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Sechs-Millionen-Euro-Deal wirft Fragen auf: KHBG in der Kritik

20.07.2025 • 19:09 Uhr
Sechs-Millionen-Euro-Deal wirft Fragen auf: KHBG in der Kritik
Diskussion um Grundstückskauf der KHBG. Ex-Finanzstadtrat Benedikt König (ÖVP) übt heftige Kritik. KHBG-Direktor Gerald Fleisch spricht von strategischer Invesition. Hartinger, Privat

Krankenhaus-Betriebsgesellschaft sichert sich Flächen für künftige Bauvorhaben in Feldkirch. Schwere Kritik kommt vom früheren Finanzstadtrat.


Ende 2024 hat die Vorarl­berger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) mehrere Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 5147 Quadratmetern am Zellerweg in Feldkirch gekauft, direkt angrenzend an das Landeskrankenhaus. Zwei dieser Grundstücke sind als Freihalteflächen gewidmet und machen rund 910 Quadratmeter aus. Der Netto-Kaufpreis belief sich auf 6,07 Millionen Euro. Verkäuferin war die Feldkircher Baufirma Hilti & Jehle, die die Flächen in den Jahren 2020 und 2023 selbst um insgesamt 5,4 Millionen Euro erworben hatte.

Der Kauf wirft Fragen auf: Warum sicherte sich die KHBG die Grundstücke nicht schon früher selbst, obwohl der spätere Bedarf bereits absehbar war? Und welche Rolle spielt dabei das Bauunternehmen, das immer wieder Aufträge von der KHBG erhält?

Die KHBG bezeichnet den Ankauf als „strategisch wichtige Investition“. Tatsächlich grenzt das Areal direkt an das Krankenhaus und wäre für künftige Erweiterungen gut geeignet. Umso mehr überrascht, dass die KHBG die Flächen nicht selbst erwarb, als sie am Markt waren, sondern später, zu einem deutlich höheren Preis, von Hilti & Jehle erwarb. Laut Direktor Gerald Fleisch lag damals „kein Angebot“ vor.

Sechs-Millionen-Euro-Deal wirft Fragen auf: KHBG in der Kritik
Die KHBG kaufte von Hilti & Jehle mehrere Baugrundstücke um 6,07 Millionen Euro. Hilti & Jehle hatte diese Grundstücke im Jahr 2020 bzw. 2023 erworben. Vogis


Deutliche Kritik kommt von Benedikt König, der in Tisis wohnt und in der vorigen Periode Finanz- und Wirtschaftsstadtrat von Feldkirch war. Der Jurist, mittlerweile einfaches Stadtvertretungsmitglied der ÖVP, meldet sich in dieser Sache außerhalb seiner politischen Funktion zu Wort. Seit seinem freiwilligen Ausscheiden aus der Stadtregierung nach der Wahl im März hat König mehrfach für Aufsehen gesorgt. Jüngst stimmte er in der Stadtvertretung mit einzelnen Grünen gegen den Antrag, einen Grundstücksverkauf dem Stadtrat zu übertragen – und damit gegen die eigene Partei. In der Montforthaus-Causa attackierte er die Generalversammlung der stadteigenen GmbH – und damit auch zentrale Vertreter seiner Fraktion – öffentlich wegen mangelnder Transparenz und fehlender Professionalität.

BENEDIKT kÖNIG
Benedikt König war bis April Finanz-und Wirtschaftsstadtrat von Feldkirch. Privat

Königs Kritik

König spricht von einem „überteuerten Kaufpreis“. Er beruft sich auf Expertenschätzungen, die den tatsächlichen Marktwert deutlich niedriger ansetzen. Er kritisiert vor allem das Zusammenspiel aus öffentlicher Finanzierung und mangelnder Kontrolle: Die KHBG agiere „in weiten Teilen als planwirtschaftlich geführter Monopolist“, der mit Steuergeld Vermögenswerte aufbaue, während die Kosten von anderen – insbesondere den Kommunen – getragen würden.

Dabei muss man wissen, dass König in seiner Zeit als Finanzstadtrat selbst mehrere großvolumige Grundstücksgeschäfte forcierte, von denen einige als überteuert galten. Darauf angesprochen, weist König die Kritik zurück. Bei allen Kaufentscheidungen habe man die Preise „substanziell herunterhandeln“ können. Nicht umsonst sei die Stadt Feldkirch für ihre vorausschauende Bodenpolitik ausgezeichnet worden. Darüber hinaus verweist König auf einen – aus seiner Sicht – grundsätzlichen Unterschied. „Wenn die Stadt Grundstücke kauft, passiert dies in entsprechenden Gremien und unterliegt der mehrheitlichen Beschlussfassung der unmittelbar Betroffenen.“ Bei der KHBG hingegen gebe es „keine solche politische Willensbildung.“ Die Folge: „Die gesetzlich zur Zahlung verpflichteten Kommunen werden in die Schulden getrieben, ohne dass dies von den Zahlern gesteuert werden könnte.“ Auch die Rolle des Landes sieht König kritisch. Es fehle an einer wirksamen politischen Kontrolle. Für ihn bleibt vor allem eine Frage offen: Warum sich die KHBG – wenn sie schon von weitsichtiger Planung spricht – nicht bereits früher um besagte Grundstücke bemüht hat? „Sollte sich bewahrheiten, dass die KHBG über Strohmannkonstruktionen überteuert Grundstücke erwirbt, wäre das ein Alarmsignal“.

