Comeback nach Schlaganfall: Politik als beste Medizin

27.07.2025 • 11:00 Uhr
Comeback nach Schlaganfall: Politik als beste Medizin
Elmar Rhomberg spricht mit der NEUE am Sonntag über sein personliches und politisches Comeback nach einem Schlaganfall. Hartinger

Seit 22 Jahren lenkt Elmar Rhomberg die politischen Geschicke der Marktgemeinde Lauterach. Warum ihm die Leidenschaft für seine Berufung im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Beine half, verrät der 61-Jährige im Gespräch mit der NEUE am Sonntag.

NEUE am Sonntag: Vor etwas mehr als einem Jahr erlitten Sie einen Schlaganfall. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?

Elmar Rhomberg: Ja, das war ein tiefer Einschnitt in meinem Leben, sehr unerwartet. Ich hatte im März meinen 60. Geburtstag gefeiert, war voller Tatendrang und hatte Urlaub genommen. Plötzlich trifft dich so etwas und dein Leben ist von einer Stunde auf die andere komplett anders. Andere Dinge werden wichtig, der Job rückt in den Hintergrund. Anfangs wusste niemand davon, nicht einmal die Mitarbeiter. Ich habe mit mir selbst gekämpft. Ich wollte wieder laufen können, das hat mich extrem motiviert. Ich habe gemerkt, wie sehr ich diesen Job mag. Ich habe mich zurückgearbeitet. Die politische Gemeinschaft in Lauterach und insbesondere meine Vizebürgermeisterin haben großartige Arbeit geleistet. Sie war Quereinsteigerin, aber sie hat die Gemeinde perfekt geführt. Ich wollte frühzeitig zurück, aber die Ärzte haben mich gebremst. Dann kam im Oktober noch einmal ein Einbruch. Ich wusste, dass ich nur kandidieren kann, wenn ich gesundheitlich fit bin. Die Wahl ist schließlich sehr gut verlaufen. Ich bin zum fünften Mal direkt gewählt worden und die Fraktion hat überraschend zugelegt. Heute, 14 Monate danach, geht es mir gut. Ich bin nicht mehr ganz der Alte, aber ich denke, die Leute verstehen das. Ich bin über 60, nicht mehr so belastbar wie früher. Aber ich habe ein gutes Team, das mich unterstützt, politisch wie auch in der Verwaltung. Ich mache meinen Job wirklich gern, das hat meine Genesung sicher positiv beeinflusst. Ich habe viele Erfahrungen gemacht, etwa auf der Intensivstation in Feldkirch oder in der Reha in Rankweil. Ich bin froh, dass alles in Vorarlberg passiert ist. Ich wurde wie jeder andere behandelt, nicht als Bürgermeister. Das Pflegepersonal hat mich großartig unterstützt.

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Die NEUE begleitete den Langzeit-Bürgermeister durch Lauterach.Hartinger

NEUE am Sonntag: Wenn man zurückblickt: Sie sind seit knapp 22 Jahren im Amt. Gerade beim Spaziergang durch den Ortskern wurde das Thema Grundstückserwerb für die Gemeinde angesprochen. Ist das einer Ihrer größten Verdienste?

Rhomberg: Das war eine Teamleistung. Vor 20 Jahren hatten wir hier im Zentrum keinen einzigen Quadratmeter im Gemeindebesitz. Heute können wir aktiv gestalten: Rathaus, Pflegeheim, Kultureinrichtung, das Vereinshaus, das neue Konzept für das Säge-Areal. Gleichzeitig lassen wir Entwicklungspotenziale für kommende Generationen offen. Es gibt Flächen, die wir bewusst noch nicht bebaut haben.

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Besonders stolz ist Rhomberg auf die Entwicklung des Ortszentrums.Hartinger

NEUE am Sonntag: Derartige Projekte kosten viel Geld. Die Investitionsquote im Gemeindebudget wurde auf 12 Prozent reduziert. Wie stellt sich die finanzielle Lage dar?

Rhomberg: Seit Corona ist es schwieriger. Ausgaben steigen, Einnahmen stagnieren oder sinken. Wir hatten eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof und haben einen Konsolidierungsprozess gestartet. Auch beim Zentrum werden wir Partner brauchen, um weiterentwickeln zu können. Allein schaffen wir das nicht mehr.

NEUE am Sonntag: Leistbares Wohnen und altersgerechter Wohnraum sind große Themen. Wie ist Lauterach hier aufgestellt?

