Haftstrafe aufgehoben: Verteidiger ohne Lizenz

Verteidiger in NS-Wiederbetätigungsprozes mit hoher Haftstrafe war dazu nicht berechtigt. Höchstgericht ordnete wegen Verfahrensfehlers neuen Geschworenenprozess an.
Wegen Aufforderung zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung mit Propaganda für ein neuerliches nationalsozialistisches Regime auf eigenen YouTube-Kanälen und nationalsozialistischer Wiederbetätigung wurde der mit einschlägigen Vorstrafen belastete, in Deutschland aufgewachsene und nunmehr in Vorarlberg lebende Österreicher am 29. April in einem Geschworenenprozess am Landesgericht Feldkirch nach Paragraf 3d und 3g des Verbotsgesetzes rechtskräftig zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.
Neuaufrollung
Das Strafverfahren wird nun neu aufgerollt. Das beschloss am Mittwoch der Oberste Gerichtshof (OGH). Das Höchstgericht in Wien hob wegen eines Verfahrensfehlers das Urteil auf und ordnete einen neuen Geschworenenprozess in Feldkirch mit anderen Berufs- und Laienrichtern an.
Denn der Verteidiger war nicht dazu berechtigt, in einem Geschworenenprozess als Rechtsvertreter aufzutreten. Der Angestellte einer Anwaltskanzlei war weder als Rechtsanwalt noch als Rechtsanwaltsanwärter mit einer notwendigen großen Legitimationsurkunde für Geschworenenprozesse eingetragen sein. Der Jurist verteidigte für seinen als Verfahrenshelfer bestellten Arbeitgeber vor dem Geschworenengericht. Bei angeklagten Verbrechen besteht Verteidigerzwang.
Nichtigkeitsbeschwerde
Andrea Concin wurde von der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer als neue Verteidigerin des 49-jährigen Angeklagten bestellt. Die Feldkircher Rechtsanwältin regte mit Erfolg bei der Generalprokuratur in Wien eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an. Der OGH gab nun der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes der Generalprokuratur Folge.
Im zweiten Rechtsgang in Feldkirch wird das sogenannte Verschlechterungsverbot gelten. Die Strafe dürfte bei einem neuerlichen Schuldspruch im neuen Wiederbetätigungsprozess mit einem Strafrahmen von 5 bis 15 Jahren nicht höher ausfallen als im ersten Rechtsgang. Zudem könnte dann der Milderungsgrund der langen Verfahrensdauer zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe als beim ersten Prozess führen.
Strafrechtliche Prüfung
Gegenüber dem vorsitzenden Richter des Geschworenengerichts im ersten Prozess soll der Verteidiger nach Angaben des Landesgerichts behauptet haben, über eine große Legitimationsurkunde als Rechtsanwaltsanwärter zu verfügen.
Geprüft werde nun, so das Landesgericht, das Verhalten des Verteidigers in strafrechtlicher und disziplinarrechtlicher Hinsicht.