ring“: –345.000 €
‒ „Tanzcafé Arlberg“: –328.000 €
‒ „Impact Lech“: –229.000 €
‒ „Mediengipfel“: –167.000 €
✔ „Arlberg Classic Car Rally“: +30.000 €

Personal (Ø 2022/23):
25,97 Vollzeitkräfte
Fluktuation: 29 %


Quelle: Landesrechnungshof, Prüfbericht 2025

Finanzen im freien Fall

Die wirtschaftliche Lage der LZTG hat sich laut Bericht im Prüfzeitraum 2019/20 bis 2022/23 dramatisch verschlechtert. In jedem dieser Jahre wurden teils massive Jahresfehlbeträge verzeichnet – zuletzt minus 1,49 Millionen Euro. Das Eigenkapital ist seit 2020/21 negativ, aktuell beträgt der Bilanzverlust 2,4 Millionen Euro.

Um die Liquidität zu sichern, wurden Kredite über insgesamt 2,2 Millionen Euro aufgenommen. Ein wirksames Controlling oder eine rollierende Finanzplanung fehlten weitgehend. Auch der interne Austausch zwischen Geschäftsführung und Finanzabteilung war zuletzt faktisch eingestellt.

Kritik an Prämien und Vertragsgestaltung

Kritik gab es auch an Investitionen, die ohne ordnungsgemäße Beschlusslage durchgeführt wurden. So investierte die LZTG rund 145.000 Euro in eine gemietete Personalwohnung für den Geschäftsführer, inklusive maßgefertigter Tischlerküche, obwohl deren Werterhalt nicht gesichert ist.

Kostenintensive Trennung

Die Vertragsauflösung mit Hermann Fercher kostete die Gesellschaft über 400.000 Euro. Grund dafür war eine im ursprünglichen Vertrag verankerte Zusatzabfertigung in Höhe von 18 Monatsgehältern. Zusätzlich wurde Fercher bis Ende September 2025 bei laufendem Gehalt freigestellt. Der Landesrechnungshof rät in diesem Zusammenhang zur Anpassung von Geschäftsführerverträgen und Statuten.

Landes-Rechnungshof stellt Lech-Zürs Tourismus vernichtendes Zeugnis aus
Die Veranstaltung “Der Weiße Ring” fuhr zwischen 2019 und 2023 einen Verlust von insgesamt 345.000 Euro ein. Steurer.

Veranstaltungen mit teurem Defizit

Besonders kritisch fällt die Bilanz bei touristischen Veranstaltungen aus: Formate wie „Der Weiße Ring“, „Tanzcafé Arlberg“ oder „Impact Lech“ verursachten über Jahre hinweg teils massive Verluste. So belief sich das Minus beim Weißen Ring zwischen 2019 und 2023 auf insgesamt 345.000 Euro. Nur die „Arlberg Classic Car Rally“ schloss in der Gesamtbetrachtung leicht positiv ab.

Gemeinde unter Zugzwang

Der Bericht stellt nicht nur der LZTG, sondern auch der Gemeinde Lech ein schlechtes Zeugnis aus. So sei das Kontrollrecht des gemeindeeigenen Prüfungsausschusses nicht im Gesellschaftsvertrag verankert, Generalversammlungen nicht durchgängig protokolliert und die Gemeindevertretung nicht ausreichend über die wirtschaftliche Entwicklung informiert worden.

Angesichts der hohen Gemeindeverschuldung – die Pro-Kopf-Verschuldung lag 2023 bei 35.700 Euro – sind weitere finanzielle Risiken für den Alleineigentümer Lech nicht tragbar. Der Landesrechnungshof fordert daher strukturelle Reformen und klare Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen.

Konsequenzen gefordert

Der Rechnungshof drängt auf eine „dringende Konsolidierung“ der LZTG. Dazu braucht es mehr als kosmetische Korrekturen: Die Organisationsstruktur, das interne Kontrollsystem und das Controlling sollen neu aufgestellt werden. Auch der Tourismusbeirat müsse entpolitisiert und funktional klarer definiert werden.