Sechs-Millionen-Euro-Deal wirft Fragen auf: KHBG in der Kritik
Gerald Fleisch, Direktor der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft. Hartinger

Das sagt die KHBG

Für KHBG-Direktor Gerald Fleisch ist der Ankauf Teil einer langfristigen Flächenstrategie. Das Areal grenze direkt an das Spital und biete damit eine „optimale Erweiterungsfläche“. Aufgrund der räumlichen Enge am Standort sei der Erwerb notwendig gewesen, „um in Zukunft notwendige medizinische Projekte realisieren zu können“. Die geplante Nutzung reiche von medizinischen Einrichtungen über Personalwohnungen bis hin zu Betreuungsangeboten für Mitarbeiterkinder. „Es ist eine Kernaufgabe, die baulichen und technischen Anforderungen im Gesundheitswesen weitsichtig zu planen“, sagt Fleisch. Der Kaufpreis basiere auf einem unabhängigen Gutachten. Der Aufsichtsrat sei in alle Schritte eingebunden gewesen und habe dem Kauf im Dezember 2024 einstimmig zugestimmt.

Anna Hilti, Mitglied der Geschäftsleitung
Anna Hilti, Geschäfstführerin von Hilti & Jehle. Hilti & jehle

Ursprünglich Bauträgerprojekt geplant

Geschäftsführerin Anna Hilti erklärt auf Anfrage, man habe die Grundstücke ursprünglich gekauft, um dort selbst ein Bauträgerprojekt zu verwirklichen. Weil die KHBG direkte Nachbarin sei, habe man das Gespräch gesucht, um über eine mögliche gemeinsame Nutzung des Areals zu sprechen. Wie kam das Unternehmen überhaupt zu den Flächen? Laut Hilti wurde man von den damaligen Grundstückseigentümern kontaktiert. Die NEUE hat bei einem der Verkäufer nachgefragt, ob das so gewesen ist. Dieser lehnte jedoch eine Stellungnahme ab. Dass Hilti & Jehle als Auftragnehmerin des Spitals auch als Verkäuferin auftritt, sei keine Ausnahme, sondern „gängige Praxis, insbesondere bei sozialen Wohnbauten“. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, habe man sich ausdrücklich an die Preisbewertung des Gutachtens gehalten.

Wahrnehmungen einer Anrainerin

Die NEUE hat sich im Umfeld des Krankenhausareals umgehört. Eine Frau, die seit vielen Jahren in der Gegend wohnt und namentlich nicht genannt werden will, zeichnet dabei ein anderes Bild als das Bauunternehmen. Ihrer Beobachtung nach sei Hilti & Jehle in den vergangenen Jahren aktiv auf benachbarte Grundstückseigentümer zugegangen, um Kaufangebote zu unterbreiten. Sie vermutet dahinter eine gezielte Strategie, sich angrenzende Flächen im Umfeld des Spitals zu sichern. Die Frau beklagt außerdem, dass die Bautätigkeiten die Lebensqualität spürbar beeinträchtigen. Sie befürchtet, dass durch die dichte Bauweise auch der Wert der verbleibenden Grundstücke sinken könnte.

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Politischer Diskurs gefordert

König geht in seiner Kritik weit über den Grundstückskauf hinaus. „Das Gebaren der KHBG ist aus dem Ruder gelaufen, und die politische Kontrolle versagt, hier Einhalt zu gebieten“, sagt er. Zwischen 2021 und 2024 sei der Beitrag zur Abgangsdeckung der Spitäler um 20 Prozent gestiegen. Das sei „vollkommen jenseits jeglicher inflationärer Entwicklung und rein der Ausgabenpolitik der KHBG geschuldet“. Feldkirch trage als Standort des Krankenhauses eine überproportionale Last: Mehr Verkehr, steigender Wohnraumbedarf, Anspruch auf Infrastruktur. Gleichzeitig zahle die KHBG „nicht einmal für das nicht-medizinische Personal Kommunalsteuer“. Der Mehrwert durch die stärkere Kaufkraft komme nur in homöopathischen Dosen im städtischen Budget an. König fordert einen politischen Diskurs über die Lastenverteilung zwischen Land und Gemeinden: „Ich merke davon bisher nichts. Es wird weggelächelt und ignoriert.“