Rhomberg: Wir haben mehrere Projekte. Im Steinach entstehen 75 gemeinnützige Wohnungen. Beim Bahnhof Fellen ist ein weiteres Projekt in Entwicklung. Insgesamt werden bis 2030 rund 150 Wohnungen entstehen. Auch für ältere Menschen bieten wir Wohnmöglichkeiten. Im Zentrum gibt es etwa 28 betreute Wohnungen bei der Senecura sowie 15 Wohnungen in einer Seniorengemeinschaft.

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Rhomberg vor einem “Juwel”, dem für alle Vereine zugänglichen Vereinshaus.Hartinger

NEUE am Sonntag: Apropos Senioren: Wie reagiert Lauterach auf den angekündigten Senecura-Rückzug aus Österreich?

Rhomberg: Wir arbeiten seit 19 Jahren mit Senecura zusammen. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Die Liegenschaft gehört der Gemeinde. Wir haben ein vertraglich festgelegtes Kündigungsrecht. Aktuell gibt es keinen Anlass, dieses zu nutzen. Auch als persönlich Betroffener kann ich nur Positives berichten. Meine inzwischen verstorbene Mutter war selbst zufriedener Gast in der Seniorenresidenz.

NEUE am Sonntag: Kommen wir wieder zurück zur Politik: Sie haben sich entschieden, den Gestaltungsbeirat abzuschaffen. Warum?

Rhomberg:  Der Beirat hat 30 Jahre lang gute Arbeit geleistet. In letzter Zeit hatte ich aber das Gefühl, dass er anfing, Politik zu machen. Das ist meine Aufgabe. Ich brauche fachliche Expertise, keine politische Einmischung. Andere Gemeinden haben diesen Schritt ebenfalls gesetzt.

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Ausgebissen habe er sich seine Zähne an der Verkehrsproblematik. Hartinger

NEUE am Sonntag: Verkehrsbelastung als Dauerbrenner, gerade in Ihrer Gemeinde: Wie schätzen Sie die Lage ein?

Rhomberg:  Wir haben ein massives Verkehrsproblem. Es wird schwierig, nur mit Verboten zu reagieren. Wir setzen auf Alternativen: Bahn, Bus, weniger Parkplätze. Ich bin ein klarer Befürworter der Bahn und der Unterflurlösung. Eine Unterflurtrasse für den Bahnverkehr bietet den Vorteil, Lärm und Barrieren zu reduzieren und gleichzeitig die Ortsentwicklung oberirdisch ungehindert zu ermöglichen. Die betroffenen Gemeinden ziehen hier an einem Strang.

NEUE am Sonntag: Stichwort Widerstand gegen Großprojekte. Wie begegnet man dem?

Rhomberg: Man muss versuchen, möglichst viele Menschen mitzunehmen. Ganz ohne Widerstand wird es nie gehen. Aber mit transparenter Kommunikation und Einbindung der Bevölkerung kann man Zustimmung schaffen.

NEUE am Sonntag: Ein Blick nach Wolfurt zeigt, wie schwierig Großprojekte sein können. Was sagen Sie zur dortigen Situation?

Rhomberg: Ich kenne das Projekt nur aus den Medien. Es tut mir leid, dass es solche Probleme gibt. Es ist ein wichtiges Projekt. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg für eine gute und gangbare Lösung.

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Abschließend: Sie sind seit 22 Jahren im Amt, haben sich nach gesundheitlichen Problemen zurückgearbeitet. Klingt das nach einer letzten Amtszeit?

Rhomberg: Ich habe klar kommuniziert, dass ich diese Periode abschließen will. 2030 bin ich 66 Jahre alt. Ich möchte eine geordnete Übergabe vorbereiten und ein gutes Team aufbauen. Ich freue mich aber auch auf die Zeit danach, auf Reisen, Hobbys, Bundesliga. Ich kann gut loslassen.

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Zurück im Gemeindezentrum, wo Rhomberg seine letzte Amtszeit begehen will.Hartinger

Worauf sind Sie besonders stolz? Und woran haben Sie sich die Zähne ausgebissen?

Rhomberg: Ausgebissen habe ich mir die Zähne am Verkehr. Trotz vieler Bemühungen ist das Problem weiter da. Besonders stolz bin ich auf die gute politische Kultur in der Gemeinde und auf den Jannersee. Das war ein Jugendtraum. Die Verhandlungen mit den Grundeigentümern waren lang und schwierig. Heute ist der See ein beliebter Ort für die Menschen im Ort.

(NEUE am Sonntag)

(NEUE am Sonntag)